Sommerrodelbahn in ReichshofGegner und Befürworter simulieren Geräuschkulisse

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Die Gruppe der Interessierten ist auf einer Anhöhe oberhalb des Hallenbades „Monte Mare“ in Reichshof-Eckenhagen angekommen. Dort nimmt Investor Markus Lüdorf – mit dem Finger zeigend – Stellung zum geplanten Parkplatz für die Sommerrodelbahn.

Oberhalb des Hallenbades „Monte Mare“ in Reichshof-Eckenhagen nimmt Investor Markus Lüdorf – mit dem Finger zeigend – Stellung zum geplanten Parkplatz für die Sommerrodelbahn.

Am Samstagmorgen hat Investor Markus Lüdorf die Pläne für eine Sommerrodelbahn in Reichshof-Eckenhagen an Ort und Stelle dargelegt.

Wenn plötzlich prasselndes Klatschen, frenetisches Johlen und lautes Rufen aus dem Wald schallt, dann muss das nicht mit Ekstase ob der schönen Natur in und um Eckenhagen zu tun haben: Am Samstagmorgen hat Investor Markus Lüdorf, ein Reise-Unternehmer aus Sinspert, die Bewohnerinnen und Bewohner, insbesondere die vom Aggerberg gegenüber, dazu eingeladen, mal die Geräuschkulisse einer Sommerrodelbahn zu simulieren.

Bauen möchte Lüdorf eine solche Anlage auf der Hangwiese oberhalb des Stadions, in Höhe des Hallenbades „Monte Mare“ und des Schulzentrums, schließlich knapp unterhalb des Affen- und Vogelparks. Später sollen ein Kletterturm und ein Erlebnisspielplatz dieser etwa 900 Meter langen Bahn folgen.

Unterwegs zücken die Teilnehmenden immer wieder technische Geräte: Hier misst Achim Lorenz aus Eckenhagen den Lärmpegel, der vom Johlen und Klatschen der Gruppe auf der Ballonwiese ausgeht.

Unterwegs zücken die Teilnehmenden immer wieder technische Geräte: Hier misst Achim Lorenz aus Eckenhagen den Lärmpegel, der vom Johlen und Klatschen der Gruppe auf der Ballonwiese ausgeht.

Etwa 100 Interessierte sind gekommen, um auszuprobieren, wie ein solches Vorhaben klingen könnte – zu wenige aber, um, wie eigentlich angekündigt, an mehreren Orten gleichzeitig eine entsprechende Geräuschkulisse aufzubauen. Reichen sollte die vom Klappen der Autotüren auf dem geplanten Parkplatz bis hin zum Juchzen und eben Johlen bei der Abfahrt.

So aber führen Lüdorf und auch die Gegner des Projekts die Gruppe von Station zu Station, messen die Dezibelwerte auf der einen Seite – und auf der anderen, auf dem Aggerberg, ist es Sarah Schmidt, zuständige Fachbereichsleiterin im Reichshofer Rathaus, die ein solches Gerät in die Höhe hält: Es zeigt maximal 50 Dezibel. Sie betont: „Natürlich werden alle geforderten und vorgeschriebenen Gutachten eingeholt, wenn es so weit ist.“

Vor allem Lärm, mehr Verkehr, mehr Abgase und insgesamt mehr Trubel im Ort fürchten die Anlieger, die an diesem Morgen deutlich in der Mehrzahl sind. Unter ihnen ist auch Thorsten Flitsch, Sprecher für den Aggerberg: „Ich hoffe, dass die Betroffenen und die Mitglieder des Gemeinderates hier die Akustik des Areals erfahren, das wie ein Amphitheater wirkt.“ Vor allem an Wochenenden werde das bei Öffnungszeiten von 9 bis 18 Uhr zu einer immensen Belastung. „Und niemand fährt auf einer Rodelbahn stumm wie ein Fisch.“

Gegner des Reichshofer Projektes sind an diesem Vormittag in der Mehrzahl

Ähnlich sieht es Stefan Tetzner, Vorstandsmitglied im Trägerverein des „Eckenhääner Läädchens“: „Und dann sorgt mehr Verkehr auch für eine höhere Unfallgefahr bei den Kindern und Jugendlichen hier“, glaubt er. „Auch sieht eine nachhaltige Investition heute anders aus.“ Jeder Baum, der gefällt werden müsse, sei einer zu viel, stimmen seine Mitstreitenden zu. Anpflanzungen von Mammutbäumen und Japanischer Kirche, wie von Markus Lüdorf geplant, wollen sie dort nicht haben.

Die Anspannung ist dem Sinsperter unterwegs deutlich anzumerken. „Ich setze auf Gespräche und hoffe, dass wir alle auf harmonischem Weg gemeinsam eine Lösung finden.“ Anfangs, unten am Stadion, sind es tatsächlich noch ruhige, sachliche Gespräche, dann aber nimmt die Diskussion Fahrt auf, die Widerworte werden vehementer: Lüdorf wolle sich ein „schwachsinniges Denkmal setzen“, heißt es etwa.

Bisher, etwa bei einem Informationsabend im Forum des Eckenhagener Schulzentrums vor knapp drei Wochen, sei alles verharmlost worden. „Herr Lüdorf soll seine Welt kaputtmachen, nicht meine“, findet etwa Franz-Georg Kolodzie, der aus Wildbergerhütte gekommen ist. Der Eckenhagener Jens Zeidler fürchtet derweil um den Status Eckenhagens als Luftkurort, sollten deutlich mehr Autos durch den Ort rollen als bisher. „Welcher Andrang zu erwarten ist, das zeigt ja die Dimension des Parkplatzes.“

Die sogenannte Ballonweise zwischen dem Eckenhagener Stadion, dem Schulzentrum und dem Affen- und Vogelpark: Auf dem obersten Teil könnten sich –sozusagen in Querlage und auf einer Breite von 32 Meter – die Parkplätze für die Sommerrodelbahn erstrecken.

Die sogenannte Ballonweise zwischen dem Eckenhagener Stadion, dem Schulzentrum und dem Affen- und Vogelpark: Auf dem obersten Teil könnten sich–sozusagen in Querlage und auf einer Breite von 32 Meter– die Parkplätze für die Sommerrodelbahn erstrecken.

Eine Gruppe um den Eckenhagener Klaus Breidenbach hat zuvor Pfähle mit bunten Ballons in die sogenannte Ballonwiese gerammt, um diese zu verdeutlichen – an nicht korrekter Stelle, wie Investor Lüdorf anmerkt, „die abgesteckte Fläche ist zu tief“. Es seien zwar 250 Parkplätze angedacht, die Rodelbahn brauche aber voraussichtlich nur 80 bis 100, in Spitzenzeiten höchstens 150. „Die übrigen Plätze sind gemeinsam mit der Gemeinde Reichshof weitergedacht, sie sollen dem Schulzentrum zur Verfügung stehen.“ Geplant seien auf einer Breite von etwa 32 Metern zweimal zwei, jeweils acht Meter breite Parkstreifen, die auf zwei unterschiedlichen Ebenen angelegt werden sollen.

Die Sommerrodelbahn für Eckenhagen ist ein rein privates Projekt

Dass die Gemeinde zurzeit nur in Sachen Bauleitplanung involviert ist, stellen er und Sarah Schmidt immer wieder klar. Lüdorf: „Die Bahn ist mein privates Projekt.“ Und das hat auch Fürsprecher: „Hier würde, eingefasst in die bestehenden Angebote, ein einzigartiger Freizeitpark und damit ein Magnet für die Gemeinde Reichshof entstehen“, sagen zwei ältere Anwohner vom Aggerberg, die indes ungenannt bleiben wollen – aus Furcht vor Repressalien: „Das geht schnell in Eckenhagen, wenn man sich gegen eine Mehrheit ausspricht.“ Lärm fürchten sie beide nicht: „Wir leben hier seit Jahrzehnten mit dem Stadion, dem Schulzentrum und dem Affen- und Vogelpark – die Tempo-30-Zone vor der Haustür ist oft lauter.“

Abwartend gibt sich derweil Ludger Schmidt, Chef des Affen- und Vogelparks. Dass sich beide Ausflugsziele ergänzen, könne er sich nicht vorstellen – allein aus finanziellen Gründen: „Das Tagesbudget einer vierköpfigen Familie liegt heute bei 100, vielleicht 120 Euro. Das reicht hier nicht für beide Orte.“ Auch stört ihn, dass der Weg zum Start- und Zielbahnhof der Schlitten am Parkplatz des Tierparks vorbeiführt: „Da werden unsere Ressourcen sicher mitbeansprucht“, überlegt Schmidt. Gerade an Wochenenden werde das zu Problemen führen. „Wir haben Jahrzehnte gebraucht, um die Besucherströme aufzubauen, die wir heute haben.“ Er fände eine völlig autarke Attraktion, wie etwa den Waldbröler Naturerlebnispark Panarbora, an anderer Stelle besser.

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