Stärkungspakt NRWWarum es so schwierig ist, 90.000 Euro in Lohmar zu verschenken

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Rathaus in Lohmar mit Vorplatz und Brunnen.

Das Rathaus in Lohmar. Die Verwaltung hatte Schwierigkeiten, Landesgelder für soziale Zwecke zu verteilen.

Rund 90.000 Euro wollte die Stadt Lohmar für soziale Zwecke verteilen. Doch fast alle Institutionen winkten ab. Was geschieht mit dem Geld?

Im Stärkungspakt NRW steckt viel Geld. Rund 90.000 Euro fließen allein nach Lohmar, um Bedürftige  zu unterstützen, die durch hohe Preise für Gas und Strom und Lebensmittel besonders belastet sind. Doch die Zuschüsse an den Mann beziehungsweise die Frau zu bringen, sei offenbar gar nicht so einfach, wunderte sich Ingeborg Göllner von den Grünen im Sozialausschuss: „Es wäre peinlich, wenn wir das Geld ans Land zurückzahlen müssten.“ Grund sind die bürokratischen Vorgaben.

Geld konnten zum einen „nur Einrichtungen der sozialen Infrastruktur“ erhalten, die krisenbedingte Mehrausgaben hatten, teilte die Stadt auf Anfrage der Redaktion mit. Die Richtlinien sahen auch einen Härtefallfonds vor, dieser sei aber offenbar mit zu hohem Organisationsaufwand verbunden, so Sozialdezernent Andreas Behncke. Ein Aufruf auf der städtischen Homepage und in der Presse habe nicht die erwünschte Resonanz gebracht, von allen direkt von der Verwaltung angesprochenen Vereinen und Instututionen habe man eine Absage erhalten. Eine Interessentin habe ihren Antrag zurückgezogen nach Hinweis auf andere Fördertöpfe.

Lohmarer Soziallotsen verteilen Gutscheine an Bedürftige

Für Einzelfallhilfen gebe es im Rathaus und im Stadthaus bedauerlicherweise keine personellen Ressourcen. Erst nach langer Suche habe die Verwaltung einen Kooperationspartner gefunden, die Soziallotsen, der die Organisation übernimmt. Ein einziges neues Projekt wird realisiert: Die katholische Pfarrgemeinde Sankt Johannes bietet gemeinsam mit der Caritas eine Sozialberatung in Form eines Kontakt- und Beratungscafés an. Dafür gibt es eine Anschubfinanzierung von 3000 Euro.

11.000 Euro fließen in den Härtefallfonds, den die Lohmarer Soziallotsen verwalten. Nach einer vereinfachten Bedarfsprüfung erhalten Hilfsbedürftige Gutscheine. Zum Beispiel für Lebensmittel und Hygieneartikel (Ausnahme Alkohol und Tabalwaren) in Höhe von maximal 100 Euro für eine Einzelperson und 50 Euro für jede weitere Person im Haushalt. Für neue, sparsamere Haushaltsgeräte gibt es maximal 400 Euro pro Groß- und 80 Euro pro Klein-Gerät; für Bekleidung 80 Euro, Brillen 200 Euro; außerdem eine Erstausstattung für Schulkinder. Lohmarer Einzelhändler seien bereit, die Gutscheine anzuerkennen.   

Mit den restlichen 76.000 Euro sollen nun Beiträge für Kindergarten, Kindertagespflege und offene Ganztagsgrundschule für vier Monate, September bis Dezember 2023, übernommen werden. Anspruch darauf hätten Haushalte mit wenig Einkommen, die Einkommensgrenze werde derzeit errechnet, so Behncke. Bis zum 30. September müsse die tatsächliche Verwendung der Mittel feststehen und gegenüber dem Land nachgewiesen werden.   

Den Plan, die inflationsbedingten Mehrausgaben für die Mittagsverpflegung in den Kinderbetreuungseinrichtungen zu finanzieren, habe die Stadt wieder ad acta gelegt. Man hätte mit verschiedenen Cateringfirmen und Tagesmüttern eine Verrechnungsmöglichkeit finden müssen. Dieser  Verwaltungsaufwand wäre unangemessen hoch gewesen. Ingeborg Göllner lobte die Anstrengungen im Rathaus, die Landesgelder ihrem Zweck zuzuführen: „Wir werden doch sonst unglaubwürdig.“

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