Filmretter in Neunkirchen-SeelscheidUnternehmen rettet Filme mit jahrzehntealten Erinnerungen

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Neunkirchen-Seelscheid – „Es ging um 30 Sekunden aus dem Jahr 1938“, berichtet Martin Schneider. „Eine Kundin hatte einen ganz kurzen Filmstreifen bei sich, der zeigte, wie sie mit ihrem Mann die Kirche im Hochzeitskleid verließ. Das Material war spröde gewesen. Wir hatten nur einen Versuch, es zu digitalisieren, denn ein erneutes Abspulen hätte der betagte Streifen nicht mehr ausgehalten. Er wäre zerbröselt“. Dem Team der Firma „Filmretter“ gelang es, die jahrzehntealten Erinnerungen zu retten. Jetzt liegen sie in digitaler Form vor und können ohne Probleme ganz oft angeschaut werden.

Es geht eigentlich immer um persönliche Erinnerungen, die in der digitalen Welt ankommen sollen. Vom ersten Geburtstag, den die Eltern gefilmt hatten, bis hin zur Goldhochzeit. Momente der Familiengeschichte, die erhalten bleiben sollen. Der technische Fortschritt hat dies aber meist unmöglich gemacht. „Film-Projektoren werden nicht mehr als Massenware gebaut“, sagt Martin Schneider.

„Vor allem junge Menschen haben auch keinen Bezug mehr zu dieser Technik. Mit einer CD, auf der die Erinnerungen gebrannt sind, können sie aber was anfangen“. Vor zwölf Jahren kam dem Diplom-Informatiker die Idee. Er war im Jahr 1988 bei seinem Vater in die Werbeagentur eingestiegen und auf der Suche nach einer Weiterentwicklung des Unternehmens. „Da ich mich in der Datenverarbeitung auskenne, lag dieses Projekt nahe“, sagt Martin Schneider. „Hätte ich damals allerdings gewusst, welche Kosten auf mich zukommen, hätte ich es nicht gemacht.“ Er kaufte einen Projektor und filmte die Streifen von einer Mattscheibe ab. Allerdings stieß er schnell an Grenzen. „Die Qualität des Ergebnisses war mir einfach nicht gut genug. Wir kamen nicht an die Schärfe digitalisierter Filme heran, wie sie zum Beispiel im Fernsehen gezeigt wurden“.

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Martin Schneider rüstete auf und investierte in neue Technik. „Ein Super-8-Film hat 18 oder 24 Bilder pro Sekunde, Video hat 25“, erklärt er. Beim einfachen Abfilmen können daher Flimmereffekte entstehen. Die neue Kamera ist jetzt am Objektiv des Projektors installiert und nimmt jedes Bild des Filmes einzeln auf. So entsteht ein flimmerfreier Film. Je nach benutztem Material ist die Brillanz der Vorlagen nicht mehr so gut. Per Hand wird dann nachgesteuert.

„Das unterscheidet uns von vielen Anbietern“, erklärt Robert Oberdörster, der sich auch um das Marketing in der Agentur kümmert, die fünf Mitarbeiter hat. Verschwiegenheit ist oberstes Gebot – allerdings staunen die die Filmretter ab und an, was für historische Raritäten eingereicht werden. „Es gab sogar einen Film von der Zündung einer Atombombe auf dem Testgelände in Amerika“, erinnert sich Robert Oberdörster.

Das Wissen der Firma hat sich rumgesprochen. Die Stadtarchive in Siegburg und Troisdorf gehören genauso zu ihren Kunden wie Filmfreunde aus Griechenland oder Australien. Zum Service gehört übrigens auch, dass die Filme auf Wunsch abgeholt werden. „Oft sind es seltene Erinnerungen, die man ungern in die Post gibt“, erklärt Martin Schneider. Viele Kunden bringen deshalb ihre Aufnahmen auch persönlich vorbei.

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