BürokratieZülpicher hat Meistertitel schon und wartet immer noch auf Bafög-Zusage

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12.09.2023 Yven Trossen aus Zülpich hat seinen meister gemacht und wartet auf das BAföG

Seinen Meisterbrief hat Yven Trossen schon in der Hand. Auf eine Förderung für die Ausbildung wartet er noch.

Seinen Meisterbrief als Tischler hat Yven Trossen schon. Auf finanzielle Unterstützung wartet er seit mehr als einem Jahr. Bei der Bezirksregierung Köln stapeln sich die Anträge.

Jeden Tag ist es irgendwo zu hören oder zu lesen: Deutschland sucht händeringend Fachkräfte und Unternehmensgründer. Da ist man schon verwundert, wenn ein frischgebackener Meister keinen eigenen Betrieb gründen kann, weil er seit mehr als einem Jahr auf finanzielle Unterstützung wartet.

Um in der Zeit seines Meisterlehrgangs den Lebensunterhalt finanzieren zu können, hatte Yven Trossen aus Füssenich bei der Bezirksregierung Köln das sogenannte Meister-BAföG beantragt. Den Kurs hat er mittlerweile erfolgreich abgeschlossen, eine Förderung aber bis heute nicht erhalten. „Ich habe noch nicht einmal die Zusage, dass ich Geld bekomme“, sagt der 25-Jährige. Die Bezirksregierung Köln räumt ein, dass es Rückstände bei der Bearbeitung der Anträge gibt. Daran werde mit Hochdruck gearbeitet.

Bezirksregierung Köln: „Wenig Personal, hohes Antragsaufkommen“

„Grund für die Rückstände waren unter anderem eine eingeschränkte Personalsituation und ein erhöhtes Antragsaufkommen in den vergangenen Jahren“, erklärt Dirk Schneemann von der Pressestelle der Bezirksregierung. Mittlerweile habe man aber durch die Besetzung zahlreicher neuer Stellen und den Einsatz eines externen Dienstleisters die Zahl der noch nicht beschiedenen Anträge auf unter 5000 senken können. Im November 2022 seien es noch rund 10.000 gewesen.

Ich habe noch nicht einmal die Zusage, dass ich eine Förderung bekomme.
Yven Trossen, Tischlermeister

Trossen lebt mittlerweile in Köln und hatte 2021 seine Tischlerausbildung beendet. Anschließend arbeitete er ein Jahr als Geselle, um dann einen Meisterkurs zu besuchen. Leider sei er ganz knapp daran gescheitert, ein Stipendium zu bekommen.

Wegen Corona habe es seinerzeit keine Info-Veranstaltungen zu Fördermöglichkeiten gegeben: „Es war nicht leicht, sich schlauzumachen.“ Schließlich habe er Meister-Bafög bei der Bezirksregierung beantragt: „Dabei bekommt man 100 Prozent der Kosten erstattet, und zwar je zur Hälfte als Zuschuss und als Kredit.“ Die Höhe des Kredits könne unter Umständen reduziert werden – etwa dann, wenn man sich selbstständig mache und neue Jobs schaffe.

Yven Trossen: Niemand war bei der Behörde erreichbar

Allein für die Kursgebühren habe er rund 9000 Euro ausgeben müssen. Hinzu kämen knapp 5000 Euro für das Material für sein Meisterstück sowie für Prüfungsmappen und Fotodokumentationen sowie 1000 Euro für Schulmaterial und Prüfungsgebühren.

Ohne Bafög-Zusage habe er auch kein Schülerticket erhalten. Deshalb habe er für mehr als 300 Euro Fahrkarten kaufen müssen. Weitere 900 Euro im Monat habe er für den Lebensunterhalt aufbringen müssen. Insgesamt gehe es um einen Betrag zwischen 20.000 und 30.000 Euro. Bei der Familie und Freunden habe er sich Geld leihen müssen.

Immer wieder habe er bei der Behörde angerufen oder E-Mails geschickt: „Es war aber schlichtweg unmöglich, jemanden zu erreichen.“ Er habe sogar versucht, ein Gespräch mit dem Regierungspräsidenten zu bekommen. Aber auch das habe nicht funktioniert. Wenn es ihm dann doch einmal gelungen sei, jemanden ans Telefon zu bekommen, habe der Mitarbeiter keine Auskunft geben können.

Während der Meisterschule 30.000 Euro Schulden angehäuft

Erst nach zwei Monaten habe er eine Empfangsbestätigung erhalten und nach acht Monaten ein Schreiben, in dem er darauf hingewiesen wurde, dass noch Unterlagen fehlen. Die habe er nachgereicht. „Ich würde mich gerne selbstständig machen. Aber mit Schulden von 30.000 Euro geht das nicht“, erklärt Trossen. Deshalb habe er sich jetzt erst einmal arbeitslos gemeldet. Die Handwerkskammer Aachen habe ihm bislang die Kursgebühren gestundet. Wie lange das noch der Fall sei, wisse er aber nicht.

„Ich bin kein Einzelfall. Es gibt einige Kursteilnehmer, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben“, berichtet Trossen. Einige der angehenden Meister hätten sogar schon Familien gehabt. Man könne nicht ein Angebot machen und die Menschen dann hängenlassen.

Bezirksregierung Köln: „Sind uns der Verantwortung durchaus sehr bewusst“

„Der Großteil der noch nicht beschiedenen Anträge wurde zwischenzeitlich bereits geprüft. Dabei hat sich herausgestellt, dass die Mehrheit unvollständig ist“, teilt Schneemann mit. In diesen Fällen seien die fehlenden Unterlagen bei den Antragstellern angefordert worden. Die weitere Bearbeitung hänge nun davon ab, dass die Unterlagen nachgereicht würden. Schneemann weiter: „Der Bearbeitungsstand ist mittlerweile so weit fortgeschritten, dass die Anzahl der Anträge aus dem Jahr 2022, die noch keiner Prüfung unterzogen wurden, auf mittlerweile unter 1000 gesunken ist.“

Natürlich arbeite die Bezirksregierung weiter mit Hochdruck daran, die Anträge schnellstmöglich zu bearbeiten: „Dieser Verantwortung sind wir uns durchaus sehr bewusst. Aufgrund der Neueinstellungen und der Unterstützung des externen Dienstleisters konnten mittlerweile Prozesse so umgestellt werden, dass aktuell vollständig eingereichte Anträge innerhalb von zwölf Wochen beschieden werden“, so der Pressesprecher. Wenn die neu eingestellten Kollegen ihre intensive Einarbeitungsphase abgeschlossen hätten, werde man wohl noch deutlich schneller mit dem Abbau der Rückstände vorankommen. Trossen sei Ende August über die Bearbeitung informiert worden.

Weil Nachfragen ebenfalls zur Verlängerung der Bearbeitungsdauer geführt hätten, habe die Behörde eine Checkliste ins Internet gestellt. Dort könne auch der Bearbeitungsstand eingesehen werden.

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