ProzessDer Schlüsseldienst muss zahlen

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Rösrath/Köln – Die Wohnungstür ist zugefallen, und der Schlüssel liegt auf dem Küchentisch. Ärgerlich für den Wohnungseigentümer. Doch mit dem Schrecken über das Missgeschick fängt der Leidensweg oft erst an. Ein Schlüsseldienst muss her. Und das kann teuer werden. Meist verstecken sich hinter lokalen Telefonnummern bundesweit operierende Unternehmen, wie die Deutsche Schlüsseldienstzentrale. Die lokalen Telefonnummern täuschen ein örtliche Präsenz vor, die tatsächlich nicht gegeben ist.

Solch ein Unternehmen musste vor wenigen Tagen eine herbe Schlappe vor dem Kölner Amtsgericht hinnehmen. Ein Rösrather Rechtsanwalt hatte gegen eine Firma geklagt und in allen Punkten den Gerichtssaal als Sieger verlassen. Der Schlüsseldienst muss nun einen Teil der Kosten zurückzahlen (siehe „Das Urteil“).

Das Amtsgericht in Köln ( Urteil vom 22. Juli 2013, Az: 137 C 636/12) hielt in dem beschriebenen Fall Türöffnungskosten von 444,46 Euro für zu hoch und verurteilte den Schlüsseldienst zur Rückzahlung von 351,66 Euro. Darin enthalten ist die Entschädigung für einen zu Unrecht ausgebauten Schließzylinder. Die Kosten des Verfahrens trägt der Schlüsseldienst. Bereits zuvor hatte das Amtsgericht Hamburg-Altona entschieden, dass Kosten von 520 Euro nicht angemessen sind. (Az.: 316 C 340/09)

Ist die Tür ins Schloss gefallen und der Schlüssel liegt in der Wohnung, ist es wichtig, ruhig zu bleiben, rät die Verbraucherzentrale. Sollte der angerufene Notdienst nicht zu einem Festpreisangebot bereit sein, sei meist Vorsicht geboten. Fast immer lässt sich die Tür ohne Beschädigung des Schlosses öffnen. Monteure, die mit Gewalt vorgehen, versuchen in der Regel, neue Schlösser zu überhöhten Preisen zu verkaufen. Grundsätzlich gilt: Forderungen möglichst nie bar bezahlen. Wenn man die Rechnung nicht anzahlen kann, sollte unter Vorbehalt gezahlt werden – der Vermerk auf der Rechnung könnte in einem Prozess helfen. Der Monteur sollte das defekte Schloss aushändigen. (dino)

Anfang Oktober 2012 war die Familie des Rechtsanwalts nach Rösrath gezogen. Kurz darauf passierte das Missgeschick: Die Haustür fiel ins Schloss, der Schlüssel lag in der Wohnung. Ein Schlüsseldienst mit einer Rösrather Telefonvorwahl versprach schnelle Hilfe. Aus den versprochenen 20 Minuten Wartezeit wurde mehr als eine Stunde, und der Monteur kam nicht aus Rösrath, sondern aus Köln-Nippes. Bevor der Handwerker ein Werkzeug in die Hand genommen hatte, waren schon 268,50 Euro für eine Einsatzpauschale und Nachtzuschlag fällig. Das Schloss wurde aufgebohrt und ein neues installiert.

Die Rechnung wies schließlich einen Betrag von 444,46 Euro aus. „Der Monteur zückte ein Scheckkartenlesegerät, und ich zahlte zähneknirschend“, berichtete der Rechtsanwalt. Aber anders als die meisten, die aus Angst vor einer zurückgewiesenen Klage und den daraus folgenden Kosten nichts gegen solche Firmen unternehmen, zog der Rösrather Anwalt vor Gericht – mit Erfolg. Das rechtskräftige Urteil des Kölner Landgerichts könnte zu einer Auslegungshilfe bei weiteren Gerichtsverhandlungen gegen fragwürdige Praktiken von Schlüsseldiensten werden.

In der Entscheidungsbegründung des Gerichts ist von einer Zwangslage des Kunden die Rede und von einem auffälligen Missverhältnis von Leistung und Bezahlung. Auch moniert der Vorsitzende Richter in seiner Urteilsbegründung den gewaltsamen Ausbau der Türschlosses, obwohl ein Fachmann die Tür mit einer Scheckkarte hätte öffnen können. Ein Sachverständiger zeigte vor Gericht eindrucksvoll, wie einfach eine ins Schloss gefallene Tür geöffnet werden kann. Insgesamt ergebe sich der Eindruck fehlender Seriosität bei dem beklagten Schlüsseldienst, so das Gericht.

Auch firmiere das Unternehmen unter Schlüsseldienst A.A. Schmitz Gmbh mit Rösrather Telefonvorwahlnummer, obgleich es ein solches Unternehmen nicht gebe. Zudem entschied das Gericht, dass sich der Rösrather Rechtsanwalt auf Kosten des Beklagten ein neues Schloss in seine Haustür setzen darf. Vor dem Hintergrund, dass der Betreiber des Schlüsseldienstes einen wenig Vertrauen erweckenden Eindruck mache, sei es dem Kläger nicht zuzumuten ein Schloss des Schlüsseldienstes in seiner Haustür zu belassen.

„Ich hoffe, das Urteil aus dem Zivilprozess hat auch strafrechtliche Konsequenzen für diesen Schlüsseldienst“, sagte der Kläger dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Dies scheint nicht unwahrscheinlich. Die Staatsanwaltschaft soll die Akten aus dem Zivilprozess schon angefordert haben, um sich ein Bild über eventuell vorliegende Straftaten zu machen. Zwei Tage nach dem Urteil wurde der nächste Fall aus dem Rheinisch-Bergischen Kreis bekannt. Einer 28 Jahre alten Frau knöpfte derselbe Schlüsseldienst 278 Euro für eine einfache Türöffnung ab.

Einen Monat vorher zahlte die Frau 47,50 Euro bei einem örtlichen Anbieter für die gleiche Leistung. Auch sie beabsichtigt nun zu klagen. Für Rechtsanwalt Falk Stange, der die Deutsche Schlüsseldienstzentrale und den Beklagten vertritt, ist das Urteil alles andere als erfreulich: „Das Verhalten meines Mandanten beim Kunden und auch vor Gericht ist sicherlich eine Ausnahme und ein Einzelfall. Das entspricht nicht den allgemeinen Geschäftspraktiken der Deutschen Schlüsseldienstzentrale.“

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