Nach vier Jahren PauseErntedankzug in Dollendorf feiert ein grandioses Comeback

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Das Foto zeigt sechs Akteure auf Hochrädern.

Eine Gruppe Jugendlicher zeigte auf dem Festplatz ihr Können auf dem Hochrad.

33 Fußgruppen, Federvieh, Rückepferde, Landmaschinen und altes Handwerk im Zug begeisterten die Zuschauer im Blankenheimer Ortsteil. 

Strahlendes Frühherbstwetter, begeisterte Zuschauer entlang der Antoniusstraße und Scharen von Festplatzbesuchern an der Mehrzweckhalle – in Dollendorf hieß es nach vierjähriger Pause wieder: D'r Zoch kütt! 33 Fußgruppen, Wagen, Federvieh, Rückepferde, historische Landmaschinen und altes Handwerk bildeten den traditionellen Erntedankfestumzug.

Der Erntedankfestzug lebt weiter!
Gisela Caspers, Ortsvorsteherin von Dollendorf

„Grandios!“ Bürgermeisterin Jennifer Meuren, wie Landrat Markus Ramers unter den Besuchern des diesjährigen Dollendorfer Erntedankumzugs, verdeutlichte mit einem Wort ihre Begeisterung. Zurecht: Dass diese Veranstaltung so viel Publikum anzieht, hat seinen Grund. Wer eine solche Fülle an historischen Landmaschinen und traditionellem Handwerk aus der Eifel sehen will, der muss ansonsten wohl ins LVR-Freilichtmuseum nach Kommern fahren.

Wobei in Dollendorf alles passte: strahlender Sonnenschein, die gute Laune der Teilnehmenden, die aus einem Umkreis von bis zu 40 Kilometern angereist waren. Vor allem aber der Zusammenhalt in Dollendorf selbst: 25 der 33 angemeldeten Fußgruppen und Wagen waren aus dem Dorf selbst gekommen. Gefühlt jeder Zweite der 455 Einwohner machte mit.

Vier Männer fahren auf alten Motorrädern durch den Ort.

Kreidler, Florett & Co.: Das Ribbelchen des Junglandwirts erlaubte Dienstwege zu verkürzen – und kleine Fluchten.

Ortsvorsteherin Gisela Caspers betonte, dass es „ohne die vielen Helfer und Helferinnen den Erntedankfestumzug so nicht geben würde“. Erst recht nicht nach coronabedingter vierjähriger Pause der Veranstaltung, die sonst im Zwei-Jahres-Turnus durchgeführt wird. Man habe es eben „noch einmal versucht“, so Caspers. Bei dem Versuch dürfte es nicht bleiben. Ihr Fazit am Ende: „Der Erntedankfestzug lebt weiter!“

Blankenheimer Bürgermeisterin fand Dollendorfer Zug „grandios“

Der Andrang der Besucher war so stark, dass die ausgewiesenen Wiesenparkflächen schnell belegt waren. Rolf Heller, der Wimpel an die Anreisenden verkaufte, um Geld für das ausrichtende Vereinskartell zu sammeln, schätzte, dass es einige Tausend Besucher gewesen sein dürften.

Auf den Zugwegen und auf dem Platz an der Mehrzweckhalle von Dollendorf, Startpunkt des Festumzugs, herrschte rechte Feierstimmung. Verpflegungsstände waren aufgebaut, es gab Livemusik vom Musikverein. Hier bot sich die erste Gelegenheit, die meisten der mitfahrenden Landmaschinen und Handwerkswagen zu bestaunen.

Das Bild zeigt zwei Frauen am Kartoffelsortierer

Wie ein alter Kartoffelsortierer funktioniert, zeigte diese Gruppe.

Jürgen Kirwel hatte wieder das überdimensionale Dollendorfer Wappen, aufgeständert zwischen üppigen Feldfrüchten auf einem Anhänger, installiert. Dahinter rollte die Dollendorfer Pfarrkirche St. Johann Baptist im Miniaturformat unterhalb des Originals am Kirchplatz vorbei, am Steuer des Zugtraktors zwei stolze Dollendorfer Jugendliche.

Auch das hat im Dollendorfer Festumzug ja Tradition: Kinder und Jugendliche sind fast überall dabei. Ob auf einem Wagen an der alten Rübenpresse oder als i-Dötzchen in der Gruppe „Schule anno dazumal“. Eine Gruppe 14- und 15-Jähriger beeindruckte auf ihren Hochrädern, angeleitet von Herbert Ehlen. Eine junge „Gänse-Liesel“ trieb ihr Federvieh die Antoniusstraße hinauf, vorbei an immer wieder applaudierenden Zuschauern.

In der rollenden Feldschmiede flogen die Funken 

Warum das alles immer noch möglich ist, konnte man zum Beispiel Maria und Jörg Sesterheim aus Dollendorf fragen. Das Ehepaar führte die alte Apfelsaftpresse auf einem Anhänger im Erntedankzug vor. „Das hat mein Vater Alois Sesterheim viele Jahrzehnte hier gemacht. Wir wollen das weiterführen. Die Traditionen müssen weiterleben“, so Jörg Sesterheim.

Ähnlich sehen das auch Günter und Alfred Lenzen, die mit ihrer mobilen Feldschmiede schon bei vielen Erntedankumzügen in Dollendorf dabei waren. Sie schmiedeten Nägel und Eggenzähne oder Endstücke für handgeschmiedete Eisenläufe: „Wir wollen das alte Handwerk dokumentieren. Das kennt doch keiner mehr“, so Alfred Lenzen.

Geschmückte Rückepferde laufen im Dollendorfer Erntedankzug mit.

Ihr Eigengewicht von jeweils rund einer Tonne ziehen die Rückepferde mühelos.

Thomas Hansen und Nils Oelliger wiederum arbeiteten mit Holz. Hansen hat noch eine alte Holzdübel- und Stielmaschine aus dem Jahr 1942 und auch einen Rundholzwagen auf seinem Hof stehen, beide funktionsfähig, versteht sich. Also wurde alles hinter zwei Trecker gespannt, und los ging die Fahrt. Aus Vierkanthölzern drehten die beiden Besen- und Schaufelstiele. Auf einem weiteren Wagen waren die Besen- und Rechenbinder bei der Arbeit.

Doch den größten Raum im Zug nahmen alleine vier Wagen mit alten Geräten zur Kartoffelverarbeitung ein: Hermann-Josef Meuser hatte eine Kartoffelsetzmaschine und einen Kartoffelroder dabei, Dagmar Berg einen Kartoffelwagen und eine Kartoffelsortiermaschine beigesteuert.

Das liebe Vieh war beim Dollendorfer Erntedankzug stark vertreten

Die Wagen wurden von Gruppen in traditioneller Eifeler Alltagstracht begleitet. Das Sortieren der Kartoffeln erforderte das Rütteln mittels Handkurbel, wie in der Feldschmiede oder beim Stieldrehen ein Hinweis darauf, wie mühsam das Landleben einst war.

Dazu zählte auch die Arbeit am und mit dem lieben Vieh. Beim diesjährigen Erntedankfestumzug war es „überraschend zahlreich vertreten“, so Organisatorin Caspers. Alleine fünf Rückepferde, belgische und rheinische Kaltblüter, sowie zwei Haflinger waren dabei. Auch Gänse, Hunde und Ziegen fehlten nicht, allerdings Schafe. Schäfer Edgar Markquardt hatte dafür den grünen, knuffigen, innen aber wenig komfortablen Schäferwagen für des Schäfers Ruhestunden am Start.

Am Ende hatten die Dollendorfer so einmal mehr bewiesen, was man mit dörflichem Zusammenhalt alles erreichen kann. Unter anderem das Lebendighalten von alten Handwerkstraditionen und Einblicke in einen Alltag, der gar nicht einmal so lange her ist. Viele der älteren Zuschauer am Zugweg kannten das Gezeigte noch zu gut aus ihrer Kindheit.

Dass den Alltag im Eifeldorf nicht nur Mühsal und Not prägten, bewies eine Gruppe von jungen – und etwas älteren – „Jungbauern“: Sie hatten ihre alten Ribbelchen dabei. Mopeds, die dazu dienten, zur Arbeit zu kommen, vor allem aber auch für viele kleine Fluchten.

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