Das Gehirn mancher Menschen ist auch im hohen Alter noch extrem leistungsfähig. Wodurch unterscheiden sich die sogenannten Super-Agers von anderen Senioren und Seniorinnen?
Kaum Unterschiede beim LebensstilGeistig fit bis ins hohe Alter – Haben Super-Agers bessere Gene?
Mit zunehmendem Alter lässt das Gedächtnis nach – das gilt zumindest für die meisten von uns. Es gibt aber eine Gruppe von Menschen, bei denen genau das nicht stimmt. Die sogenannten Super-Agers haben auch mit 80 Jahren noch das gleiche Erinnerungsvermögen wie 30 Jahre jüngere Personen. Spanische Forschende haben für eine aktuelle Studie untersucht, woran das liegen könnte.
Sie hatten Daten von 64 Super-Agern und 55 Vergleichspersonen ausgewertet, deren Durchschnittsalter bei jeweils 82 Jahren lag. Die Super-Agers waren mithilfe von Tests auf ihr Erinnerungsvermögen, ihre motorischen und verbalen Fähigkeiten untersucht worden. Für die Studie wurden die Gehirne aller Versuchsteilnehmenden untersucht. Bei den Super-Agers stellten die Forschenden weniger Schäden in der weißen Hirnsubstanz fest als bei ihren Altersgenossen und ‑genossinnen. Und zwar insbesondere in Regionen wie dem Hippocampus, die für die Erinnerung und das Gedächtnis eine wichtige Rolle spielen.
Kein Unterschied bei Ernährungsgewohnheiten
Normalerweise treten mit dem Alter Veränderungen und Schäden der weißen Hirnsubstanz auf, die vor allem aus Nervenfasern und ‑bahnen besteht. Bei den Super-Agers war jedoch eine Resistenz gegen diesen altersbedingten Abbau festzustellen, sagte Bryan Strange, Neurowissenschaftler an der Polytechnischen Universität Madrid und Leiter der Studie, gegenüber der „New York Times“.
Unklar war, wodurch diese Resistenz verursacht wurde. Daher untersuchten die Forschenden auch die Lebensgewohnheiten und die allgemeine Gesundheit der Super-Agers. Diese hatten einen etwas weniger hohen Blutdruck und bessere Blutzuckerwerte als die restlichen Teilnehmenden. Sie waren auch etwas beweglicher, machten aber nicht öfter Sport. Dafür waren sie öfter auch im mittleren Alter noch aktiv gewesen und hatten durchschnittlich eine bessere mentale Gesundheit. Super-Agers seien leicht daran zu erkennen, dass sie energiegeladene Menschen seien, „motiviert und auf Zack“, so der Neurowissenschaftler.
Auffällig sei, dass sich in vielen Bereichen keine Unterschiede zwischen den Super-Agern und den anderen älteren Menschen fanden, sagte Strange. Bestimmte Merkmale, die man erwarten würde, seien „nicht wirklich da gewesen.“ So gab es zum Beispiel keine Unterschiede bei den Ernährungsgewohnheiten, den Schlafzeiten, den früheren Berufen oder dem Alkohol- und Tabakkonsum.
Bessere genetische Voraussetzungen?
Im Rahmen eines Super Aging Research Program (NUSAP) der Universität Chicago waren ebenfalls kaum Auffälligkeiten bei deren Lebensstil festgestellt worden. Einige machten regelmäßig Sport, andere hatten das zeit ihres Lebens nie getan. Manche ernährten sich nach der als gesund geltenden Mittelmeerdiät, andere von Fertigmahlzeiten und einige rauchten sogar, wie die Forschenden der „New York Times“ berichteten.
Möglicherweise hätten die Super-Agers eine bessere genetische Prädisposition, die man noch nicht genau verstehe, sagte eine beteiligte Forscherin. Auffällig war immerhin, dass die Super-Agers besser in ein Netz aus guten sozialen Beziehungen eingebettet waren. Eine Veröffentlichung von 2017 konnte zeigen, dass das eine positive Auswirkung auf die weiße Hirnsubstanz haben kann.
Der genetische Einfluss darauf, wie wir altern, ist in jedem Fall groß. Das zeigt auch eine andere, kürzlich erschienene Studie zur Lebenserwartung. Allein aufgrund ihrer Gene haben einige Menschen ein um 21 Prozent höheres Risiko, früh zu versterben, als andere. Allerdings gilt es, den Lebensstil als davon unabhängig zu betrachten. Menschen mit einem ungesunden Lebensstil haben ein um 78 Prozent höheres Risiko, früh zu verstreben, als solche mit gesundem Lebensstil. Den statistischen Analysen der Autoren und Autorinnen zufolge kann man seine Lebenserwartung daher selbst bei ungünstigen Genen trotzdem positiv beeinflussen.
Tanzen ist gut für das Gehirn
Ihrer Schätzung nach könnten Menschen mit einem hohen genetisch bedingten Risiko, früh zu sterben, ihre Lebenserwartung noch im Alter von 40 Jahren um mehr als fünf Jahre erhöhen. Nämlich dann, wenn sie sich um einen gesunden Lebensstil bemühen. Die wichtigsten Bestandteile eines gesunden Lebensstils wären demnach: nicht zu rauchen, ausreichend Schlaf, regelmäßige Bewegung und eine ausgewogene Ernährung.
Für die mentale Fitness gilt: Zum Super-Ager wird man allein dadurch nicht, denn dafür braucht man vermutlich auch gute Gene. Nur wenige Senioren und Seniorinnen gehören dieser kleinen Gruppe an, weniger als 10 Prozent, wie ein Forscher laut „New York Times“ vermutet. Wer aber auf einen aktiven Lebensstil mit regelmäßiger Bewegung achtet, und außerdem gute soziale Beziehungen pflegt, wird tendenziell länger geistig fit bleiben. So konnte zum Beispiel gezeigt werden, dass sich Tanzen auch im Alter von 70 Jahren noch positiv auf die Hirnregion des Hippocampus auswirken und auf Demenz im Frühstadium auswirken kann.