Dirigent im GesprächWie die Westdeutsche Sinfonia Leverkusen in die Zukunft blickt

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Dirk Joeres dirigiert die Westdeutsche Sinfonia Leverkusen.

Dirk Joeres dirigiert die Westdeutsche Sinfonia Leverkusen.

Am kommenden Sonntag, 29. Oktober, gibt das renommierte Orchester sein nächstes Konzert im Forum Leverkusen.

Dirk Joeres hebt die Schulter und breitet seine Arme aus. Die kommende Konzertsaison seines Leverkusener Orchesters sei gebucht und damit fest. Aber dann? Der Dirigent, der seit vielen Jahren in Bergisch Neukirchen lebt, kann noch nicht sagen, was die künftigen Strukturveränderungen in der Leverkusener Kulturorganisation für ihn und seine Musikerinnen und Musiker bedeuten. Die „Kulturstadt Lev“ wird zum kommenden Jahr aufgelöst, ihre Aufgaben der Stadtverwaltung zugeordnet.

Signale seitens der Verwaltung, ob sich für die Westdeutsche Sinfonia und die Klassik-Sonntage dadurch etwas ändert, habe es noch nicht gegeben, so Joeres. Aber ein Gespräch mit Oberbürgermeister Uwe Richrath sei geplant.

Seit 2008 gibt die Westdeutsche Sinfonia viermal im Jahr ein Konzert im Leverkusener Forum. „Wir haben das als Einheit gedacht, als ganzer Tag mit Musik“, erinnert sich Joeres an die Gründung. Denn es gibt nicht nur das Konzert am Klassik-Sonntag. Der Tag startet mit einer Matinee, eigentlich im Spiegelsaal von Schloss Morsbroich, zuletzt musste das Treffen in den Agam-Saal verlegt werden. Auch am kommenden Sonntag, wenn das Orchester sein nächstes Konzert gibt, müssen die Musiker noch einmal ausweichen. Danach soll die Matinee aber wieder im Spiegelsaal stattfinden.

Dirk Joeres dirigiert die Westdeutsche Sinfonia Leverkusen.

Ravel, Mahler und Brahms stehen auf dem Programm des nächsten Konzerts der Westdeutschen Sinfonia.

„Die Matineen sind in der Regel hervorragend besucht“, sagt Joeres. Gut 100 Menschen kämen im Schnitt vorbei. Orchestermitglieder spielen dann ausgewählte Kammermusik eines Komponisten, dessen Musik auch am jeweiligen Konzertabend im Forum erklingt. Nach der Matinee gab es, als im Schloss noch ein Restaurant residierte, immer ein thematisches Essen. Joeres erklärt anhand eines Beispiels das Konzept: „Wenn wir Grieg gespielt haben, essen wir norwegischen Lachs“ Um 17 Uhr konnten Interessierte noch die öffentliche Probe besuchen, bevor es um 18 Uhr richtig losging.

Wenn wir Grieg gespielt haben, essen wir norwegischen Lachs
Dirk Joeres, Dirigent der Westdeutschen Sinfonia

Mit dem kommenden Konzert dürften die Musikerinnen und Musiker rund 60 Klassik-Sonntage gespielt haben, rechnet Joeres nach. Und in den meisten Fällen seien die Konzerte auch sehr gut besucht gewesen. Beim letzten Konzert allerdings war der Saal nur mäßig besetzt, das ist auch dem Dirigenten nicht entgangen.

„Wir befinden uns in einer Situation im Umbruch“, sagt er im Hinblick auf die Kulturordnung der Stadt Leverkusen. Das Konzert des professionellen Orchesters wird finanziert durch die Stadt, die einen Teil zu den Honoraren beisteuert, durch den Förderverein des Orchesters und durch einen Anteil an den Kartenverkäufen. Joeres hofft, dass nicht an der Kultur gespart werden müsse, sollte es finanziell noch enger für die Stadt Leverkusen werden.

Leverkusener Dirigent wünscht sich mehr Werbung

Etwas mehr Werbung würde er sich für die Zukunft wünschen, auch wenn er Verständnis für die angespannte Personalsituation in der Verwaltung hat. Joeres sieht auch noch ein anderes, grundsätzlicheres Problem: „Die Situation der Klassik ist schwierig. Man muss etwas tun, um das Publikum zu halten.“ Zwar gebe es eine Stammhörerschaft für die Sinfonia, aber gerade junge Menschen zu gewinnen, sei schwierig. Dennoch: „Die Treue des Publikums hält das Ganze.“

Viele junge Menschen wüchsen mit anderer Musk auf. „Es ist also eine Frage der Vermittlung. Es muss einen Impuls geben, dass es auch noch andere Musik gibt.“ Gerade die Schulen könnten da eine gute Anlaufstelle sein, meint der Dirigent. Früher sei er auch mal in Schulklassen gegangen, allerdings sei das schon lange nicht mehr geschehen. Er könnte sich vorstellen, zusammen mit den Musiklehrkräften auf die Sinfonia-Konzerte vorzubereiten.

Die Westdeutsche Sinfonia hat Joeres 1987 gegründet. Damals sei Leverkusen häufig ein Ort für Gastspiele hochklassiger Orchester gewesen, erinnert er sich. Mit dem damaligen Kulturdezernenten sei die Idee gekommen, doch ein eigenes hochklassiges Orchester zu gründen. Etwa 50 Profimusikerinnen und Profimusiker spielen in der Sinfonia. Hier und da stoßen Solisten oder besondere Instrumente dazu.

Am kommenden Sonntag, 29. Oktober, 18 Uhr, präsentiert Dirk Joeres die „Pavane pour une infante défunte“ von Maurice Ravel, die Kindertotenlieder von Gustav Mahler und die vierte Sinfonie von Johannes Brahms. Solistin wird die Mezzosopranistin Anna Luzia Richter sein. Das Programm soll ein Vorgriff auf den Herbst und die stillen Feiertage im November sein, sagt Joeres.

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