DrittmittelWie sich die Uni Köln finanziert

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Die Professoren an deutschen Unis müssen immer häufiger Gelder aus der freien Wirtschaft und öffentlichen Gremien sammeln - die Drittmittel steigen.

Die Professoren an deutschen Unis müssen immer häufiger Gelder aus der freien Wirtschaft und öffentlichen Gremien sammeln - die Drittmittel steigen.

Köln – Wie finanziert sich eine Hochschule wie die Kölner Uni? Wer bezahlt die Forschungsprojekte, die Dozenten, die technischen Mittel? Das Land Nordrhein-Westfalen zahlt der Uni zwar einen stabilen Grundsatz, aber das reicht nicht, weiß Patrick Honecker, Pressesprecher der Uni Köln: „Rund ein Drittel unserer Gelder bekommen wir über Drittmittel“.

Drittmittel sind Gelder, die die Professoren für ihre Forschungsprojekte einwerben müssen. 95 Prozent dieser Gelder stammen an der Uni Köln aus öffentlichen Quellen, also von staatlichen Gremien, wie der Deutschen Forschungsgemeinschaft, die ebenfalls von Bund und Ländern finanziert werden. Nur 4,8 Prozent der Drittmittel kommen in Köln aus privater Hand, von Stiftungen oder aus der freien Wirtschaft. Es gebe Kooperationen mit Unternehmen, „aber wir betreiben natürlich keine Auftragsforschung“, betont Honecker. Trotzdem müssen die Forscher ihr Projekt vor einem Gremium aus Wissenschaftlern vorstellen, nur die Besten werden ausgewählt und unterstützt.

Großer Druck

„Das Gute an Deutschland ist“, sagt Professor Thomas Benzing, „dass man für qualitativ hochwertige Forschung auch adäquate Drittmittel bekommt.“ Benzing ist Direktor der Klinik II für Innere Medizin an der Uniklinik Köln. Er und sein 25-köpfiges Team aus Wissenschaftlern erforschen in verschiedenen Projekten die molekularen Grundlagen von Nierenerkrankungen. Der bürokratische Aufwand sei gar nicht so schlimm, aber: „Ich führe ein großes und erfolgreiches Labor und zerbreche mir jeden Tag den Kopf darüber, wie ich das finanzieren kann“, sagt er. „Denn schließlich hängt die Zukunft meiner Mitarbeiter davon ab, dass ich erfolgreich Drittmittel einwerbe.“ Der 47-Jährige empfindet das als „großen Druck“. Das grundlegende Dilemma: Wer Drittmittel erhalten möchte, muss sehr gute Forschung abliefern. Sehr gute Forschung wird aber immer aufwendiger, also teuer. Viele Wissenschaftler versuchen ihre Projekte auf einen langen Zeitraum anzulegen, damit Drittmittel regelmäßig fließen, weiß Honecker.

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Drittmittel sind Gelder, die nicht aus dem direkten Etat der Hochschule stammen. Professoren werben die Gelder für ihre Projekte ein. Die meisten Gelder stammen dabei nicht aus der Privatwirtschaft, sondern aus öffentlichen und privaten Gremien. Die deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) ist hier seit Jahren der größte Geldgeber. (as)

Abhängig von Drittmitteln

Dazu kommt: „Die Grundmittel stagnieren seit Jahren und sie werden es aufgrund der Schuldenbremse vermutlich auch in Zukunft noch tun“, erklärt Honecker. „Deswegen werden wir immer abhängiger von Drittmitteln, schon jetzt haben wir ein jährliches Wachstum von 13 Prozent.“

Und so geht es allen deutschen Hochschulen. Kürzlich meldete das Statistische Bundesamt, dass im Jahr 2010 jeder Universitätsprofessor durchschnittlich Drittmittel in Höhe von 262 000 Euro einwarb. Bundesweit erhielten die Hochschulen 5,9 Milliarden Euro. Das ist Rekord und eine Steigerung um etwa 10,5 Prozent im Vergleich zu 2009. Spitzenreiter ist die Technische Hochschule Aachen, die knapp 235 Millionen Euro einwarb. Danach folgen die Technische Uni München und die TU Dresden. Die Uni Köln nahm 120 Millionen Euro ein.

Besonders erfolgreich im Eintreiben von Drittmitteln ist der Bereich Humanmedizin und Gesundheitswissenschaften, die wenigsten Gelder gehen an die Sprach- und Kulturwissenschaften. Auch der Mediziner Thomas Benzing gilt an der Uni Köln als einer der „Könige der Drittmittel“. Er weiß, dass durch diese Art der Finanzierung die Bereitschaft sinkt, riskante Projekte einzugehen.

Grundlagenforschung hat es schwer

Ein weiteres Problem sieht er in den unterschiedlichen Anforderungen der Projekte. Bei sogenannten Verbundprojekten, also international verknüpften Programmen, wo etwa die EU die Förderung übernimmt, spielten auch andere Faktoren als die reine Forschungsleistung eine Rolle. Etwa, ob eine gewisse Frauenquote erfüllt ist oder ob die verschiedenen Länder ausgewogen abgebildet seien. „Das lenkt natürlich von der reinen Forschung ab.“ Außerdem ist es gerade für Grundlagenforschung schwer, Drittmittel einzuwerben, da hier „der Nutzen für die Gesellschaft nicht sofort erkennbar ist“, so Honecker.

Doch die Einwerbung von Drittmitteln hat nicht nur Nachteile. Durch den Kampf um die Drittmittel zwischen den Wissenschaftlern steigt die Qualität der Forschung – „Wettbewerb ist natürlich auch immer ein Antrieb“, weiß Benzing. Und Pressesprecher Honecker ergänzt: „Dass wir in Köln so viele Drittmittel einwerben konnten, ist natürlich ein Erfolg für die Uni.“ Trotzdem fordert er: „Die Grundfinanzierung durch das Land muss verlässlich bleiben, denn nur über diese Gelder können wir mit Sicherheit verfügen.“ Er fürchtet, dass sonst die Qualität der Lehre, ein Bereich, der nur bedingt Drittmittel einwerben kann, gefährdet ist. „Forschung und Lehre bilden eine Einheit – der Kontakt zu den Studierenden inspiriert die Forschung. Außerdem muss ja auch wissenschaftlicher Nachwuchs rekrutiert werden.“

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