Bergisch Gladbacher InnenstadtAm Löwencenter sind Treppen und Putz marode

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Bergisch Gladbach – Am besten immer den Blick nach unten richten und ganz genau hinschauen – um nicht zu stolpern oder gar zu stürzen. Diesen Rat sollten alle befolgen, die von der Schloßstraße in Bensberg hoch zur Engelbertstraße oder umgekehrt gehen wollen. Denn das Betreten der Treppen erfolgt auf eigene Gefahr, warnen insgesamt sieben Hinweisschilder. Es gibt keine einzige sichere Wegeverbindung zwischen Einkaufsstraße und Alten Markt. Deshalb haftet die Stadt nicht mehr.

Darüber ist Johann Thöming sauer. „Vor zehn Monaten hat die Stadt die Schilder aufgestellt. Nichts ist seitdem passiert“, beschwert sich der Hauseigentümer. Sein Ladenlokal befindet sich Wand an Wand zum Albtraum in Beton, dem maroden Löwencenter. Sein Geschäft liegt auf einer direkt angrenzenden Terrasse in der ersten Etage und ist nur über Treppen zu erreichen. „Die Leute kommen nicht mehr hierher“, klagt Thöming. Er ärgert sich darüber, dass die Stadt seine Belange nicht berücksichtige.

Auch von oben droht Gefahr wegen der Baufälligkeit des ehemaligen Einkaufszentrums. Es ist nicht zu übersehen: Der Putz bröckelt inzwischen an vielen Stellen, Fassadenteile könnten auf Passanten herunterfallen, Teile des Gebäudes sind mit Absperrgittern gesichert.

Anfang August beabsichtigt Thöming, sein Lokal nach Beendigung des laufenden Vertrags neu zu verpachten. Doch angesichts dieser Situation sei das unmöglich. In einem Brief hat er sich nun persönlich an Bürgermeister Lutz Urbach gewandt, in der Hoffnung, dass endlich etwas geschehe. „Ich sehe nicht ein, warum ich noch länger diesen Wettbewerbsnachteil hinnehmen soll, bloß weil der Neubau der neuen Marktgalerie nicht in die Gänge kommt“, kritisiert Thöming.

Stadtsprecher Martin Rölen räumt ein, dass die Aufschiebe-Praxis der Stadt damit im Zusammenhang stehe. Eine kostspielige Sanierung der Wege lohne sich nicht: „Im Zuge eines Neubaus würde die Treppenanlage zum großen Teil wegfallen oder durch die Bauarbeiten beschädigt werden.“ Die hohe Ausgabe einer Reparatur der Treppen für nur eine kurze Zeit könne die Stadt den Bürgern gegenüber nicht rechtfertigen. Die Warnhinweise seien vor einem Jahr in der Erwartung aufgestellt worden, dass die Bauarbeiten für das neue Einkaufszentrum bald losgingen.

Doch daraus ist bekanntlich seit April 2014 nichts geworden. Seit Dezember 2015 steht endgültig fest: Immobilienentwickler Centerscape macht einen Rückzieher und will das alte Löwencenter samt Grundstück verkaufen. Doch mit der List-Gruppe mit Sitz in Oldenburg ist sich Centerscape bis heute nicht handelseinig geworden. Woran es hakt, darüber wird Stillschweigen bewahrt. Aus Oldenburg heißt es gestern nur so viel: „Die Verhandlungen mit Centerscape laufen noch. Es gibt noch kein Ergebnis“, sagt eine Sprecherin des Unternehmens auf Anfrage dieser Zeitung.

Das Warten auf den Baubeginn für ein neues Einkaufszentrum geht also weiter. Wie lange es noch dauert, weiß niemand. Die Leute hält das indes nicht davon ab, die maroden Wege zu benutzen. Viele parken mit ihrem Wagen auf dem Parkdeck an der Engelbertstraße mit 60 kostenlosen Stellplätzen. Vor allem an Markttagen ist der Platz immer voll.

Zwar bestehe aus Sicht der Stadtverwaltung „keine Gefahr für Leib und Leben“. Aber man müsse eben damit rechnen, dass sich Steine lösen könnten, weil Fugen sich gelockert haben könnten. Die Betreten-Verboten-Schilder seien eine „reine Vorsichtsmaßnahme“. Bislang sei noch nichts passiert. Im Falle eines Unfalls müssten dann Gerichte entscheiden, wer die Verantwortung trägt: Die Stadt, die Verkehrssicherungspflicht hat oder der Bürger, der die Warnschilder missachtet hat.

Die Verwaltung will nun prüfen, ob punktuelle Reparaturen möglich seien, sagt Rölen. Öffentliche und private Interessen müssen miteinander abgewogen werden. Thöming hat dazu eine klare Meinung: „Die Stadt ist hier in der Pflicht.“

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