AusstellungGladbacher Fotograf schießt einmalige Bilder mit historischer Kamera

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Bergisch Gladbach – Eine Kamera hat Markus Bollen (fast) immer dabei. Das ist keine Selbstverständlichkeit, denn sein Arbeitswerkzeug ist nichts für die Hosentasche, sondern ein kiloschweres, unhandliches Gerät aus analogen Zeiten, in die man „richtigen“ Negativfilm einlegt, für die man einen Belichtungsmesser braucht, ein Stativ und ein Dunkeltuch wie zu Großvaters Zeiten: die legendäre Gilde-Kamera, die der Hersteller persönlich für ihn gebaut hat, nachdem sich Bollen auf der Photokina in das Gerät verguckt hatte.

Der Bergisch Gladbacher ist einer der wenigen, die dieses alte fotografische Handwerk noch beherrschen. „Ich habe es damals in Berlin auf der Letteschule gelernt“, erklärt er. Lange Zeit war eine klassische Rolle sein „Arbeitspferd“, wie er sagt. Natürlich erledigt er professionelle Fotoaufträge – „von denen lebe ich ja schließlich“ – mit einer Digitalkamera. Aber die Kunst, die geht anders, und Voraussetzung ist die Entdeckung der Langsamkeit.

Nicht einfach losballern

„Ich muss vorher wissen, ob ein Motiv es wert ist, auf ein so großes Format gezogen zu werten“, erklärt Bollen. „Ich kann nicht einfach losballern und unter Hunderten Schüssen den besten ’raussuchen.“ Deshalb zieht er mit einem Passepartout los und vergegenwärtigt sich den Bildausschnitt direkt vor Ort. Vier Bilder sind auf einem Film: „Da muss ich mir schon vorher genau überlegen, was ich will.“ Jene uralten Baumverwurzelungen zum Beispiel, die Bollen nicht weit von seinem Atelier im ehemaligen Katechierhaus hinter der Nikolauskirche in Bensberg entdeckt hat.

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Das Equipment hat er auf eine Sackkarre gepackt. Angekommen, hilft Azubi Leon Wörmann, die Kamera aufs Stativ zu schrauben, den Film einzulegen und die Belichtung zu messen. Bollen verschwindet unter dem weißen Verdunklungstuch; im Sucher steht sein Motiv auf dem Kopf. „Die Natur bringt die faszinierendsten Formen hervor“, begeistert sich der 55-jährige Hobby-Imker. Die Verästelungen der verholzten Wurzeln, die wirken wie ein Steinbruch, werden sich später auf einer Spannweite von bis zu drei Metern in organische Abstraktionen verwandeln, ein Relief bilden, dessen haptischer Verführungskraft kaum jemand widerstehen kann. So hat er Blumenwiesen und wilde Hecken in der Heimat abgelichtet, aber auch eine Hochhaussiedlung in China. Ist das Foto im Kasten, belichtet Bollen das Negativ im Computer. „Das gibt immerhin Dateien von 800 Megabite“, erklärt der Profi. „Davon kann man nicht einfach Abzüge auf normalem Fotopapier machen.“

Durch ein Passepartout nimmt Markus Bollen Maß für sein künftiges Motiv. Lohnt es sich?

Durch ein Passepartout nimmt Markus Bollen Maß für sein künftiges Motiv. Lohnt es sich?

Bollen braucht eine spezialisierte Druckerei, um die Riesenformate herzustellen; ein teures Vergnügen. „Meine Frau schimpft schon manchmal, wenn ich so viel investiere, ohne zu wissen, ob die Arbeit am Ende jemand kauft“, sagt er zwinkernd. Aber er kann nicht anders: „Man will die Bilder doch einfach groß sehen.“ Auf einem langen Arbeitstisch im Studio liegen die letzten Abzüge. Gräser und Eis auf einer Pfütze, Tagebau-Impressionen mit wallenden Erdstollen, der Aletsch-Gletscher, der wie eine Mondlandschaft im abendlichen Zwielicht schimmert. Um auch Kunstfreunde mit wenig Platz im Haus glücklich zu machen, verkauft Markus Bollen kleinere Formate. Ob er von seiner Kunst leben kann? „Na ja, meine Familie zählt immerhin sieben Köpfe“, sagt er lachend und lässt die Frage im Raum stehen.

Bis 7. Juli sind Fotos von Markus Bollen in der Volkshochschule an der Buchmühle in Bergisch Gladbach zu sehen; montags bis freitags 8 bis 21 Uhr.

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