Kommentar zum 1. FC KölnBloßgestellt und ohne Trainer

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Christian Keller und FC-Präsident Werner Wolf im Sommertrainingslager in Österreich.

Christian Keller und FC-Präsident Werner Wolf im Sommertrainingslager in Österreich.

Die Kölner Klubspitze hat so lange auf sich selbst vertraut, bis der 1. FC Köln in eine der größten Krisen seiner Geschichte stürzte. 

Der Donnerstag schien der inneren Logik des 1. FC Köln zu folgen, nach der man stets das Richtige tut. Zunächst gab man voller Überzeugung die Trennung von Trainer Steffen Baumgart nach zweieinhalb Jahren bekannt, die allein deshalb als sportlich erfolgreich zu gelten hatten, weil sie sämtlich in der Ersten Bundesliga stattgefunden hatten. Das war in den vergangenen 25 Jahren nicht unbedingt die Regel beim dreimaligen Meister.

Finanziell hat sich der Verein zuletzt dagegen weniger erfolgreich entwickelt, was an einer aus dem Ruder gelaufenen Kostenstruktur lag und daran, dass man zu oft auf die falschen Spieler gesetzt hatte. Teure Irrtümer der sportlichen Leitung haben noch jeden Spitzenklub in die Krise gestürzt. Beim 1. FC Köln ist das nicht anders.

Der aktuelle Vorstand hatte mit der Berufung des Geschäftsführers Christian Keller ein klares Bekenntnis dafür abgegeben, die Fehler der Vergangenheit zumindest nicht wiederholen zu wollen.

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Stattdessen machte man sich an die Sanierung. Bemühte sich um eine neue Kostenstruktur des Kaders, wollte datenbasiert scouten und Personen-unabhängige Konzepte entwickeln. Das war eine Absage an die übliche Kombination aus in der Branche vernetzten Managern, denen ein Mobiltelefon mit 5000 Kontakten genügt, um eine Fußballmannschaft zusammenzustellen. Nun ging es um Datenbanken und Gesprächsprotokolle.

1. FC Köln: Trennung von Steffen Baumgart – Cas bestätigt Transfersperre

Mehr Kontrolle, mehr Transparenz – und ein vernünftiges Kostenmanagement. So lautet das Programm der Kölner, mit dem der Verein in einer Welt erfolgreich sein will, in der nach wie vor Klubmanager und Spielerberater dafür sorgen, dass Fußballprofis zu unvorstellbaren Gehältern heute bei diesem und morgen bei jenem Verein spielen.

Steffen Baumgart war aus dieser schönen Vorstellung eines vernünftigen Vereins in einer verrückten Branche zuletzt mehr und mehr ausgestiegen, weil er nicht bereit war, mit einem seiner Ansicht nach nicht wettbewerbsfähigen Kader an der Bundesliga teilzunehmen. In ihrer Pressemitteilung zur Trennung vom beliebten Trainer deuteten die Kölner an, dass da zwei Philosophien kollidiert waren: Baumgart habe seine Überzeugungen hinterfragt, dafür gelte ihm der größte Respekt.

Weil der Trainer aber offenbar nicht bereit war, sich von seinen Überzeugungen zu trennen und die seiner Bosse anzunehmen, folgte der Abschied. Das klingt logisch, doch für die Verantwortlichen werden nun Monate der Wahrheit anbrechen. Es erfordert von einer nicht gerade erfolgsverwöhnten Führung eine Menge Mut, die einzig verbliebene Identifikationsfigur des Klubs gehen zu lassen. Ob es tatsächlich am Trainer gelegen hat oder doch am so sparsam komponierten Kader, wird sich bald erweisen.

1. FC Köln: Frontalzusammenstoß mit der Realität

Auf anderer Ebene erlebten die Kölner am späteren Donnerstag einen weiteren Zusammenprall ihrer Überzeugungen mit der Realität: Denn der Internationale Sportgerichtshof war zu der Überzeugung gekommen, dass das Fifa-Tribunal mitnichten ein „absurdes Urteil“ getroffen hatte, als das es Christian Keller beschrieben hatte.

Stattdessen ist der FC nun bloßgestellt als Verein, der gegen ein Statut zur Eindämmung des Menschenhandels im Profifußball verstoßen hat. Außerdem war das Urteil ein Schlag gegen die Überlegenheitsfantasien der Verantwortlichen.

Es wird abzuwarten sein, wie die personellen Konsequenzen beim 1. FC Köln aussehen werden. Der 1. FC Köln steht im Dezember 2023 isoliert da, blamiert und bloßgestellt sowie sportlich auf einem Abstiegsplatz – und ohne Trainer. Mit der Strategie, jeden fortzuschicken, der ihre Überzeugungen nicht teilt, werden Vorstand und Geschäftsführung nicht weit kommen.

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