Wütende Reaktion aus dem KremlPutins Propaganda-Panne – Wirbel um Rückzugsmeldung von Staatsmedien

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Russlands Präsident Wladimir Putin. Nach militärischen Rückschlägen rund um Cherson ist es nun offenbar zu einer Panne in der Propagandamaschinerie des Kremlchefs gekommen. (Archivbild)

Russlands Präsident Wladimir Putin. Nach militärischen Rückschlägen rund um Cherson ist es nun offenbar zu einer Panne in der Propagandamaschinerie des Kremlchefs gekommen. (Archivbild)

Entgleitet dem Kreml die eigene Propagandamaschinerie? Nach „irrtümlichen“ Rückzugsmeldungen zeigt man sich in Moskau gereizt.

Der russischen Propagandamaschinerie ist offenbar ein viel beachteter Fehler unterlaufen: Am Montagabend vermeldeten die beiden staatlichen Nachrichtenagenturen Tass und Ria zunächst übereinstimmend, die Streitkräfte in der Region Cherson würden „regruppiert“, zogen die Meldungen aber innerhalb weniger Minuten wieder zurück.

„Nachdem das Kommando der Dnipro-Gruppe die Situation beurteilt hatte, beschloss es, die Truppen in vorteilhaftere Positionen östlich des Dnipro zu verlegen“, hatten Tass und Ria zuvor geschrieben. Tass entschuldigte sich später am Abend für die „irrtümliche“ Meldung.

Propaganda-Panne in Russland: „Regruppierung“ bedeutet „Rückzug“

Die Formulierung „Regruppierung“ hatten der Kreml und die staatlichen Medien in Russland bereits nach dem Rückzug ihrer Truppen aus Charkiw und der Stadt Cherson verwendet, weshalb die Meldungen auch nun vielfach als Rückzugsankündigung verstanden wurden.

Ein ukrainischer Soldat beobachtet das Flussufer am Dnipro. Zuletzt sind der Ukraine in der Region Cherson militärische Vorstöße gelungen. (Archivbild)

Ein ukrainischer Soldat beobachtet das Flussufer am Dnipro. Zuletzt sind der Ukraine in der Region Cherson militärische Vorstöße gelungen. (Archivbild)

Ukrainische Quellen bestätigten die Angaben aus den zurückgezogenen Meldungen unterdessen nicht, es seien keine russischen Truppenbewegungen am Ostufer des Dnipro beobachtet worden, teilte der „Nationale Widerstand“ der Ukraine mit.

Russlands Propaganda-Panne folgt auf ukrainischen Durchbruch am Dnipro

Zuletzt war es der Ukraine gelungen, auf die Ostseite des Dnipro vorzustoßen. Erstmals soll Kiew zudem mit gepanzerten Fahrzeugen den Fluss überquert haben, entsprechende Aufnahmen kursierten in der letzten Woche in den sozialen Netzwerken und wurden von frustrierten russischen Militärblogger thematisiert.

Bereits seit Monaten verläuft die Frontlinie in der Region entlang des Dnipro. Im Sommer wurde von ersten ukrainischen Operationen auf der von Russland besetzten Flussseite berichtet, nun intensivieren die ukrainischen Streitkräfte ihre Bemühungen offensichtlich.

Putins Staatsmedien ziehen Berichte zurück: Bewusste Täuschung oder verfrühte Veröffentlichung?

Für den vermeintlichen Fauxpax von Putins Staatsmedien nach den jüngsten ukrainischen Erfolgen auf dem Schlachtfeld gebe es zwei mögliche Erklärungen, berichten die Analysten des US-Thinktanks „Institute for the Study of War“ am Dienstag. So sei es möglich, dass strategische Überlegungen innerhalb der russischen Militärführung „verfrüht“ an die Staatsmedien weitergegeben wurden, noch bevor sie „offiziell veröffentlicht“ werden sollten.

Ebenso sei es möglich, dass der Kreml die Berichte absichtlich verbreiten lassen wollte, um für Verwirrung über die eigene Truppenstärke in der Region zu sorgen. Eine „wirksame Strategie“ sei das jedoch nicht, schreiben die US-Analysten in ihrem täglichen Lagebericht. Dass die ukrainischen Streitkräfte sich durch Berichte russischer Medien täuschen ließen, sei unwahrscheinlich.

Kreml spricht von „Provokation“: Sind Putins Medien auf ein „gefälschtes Konto“ hereingefallen?

Eine ganz andere Strategie kommt unterdessen aus dem Kreml: „Das Versenden einer falschen Nachricht über die ‚Umgruppierung‘ der Truppen in der Region Dnipro angeblich im Namen des Pressezentrums des russischen Verteidigungsministeriums ist eine Provokation“, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau gegenüber dem Medienunternehmen RBK mit.

Ein russischer Telegram-Kanal behaupte dem russischen Exilmedium Meduza zufolge ebenfalls, die Nachrichtenagentur Ria sei auf ein „gefälschtes Konto“ des Verteidigungsministeriums hereingefallen, das angeblich von der Ukraine aus gesteuert werde. Andere Quellen sowie Belege für diese Behauptung gibt es nicht.

Kremlsprecher Dmitri Peskow verweigerte einen Kommentar zur vermeintlichen Propaganda-Panne der staatlich kontrollierten Medien in Russland. „Dies ist immer noch das Vorrecht von Spezialisten, Fachleuten, also unseren Militärs“, sagte der Sprecher von Kremlchef Wladimir Putin.

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