Bergisch Gladbach5000 Unterschriften für Bikepark – Anlage in Nußbaum sei Schwarzbau

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Bürgermeister Lutz Urbach inmitten der Mountainbiker: Er nahm eine dicke Kladde mit Unterschriften entgegen.

Bürgermeister Lutz Urbach inmitten der Mountainbiker: Er nahm eine dicke Kladde mit Unterschriften entgegen.

Bergisch Gladbach – Allzu große Sprünge können sich die jugendlichen Mountain- und BMX-Biker im Nußbaumer Wald nicht mehr erlauben, seitdem der Paragrafendschungel den „Nutbush Forest“ (wie die Jugendlichen das Gelände im Biker-Englisch nennen) zu überwuchern droht. Fast alle Aufbauten sind bereits entfernt.

Der hölzerne Rampenturm, der an Samstag zum Besuch von Politik und Verwaltung noch einmal Flagge zeigte, gilt als Schwarzbau und wird ebenfalls verschwinden müssen, lange geduldet, aber nie legalisiert.

Wenn keine Räder mehr den Berg herunterflitzen, geht eine Menge Jugendarbeit den Bach runter, ist der Verein „Dirt Stylers“ überzeugt – und hat eine Online-Petition zum Erhalt des Bikeparks ins Leben gerufen. Schnell kamen mehr als 5000 Unterschriften zusammen, das Ergebnis wurde an Ort und Stelle Bürgermeister Lutz Urbach (CDU) und Vize-Landrätin Mathilde Drewing (FDP) übergeben. Auch Politiker von SPD und Bündnisgrünen machten sich ein Bild von der Anlage.

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Keine andere Möglichkeit

„Mir blutet selber das Herz dabei, aber Stadt und Kreis sind die Hände gebunden“, betonte Bergisch Gladbachs Verwaltungschef und kündigte an, die Petition an den Bundestag weiterzureichen, „damit die Gesetze geändert werden“. Für die Übergangszeit müsse man „gemeinsam gucken, was geht und das dann umsetzen, aber ich kann meine Mitarbeiter nicht anweisen, rechtswidrige Dinge zu tun“.

Der Turm sei nun mal ein Schwarzbau, und die Anlage liege „so was von im Außenbereich“, da dürfe einfach nicht gebaut werden. „Als Jurist kann ich den Ärger gut nachvollziehen“, meldete sich Stefan Müller-Römer zu Wort. Der Rechtsanwalt, selbst Biker und Kletterer, will den Verein im Verfahren begleiten.

In Deutschland werde vieles überreguliert, Jugend müsse sich stadtnah bewegen können. „Die Beeinträchtigungen der Natur halte ich hier für marginal“, sagte er und zeigte sich zuversichtlich, einen Kompromiss zu finden: „Das ist hier aktive Jugendpolitik.“ Er sei früher selbst Sachkundiger Bürger bei den Grünen gewesen, aber Umweltschutz werde oft „einen Tick zu hoch gehangen“.

Unterstützung erhalten die „Dirt Stylers“ auch von prominenter Seite. Günther Klum, Vater von Model Heidi Klum, hat ebenfalls seine Hilfe angeboten. „Wir hoffen, dass wir mit Stadt und Kreis eine Lösung finden“, ist Vereinssprecher Michael Bernhardt optimistisch.

Für die rund 100 Fahrer sei es wichtig, trainieren zu können. Und schlecht sind die Bedingungen in Nußbaum offenbar nicht. Schließlich ist aus dem Club schon eine Deutsche Meisterin hervorgegangen. Der Sport boome, und wenn man es schaffe, eine legale Anlage zu realisieren, wäre das auch ein Leuchtturmprojekt für die Stadt, meint Bernhardt. Natürlich stehe der Verein auch andernorts zur Verfügung, um den Outdoorsport aus der Verbotszone zu holen. Altenberg könnte seiner Meinung nach so ein Gebiet sein.

Auf jeden Fall sei es wichtig, dass die Heranwachsenden sich nicht nur sportlich betätigen, hatte zuvor bereits Peter Pröstel vom Vereinsvorstand erläutert. „Die kommen hier schon mit dem ein oder anderen Thema in den Wald, das sie zu Hause nicht besprechen wollen.“

Auf dem Kurs würden nicht nur Aggressionen kanalisiert, sondern es werde auch Teamfähigkeit und Handwerkliches gelernt. Manch einer, der als Kind die Nußbaumer Strecke befahren hat, sei heute Trainer oder Parcoursbauer. Zudem funktioniere das Zusammenleben mit Spaziergängern, Joggern und Hundebesitzern, bislang habe es weder Unfälle noch Beschwerden gegeben.

Viel Zuspruch bekamen die Nutzer des Bikeparcours von Mathilde Drewing. „Die jungen Leute sind hier an der frischen Luft., betätigen sich sportlich und lernen auch Verantwortung füreinander. Ich hab sieben Jahre lang Gefangene in einer Justizvollzugsanstalt betreut und weiß, wo Kids landen, wenn sie nichts zu tun haben“, mahnte sie.

Nach der Zusammenkunft im Wald stehen am 9. Februar wieder Gespräche am Runden Tisch auf dem Plan. Im „Nutbush Forest“ wird derweil ohne Aufbauten artistisch über die Hügel gefahren. Der Slalom im Paragrafendschungel ist dabei nicht nur für die Fahrer eine neue Herausforderung.

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