UmfrageBaukrise trifft Handwerksbetriebe im Kreis Euskirchen hart – Personalabbau droht

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Das Bild zeigt die Baustelle für das neue Rathaus der Stadt Euskirchen auf dem Eckgrundstück Roitzheimer Straße/An der Vogelrute.

Das Bild von der Großbaustelle „Rathaus Euskirchen“ täuscht: Die Bauwirtschaft ist in der Krise und das Handwerk spürt die Folgen

Die Firmen im Kreis Euskirchen schätzen die wirtschaftliche Lage mieser ein als die Unternehmen in den Nachbarkreisen.

Die Lage des Handwerks in der Region Aachen insgesamt ist schlecht – und im Kreis Euskirchen ist sie noch einen Tacken schlechter. Das geht aus der aktuellen Konjunkturumfrage der Handwerkskammer Aachen hervor, die am Donnerstag vorgestellt wurde.

76 Prozent der befragten Firmenleitungen im Kreis Euskirchen schätzen die Geschäftslage im Vergleich zum vorausgegangenen Halbjahr noch als gut beziehungsweise befriedigend ein. Das ist der Tiefstwert im Kammerbezirk – und diese Zahl ist seit dem Herbst 2023 um sechs Prozentpunkte gesunken.

Im Kreis Euskirchen sind ähnlich wie im Kreis Heinsberg überproportional viele Baubetriebe angesiedelt. Insofern schlägt die Krise am Immobilienmarkt besonders in diesen Kreisen durch.
Georg Stoffels, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Aachen

Schon damals hatten 36 Prozent der Betriebe für die folgenden sechs Monate sinkende Auftragszahlen vorausgesagt. In der aktuellen Umfrage geht immer noch ein Drittel der Firmenleitungen davon aus, dass die Umsätze im kommenden Halbjahr sinken werden.

Ähnlich schlecht ist nur das Ergebnis im Kreis Heinsberg, wo 77 Prozent die Lage aktuell als gut oder befriedigend bezeichnen. Die Städteregion Aachen und der Kreis Düren, wo 83 beziehungsweise 82 Prozent die Lage mit gut oder befriedigend bezeichnen, stehen zwar besser da, sind aber sozusagen die Einäugigen unter den Blinden, denn allgemein fasst die Kammerführung die Situation mit dem Satz zusammen: „Die Stimmung im Handwerk kühlt sich ab.“

Fast jeder zweite Betrieb meldete sinkende Zahlen

Fast jeder zweite Betrieb im Kreis Euskirchen meldete laut Kammer-Hauptgeschäftsführer Georg Stoffels sinkende Auftragszahlen und negative Umsatzentwicklungen.

„Im Kreis Euskirchen sind ähnlich wie im Kreis Heinsberg überproportional viele Baubetriebe angesiedelt. Insofern schlägt die Krise am Immobilienmarkt besonders in diesen Kreisen durch“, nennt Stoffels die Ursache. Die kommenden Monate versprechen Stoffels zufolge wenig Besserung: Die Zahl der genehmigten Bauanträge gehe weiter zurück.

Viele Unternehmensleitungen im Kreis Euskirchen erwarten Personalbau 

Die Folge werde voraussichtlich ein Personalabbau in beiden Kreisen sein, „wobei dieser laut den aktuellen Zahlen in Heinsberg kleiner als in Euskirchen ausfallen sollte“, heißt es in der Mitteilung der Handwerkskammer.

Denn die Zurückhaltung bei Wohnungs- und Büroneubauten schlage sich inzwischen nicht nur im gesamtwirtschaftlich wichtigen Bauhaupt-, sondern zunehmend auch im Ausbaugewerbe in leereren Auftragsbüchern nieder.

„Zahlreiche Handwerksbereiche blicken besorgt auf die kommenden Monate“, heißt es weiter. „Bei der letzten Umfrage standen viele Ampeln vor allem im Baubereich auf Gelb, inzwischen sind einige in Anbetracht der weiterhin hohen Bauzinsen und zu geringer politischer Unterstützung auf Rot gesprungen“, so Stoffels weiter. Speziell die Gerüstbauer, Maurer und Betonbauer sowie die Zimmerer spürten inzwischen deutlich die Bauzurückhaltung.

Kreis Euskirchen schneidet im Raum Aachen am schlechtesten ab

An der Umfrage haben sich laut Handwerkskammer 801 Betriebe aus der Städteregion Aachen sowie den Landkreisen Düren, Euskirchen und Heinsberg beteiligt. Hier einige Ergebnisse im Detail:

Beschäftigung: Nur sieben Prozent der Firmen im Kreis Euskirchen gaben an, dass bei ihnen die Beschäftigung im vergangenen Halbjahr gestiegen sei, kammerweit waren es neun Prozent. 68 Prozent im Kreis meldeten gleichbleibende (Kammer 71), 25 (Kammer 20) Prozent sinkende Beschäftigtenzahlen.

Für die nächsten sechs Monate erwarten nur 13 Prozent der Betriebe im Kreis steigende Beschäftigtenzahlen (Kammer 14), 65 Prozent gleichbleibende Zahlen (Kammer 44) und 37 Prozent sinkende Mitarbeiterzahlen (Kammer 33).

Die Auftragsbücher der Firmen im Kreis Euskirchen leeren sich

Aufträge: 55 Prozent der Firmen im Kreis Euskirchen sagen, die Aufträge seien im vergangenen Halbjahr gestiegen (17) oder gleichgeblieben (38), kammerweit waren es 62 Prozent. 45 Prozent (Kammer 38) meldeten weniger Aufträge als im Halbjahr zuvor.

Dass die Zahl der Aufträge im kommenden Halbjahr steigen wird, glauben im Kreis Euskirchen 19 Prozent (Kammer 23), gleichbleiben 44 (44) und sinken 37 (33) Prozent.

Gesamtumsatz: Die Hälfte der Betriebe im Kreis Euskirchen melden steigende (17 Prozent/Kammer 18) und gleichbleibende (33/42) Umsätze im vergangenen Halbjahr. Die anderen 50 Prozent (Kammer 40) gaben Umsatzeinbußen bekannt.

Für das kommende Halbjahr erwarten im Kreis Euskirchen 22 (Kammer 24) Prozent steigende, 34 (43) Prozent gleichbleibende und 44 (33) Prozent sinkende Umsätze.


17.343 Firmen gehören zur Handwerkskammer Aachen

Zum Ende des Jahres 2023 waren 17.343 Betriebe der Region in der Handwerksrolle eingetragen. Die meisten Handwerksbetriebe gibt es im Kammerbezirk in der Städteregion Aachen (6850), gefolgt von den Kreisen Heinsberg mit 3750 und Düren mit 3556 Unternehmen. Nicht viel weniger Handwerksbetriebe gibt es im Kreis Euskirchen (3187).

Trotz aller Krisen präsentiere sich das Handwerk weiterhin als Stütze der Wirtschaft, das zeigten auch die konstant hohen Mitgliederzahlen, so die Handwerkskammer Aachen.


Kammer ruft zur Unterstützung von pflegenden Mitarbeitern auf

Die Spitze der Handwerkskammer Aachen hat die Charta zur Vereinbarkeit von Beruf und Pflege in Nordrhein-Westfalen unterzeichnet. Das geht aus einer Pressemitteilung der Kammer hervor.

Damit unterstütze sie das Anliegen der Landesregierung, dass Arbeitgeber sich mit den individuell unterschiedlichen Situationen ihrer Beschäftigten auseinandersetzen und ihnen bei der Bewältigung ihrer beruflichen und privaten Herausforderungen zur Seite stehen.

Die Lebenserwartung der Menschen steige und somit seien Angehörige bei der Pflege von Familienmitgliedern immer stärker gefordert. „Dies mit der eigenen beruflichen Arbeit in Einklang zu bringen, ist nicht immer einfach“, heißt es in der Mitteilung.

Als Service-Dienstleister für ihre Mitgliedsbetriebe rufe die Handwerkskammer auch die Handwerksbetriebe auf, sich am Landesprogramm zu beteiligen und das zur Verfügung gestellte Online-Forum als Möglichkeit zur Vernetzung zu nutzen.

„Viele Handwerksbetriebe sind familiengeführt. Menschliche Werte spielen eine große Rolle. Es ist ein Gebot der Zeit, auf die gesellschaftlichen Anforderungen einzugehen und Mitarbeitenden die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege zu erleichtern. Nur so können wir unsere Fachkräfte halten“, sagte Marco Herwartz, Präsident der Handwerkskammer Aachen, bei der Unterzeichnung der Charta.

Mit flexiblen Arbeitszeiten und der Möglichkeit zur Heimarbeit biete die Handwerkskammer Aachen ihren Beschäftigten Chancen, ihren Tagesablauf individueller zu gestalten. Darüber hinaus empfiehlt sie ihnen, Beratungsangebote und unterstützende Instrumente zu nutzen.

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