Tausende Jecke an den StraßenTierisch gute Laune beim Zoch in Wipperfürth

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Ein Mädchen trägt eine bunte Perücke auf dem Kopf.

Mit bunten Kostümen trotzten die Jecken in Wipperfürth den grauen Wolken am Himmel.

Zahlreiche Kostümierte haben am Sonntag beim Karnevalszug den 37 Gruppen mit rund 700 Teilnehmern und dem Dreigestirn in Wipperfürth zugejubelt.

Den Regenschirm umklammern, ein Selfie mit der Liebsten schießen, dem Prinzen zuwinken und natürlich den Kamelle-Büggel verteidigen: Die Wipperfürther könnten zum Karnevalszug 2024 sechs Hände mehr gut gebrauchen. Eines aber bringen sie am Sonntag in Hülle und Fülle mit: richtig viel Lust auf den Karneval, die in der rappelvollen Hansestadt überall spürbar ist.

Und spätestens, als der Tollitätenwagen gegen 16 Uhr auf den Kölner-Tor-Platz einbiegt, das Dreigestirn freie Sicht auf die kunterbunte Hochstraße hat und sich dann noch ein Sonnenstrahl durch die Wolken quetscht, ist der Nieselregen schnell vergessen.

Eine Gruppe Jugendlicher steht am Rand des Karnevalszuges in Wipperfürth.

Auch viele Jugendliche kamen zum Zug nach Wipperfürth.

Gut vier Stunden zuvor startet die Karawane in der Neye und zwar pünktlich und ohne Hindernisse, wie Zugleiter Klaus Pusch berichtet. Über 600 Jecke aus 37 Gruppen vereint das Motto „Kein Kölsch für Nazis“ – die Karnevalisten wollen ein Zeichen für die Vielfalt setzen und das gelingt ihnen ohne Zweifel vom ersten Mottowagen an.

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Gleich hinter dem Zugleiter liefert die Reitergemeinschaft Kremershof den ersten Hingucker. Deren Mitglieder vermuten, dass die Republik angesichts allerlei politischer Geisterfahrer Glück braucht, und formen eine herrliche Ansammlung von Glücksbären in allen Farben, die Bärenhöhle ist mit ebenso bunten Luftballons dekoriert.

Eine Gruppe in einem Karnevalszug ist als bunte Glücksbären verkleidet.

Die Reitergemeinschaft Kremershof formteeine herrliche Ansammlung von Glücksbären in allen Farben.

Überhaupt sind Tiere beim Wipperfürther Zoch diesmal angesagt. Die Nachbarschaft vom Felderhofer Kamp geht mit Lamas ins Rennen, die bestens gelaunt über den Asphalt toben und richtig Stimmung machen. Die Kreuzberger kontern mit Cowboys in luftgefüllten Pferdekostümen, die prima vortäuschen, ihre Träger säßen tatsächlich auf dem Gaul. Offenbar scheinen der Truppe allerdings einige Mitglieder im Saloon abhandengekommen zu sein – nach ihnen fahnden die Kreuzberger jedenfalls mit Steckbriefen, die am Wagen angepinnt sind.

Drei verleidete junge Frauen winken aus einem Fenster.

Auch aus den Fenstern der Wohnungen am Zugweg wurde den Gruppen zugejubelt.

Mindestens ebenso begehrt wie die Tiere ist aber auch die Botanik. Das Tanzcorps „Kürtener Lüüs“ hat sich in lebendige Sonnenblumen verwandelt und deckt die Besucher mit Kamelle von ganz oben ein. Der Wagen ist so hoch, dass die Mariechen auf der Neye schwer die Köpfe einziehen müssen, weil ihnen sonst die Eichen rund um die Michaelskirche am Haar ziehen. In ganz langsamem Tempo geht es dann aber doch unter dem Geäst hindurch.

Stichwort Tempo: Es ist schon halb sechs, als das Dreigestirn zur Querbeat-Hymne „Guten Morgen Barbarossaplatz“ das Haus am Markt erreicht. Bewusst hat sich die Zugleitung dazu entschieden, die Karawane hier und da zu stoppen, um entstandene Lücken zwischen den Gruppen zu schließen – etwa auf der Neye und auch vor der Einfahrt in die Bahnstraße.

Das Wipperfürther Dreigestirn auf seinem Karnevalswagen.

Das Wipperfürther Dreigestirn genoss sichtlich die Fahrt auf seinem Wagen durch die Straßen.

Allerdings habe man auch großzügig Raum gewährt, damit niemand bei der Kamellesuche unter die Reifen komme, erklärt Payk Freches, der für Wipperfürth zuständige Bezirksbeamter der Polizei, und spricht von einem „großartigen und friedlichen Zug“.

Die Wartezeit auf den Tross überbrückt das Publikum an den vielen Treffpunkten, die überall in der Innenstadt aufgebaut waren – zum Beispiel am „Hasenstall“ von Axel Schmidt unter der Westtangente, der das Geschehen humorvoll kommentiert, so auch die bunten Gorillas, die mit einigen Warnbaken zu türmen versuchen.

Ein Mann und eine Frau sind als Piraten verkleidetet und lachen in die Kamera.

Auch Piraten zogen beim Karnevalszug am Sonntag durch die Hansestadt.

Auch die zweite Hälfte des Umzugs beweist schließlich, dass der Wipperfürther Karneval kunterbunt ist. Nur auf den ersten Blick furchterregend sind nämlich die Wikinger um Laurin Lurz, in Wirklichkeit stecken charmante Damen unter dem Fellumhang. Mit dem „Wipperfürther Allerlei“ vereint Organisatorin Manuela Fichtner jecke Frauen und Männer aus allen Kirchdörfern und in der Fußgruppe der Stadtverwaltung sorgt „Schneewippchen“ Anne Loth mit ellenlangem Haar persönlich für den Kamelleregen.

In Agathaberg sind dafür die Piraten los – originellerweise mit einem nostalgischen Ortsschild der Gemeinde Klüppelberg am Schiffsbug. Für das Rot im Zug sorgen das Rewe-Team und die Kreissparkasse Köln, Blau und Weiß bringen die Garden und Senatoren der Narrenzunft Neye mit. Bunter geht es nun wirklich nicht. Mit Sicherheit kein schlechtes Zeichen in dieser Zeit.


Die schönsten Wagen und Fußgruppen des Wipperfürther Zuges hat am Sonntagabend eine Jury, bestehend aus Vertretern aller im Stadtrat vertretenen politischen Parteien und dem Partnerschaftskomitee, prämiert. Bei den Wagenbauern holte die Reitergemeinschaft Kremershof den ersten Platz, gefolgt von den Karnevalsfreunden Zintagen und der Wikingertruppe um Laurin Lurz.

Bei den Fußgruppen überzeugten vor allem die Stadtverwaltung, dahinter „ne Tüte Gemischtes“ und das „Wipperfürther Allerlei“. Der Sonderpreis der Bürgermeisterin ging an die Gruppe „Kein Kölsch für Nazis“ um Patrick Bauer. 

Mit weiteren Sonderpreisen wurden geehrt: IG Siebenborn (durch die CDU), Die Grenzgänger Kreuzberg-Erlen (SPD), Echte Fründe (Bündnis 90/Die Grünen), Tanzcorps Blau-Weiß Neye (FDP), Fanfarenzug Groß-Grönau (Kreissparkasse Köln), Helios Klinik und Team Banausen (jeweils Volksbank Berg), Team Ottmar und Göhlich (Partnerschaftskomitee), Karnevalsfreunde Felderhofer Kamp (UWG) und der Musikverein Kierspe (BEW). 

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