Club E, Canapé, KakaduDiese Discos gab es mal in Rhein-Erft – einige mit zweifelhaftem Ruf

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Menschen feiern ausgelassen in der Disco „Haus Herzog“.

Die ehemalige Discothek „Haus Herzog“ war für viele Jugendliche ein beliebter Treffpunkt, um ausgelassen zu feiern.

Das Einzugsgebiet der Discotheken im Rhein-Erft-Kreis war riesig – eine Übersicht voll Joints, Promis und Freibier.

Zu Zeiten von Schlaghosen, Crop-Tops, Hüftjeans und frosted Tips soll es ein ausgefülltes kulturelles Leben in Kerpen-Blatzheim gegeben haben. In Erftstadt-Kierdorf wurden Joints herumgereicht und selbst Gäste aus Hamburg seien zum Feiern nach Weilerswist angereist.

Kurzum: Das Nachtleben in Rhein-Erft hatte einiges zu bieten – wir werfen einen nostalgischen Blick auf ehemalige Discos in Kerpen, Brühl, Erftstadt, Weilerswist, Frechen, Bergheim und Bedburg.

Club E: 21 Jahre lang in Kerpen

1951 besuchten Antoinette und Wilhelm Errenst – die damals noch anders hießen – ein Schützenfest in Bottenbroich. Die junge Frau aus Grefrath gefiel dem Kerpener, beim Tanzen funkte es. Kurz nach der Hochzeit übernahm Wilhelm Errenst, gelernter Bäcker und Konditor, die Gaststätte seiner Eltern. Nach vier Jahren des Weiterführens entschloss sich das Ehepaar, gemeinsam ein Tanzlokal aus der Kneipe zu machen. In den 60er Jahren mietete das Ehepaar noch die Schützenhalle dazu.

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Schließlich eröffneten Antoinette und Wilhelm Errenst die erste Disco im damaligen Kreis Bergheim, den „Club E“ in Kerpen. 21 Jahre lang leiteten sie die Disco gemeinsam. Später kam eine zweite Location in Sindorf hinzu. Auch die Erfthalle in Türnich und den Biergarten am Rathaus bewirtschafteten die Errensts einige Jahre lang.

San Francisco (ehem. Zum Kneppchen): Eine Location für alles in Kerpen-Sindorf

Der Legende nach endete so manch abendlicher Trunk mit einem kühlen Bad in der offenen Kanalisation zwischen Straße und Lokal. Bereits 1834 wurde die Gaststätte „Zum Kneppchen“ erstmalig erwähnt. Ein „Kneppchen“ ist übrigens ein kleiner Hügel. 

Mitglieder der 1932 gegründeten St. Ulrichschützengesellschaft aus Sindorf im Jahre 1962. Hinter ihnen das ehemalige Restaurant zum Kneppchen.

Mitglieder der 1932 gegründeten St. Ulrichschützengesellschaft aus Sindorf im Jahre 1962. Hinter ihnen das ehemalige Restaurant zum Kneppchen.

Der erste Besitzer des Kneppchens in der Erftstraße 63 in Kerpen-Sindorf war Wilhelm Heinrich Schmitz, von Beruf Land- und Gastwirt. Auf ihn folgten von 1932 bis 1967 eine Vielzahl an Inhabern und Inhaberinnen. Genauso wurden der Location eine Vielzahl verschiedener Nutzungsweisen aufgebürdet: Ob Lebensmittelladen, Theater, Kino, Tanzcafé oder Spielcasino – im Kneppchen war immer was los. Sogar ein landwirtschaftlicher Betrieb gehörte mal dazu.

1967 wurde aus dem Saal dann die Discothek „San Francisco“, betrieben bis 1996, ehe es dann unter wieder neuer Inhaberschaft zum Hotel am Weyerhof umgebaut wurde. Ab 2008 waren noch zwei weitere Wirtsfamilien in den Räumlichkeiten des ehemaligen Kneppchen tätig.

Corrida: Discothek mit gemischtem Ruf in Brühl

Einen Hybrid aus Kneipe und Discothek stellte die „Corrida“ dar. Kai Klöpper, ehemaliger Wirt der „Ewigen Lampe“, eröffnete die Kultkneipe im Juni 2014 (nach Schließung im Januar 2013) erneut und machte daraus ein Tanzlokal für Partygänger im Alter ab 21 Jahren. Bevorzugte Musikrichtung: Hits aus den 70er-/80er-Jahren.

Die ehemalige Corrida-Bar in Brühl-Kierberg ist von außen zu sehen.

Die umstrittene Corrida-Bar in Brühl-Kierberg

Bevor Klöpper die Corrida übernahm, hatte die Kierberger Discothek einen gemischten Ruf in der Brühler Bevölkerung. Wiederholt hatten sich Anwohner über nächtlichen Lärm und mutwillige Zerstörungen beschwert. Im September 2012 hatte die Stadtverwaltung daraufhin eine Ordnungsverfügung ausgesprochen, derzufolge die Sperrzeit auf 24 Uhr festgelegt worden war.

Kakadu: In Erftstadt-Kierdorf wurden Joints herumgereicht

Hippies aus der Eifel zog es dorthin, die Rocker „The Lords“ standen auf der Bühne, und Joints sollen auch rumgereicht worden sein – die Großraumdisco „Kakadu“ in Erftstadt-Kierdorf war eine Institution.

Im Laufe der Zeit wurde Kierdorf immer mehr zu einem beliebten Wohnort für viele ehemalige Kölner. Das Dorf war nach dem Zweiten Weltkrieg die erste Gemeinde des damaligen Kreises Euskirchen, die sich dem Zuzug durch preiswerte Grundstücke öffnete.

Haus Herzog in Bedburg: Die In-Disco im Rhein-Erft-Kreis

Die ehemalige Discothek „Haus Herzog“ war für viele Jugendliche ein beliebter Treffpunkt, um ausgelassen zu feiern. Es ist gut 38 Jahre her - aber die Erinnerungen an die Zeiten im Haus Herzog, der früher angesagtesten Discothek im Kreis, bleiben für viele unvergessen.

Von 1967 bis 1985 feierten hier jedes Wochenende hunderte Jugendliche zu Hits wie „San Francisco“ von Scott McKenzie oder den Liedern von Schlagersängerin Dorthe Kollo.

Menschen feiern ausgelassen in der Disco „Haus Herzog“.

Der Einlass war zwar erst ab 16 Jahren, aber auch wenn man jünger war, schaffte man es schon mal in die Disco „Haus Herzog“.

Der Einlass war zwar erst ab 16 Jahren, aber auch wenn man jünger war, schaffte man es schon mal in die Disco. Sogar Sänger wie Howard Carpendale kamen nach Bedburg-Lipp, um im „Haus Herzog“ aufzutreten.

Index: Die Techno-Hochburg aus Weilerswist

Vor über 26 Jahren sorgte die damals noch „Space“ genannte Discothek „Index“ für Furore: Zu der damaligen Techno-Hochburg in Weilerswist seien selbst aus Hamburg Gäste angereist. Zu den sogenannten „Flash-Parties“ kamen auch berühmte DJs wie Marc Spoon und bis zu 2000 Gäste.

Canapé in Frechen: Abstieg in eine andere Welt

Ein Abstieg in eine andere Welt, eine andere Zeit soll es gewesen sein, wenn man den roten Wänden an der Kellertreppe folgte und sich dann im Vorraum mit altem Klavier und Fotos aus alten Frechener Zeitungen wiederfand.

Das Tanzlokal „Canapé“ an der Dr.-Schultz-Straße 32 machte nach zwei Jahren Stillstand im August 2006 wieder auf. Klaudia Tkocz und Jeanette Booms wagten den Schritt, das Traditionslokal wiederzueröffnen. 

Klaudia Tkocz und Jeanette Booms eröffneten das Tanzlokal „Canapé“ an der Dr.-Schultz-Straße 32 in 2006 wieder – nach zwei Jahren Stillstand.

Klaudia Tkocz und Jeanette Booms eröffneten das Tanzlokal „Canapé“ an der Dr.-Schultz-Straße 32 in 2006 wieder – nach zwei Jahren Stillstand.

Verspiegelte Decke über der Tanzfläche, goldene Vertäfelung über der viereckigen Bar, rote Sofas, rot-hellrot gestreifte Textiltapete – am auffälligsten waren aber die Jugendstil-Lampen auf der Bar. Vor 40 Jahren eröffneten die Frechener Brüder Klefisch die Bar und gaben ihr den Namen „Tanzlokal Kanapé“. Fünf Jahre später übernahm Simon Trier bis 2001 das Lokal.

Das Tanzlokal gibt es bis heute, dort lassen sich nun auch Firmenfeiern, Geburtstags- oder anderweitige Privatpartys feiern.

Nachtschicht in Bergheim: Sauferei am Biotop

Damit die Gäste auf Touren kamen, schenkte die Discothek von 20 bis 24 Uhr Freibier aus – vorausgesetzt, man entrichtete vorher seinen Eintrittspreis. 2008 sollten derartige „Flatrate-Partys“ nicht mehr in Bergheim stattfinden. Der Bergheimer Stadtrat und die Stadtverwaltung hatten etwas dagegen.

Kreativ waren die Veranstaltungen in der Nachtschicht aber ohne Zweifel: Etwa durften bei der Mottoparty „Birthday-Astro-Party“ Besucher und Besucherinnen mit dem Sternzeichen Zwilling und Stier, vier Personen als Begleitung mitbringen, mit einem Verzehr-Gutschein ausgestattet.

Bei einer Ausweiskontrolle in der Discothek „Nachtschicht“ fand das Ordnungsamt in 2008 rund 50 Jugendliche, die jünger als 18 Jahre alt waren, vor.

Bei einer Ausweiskontrolle in der Discothek „Nachtschicht“ fand das Ordnungsamt in 2008 rund 50 Jugendliche, die jünger als 18 Jahre alt waren, vor.

Die an einem Biotop im Kentener Vogelwäldchen gelegene Party-Location war beliebt wie berüchtigt. So wurden nicht nur All-Inclusive-Partys, sondern auch Bilder der Webseite beanstandet: Etwa wurde eine junge Frau gezeigt, die leicht bekleidet auf einem Barhocker sitzt. In der Hand hielt sie eine Wodka-Flasche, aus der sie Schnaps in den offenen Mund eines Mannes laufen lässt.

„Club Zeppelin“: Auch hier All-Inclusive in Bergheim

Neben der „Nachtschicht“ bot noch eine weitere Discothek in Bergheim Partys mit unbegrenztem Alkoholausschank – sogar zur gleichen Zeit. Zur „All-Inclusive-Party“ im August 2007 kamen Ab-18-Jährige zum ausgelassenen Feiern in den „Club Zeppelin“.

Die Stadt Bergheim suchte damals, aber fand keine Möglichkeit, derartige „Flatrate-Partys“ zu verbieten. Es fehle die gesetzliche Regelung, auch wenn die Stadt laut damaliger Aussage betonte, „selbstverständlich kein Interesse“ daran zu haben, dass junge Erwachsene dazu verführt würden, über die Maßen Alkohol zu trinken.

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