Galeria-RettungWie es bei Karstadt und Kaufhof nun weiter geht

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Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus (v.l.), Unternehmer Bernd Beetz und Galeria-Chef Olivier van den Bossche informieren bei der Pressekonferenz von Galeria Kaufhof über das Ergebnis des Bieterprozesses für Galeria Karstadt Kaufhof.

Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus (v.l.), Unternehmer Bernd Beetz und Galeria-Chef Olivier van den Bossche informieren bei der Pressekonferenz über das Ergebnis des Bieterprozesses für Galeria Karstadt Kaufhof.

Schon in einem Jahr soll die Zentrale aus Essen verlegt werden, doch Köln kann sich kaum Hoffnung machen. Im Gegenteil: Die Sorge um Kaufhof an der Hohe Straße ist groß.

Die Kaufhaus-Retter bemühten sich am Mittwoch in der Essener Zentrale gute Stimmung zu verbreiten. So wirkten Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus, Investor Bernd Beetz und Galeria-Chef Olivier van den Bossche energisch und gut gelaunt. Doch so recht vermochte der Funke nicht überzuspringen. Denn für viele der rund 100 anwesenden Journalisten war es nicht die erste angebliche Galeria-Rettung, die ihnen bei einer Pressekonferenz verkündet wurde.

Für viele der Anwesenden war es mindestens die dritte, als gut verkaufte Rettungsaktion, nach drei Insolvenzen des Handelshauses in knapp weniger als vier Jahren. Und die älteren Reporter können sich noch gut an die Krise und Rettung des Vorgängerunternehmens Arcandor / Karstadt-Quelle erinnern.

Was bringt die diesmalige Rettung? Für die leidgeprüften Mitarbeiter der Warenhauskette mal wieder eine Menge Schmerz. Am härtesten trifft es die Zentrale in Essen. „450 Stellen werden dort abgebaut“, sagte Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus. Das ist jeder zweite Job in Essen.

Standort Essen hat als Zentrale keine Chancen mehr

Branchenkenner begrüßen die Entscheidung für die Zentrale. „Das Service-Center in der Essener Zentrale war noch aus Arcandor-Zeiten aufgebläht für ein viel größeres Unternehmen und bei den bisherigen Sanierungen nicht deutlich genug angepasst worden“, sagte ein Branchenkenner dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Für die verbleibenden 450 Mitarbeiter gibt es auch größere Veränderungen. Die drei Galeria-Köpfe machten auf Nachfrage klar, dass der Standort Essen als Zentrale keine Chancen mehr habe. Dazu, wohin der Umzug geht, wollte niemand eine Aussage machen. Ein Mietvertrag sei noch nicht unterschrieben. 

Essen war traditionell der Sitz von Karstadt. Kaufhof hingegen hatte seine Heimat bis zur Fusion stets in Köln. Große Hoffnungen auf eine Rückkehr der Warenhausketten-Zentrale in die alte Heimat Köln sind aber leider unbegründet. Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ aus dem Umfeld des Unternehmens erfuhr, haben sich Insolvenzverwalter und Investor auf „die Region Düsseldorf“ geeinigt.

Umzug nach Düsseldorf wahrscheinlich

Die Information würde auch gestützt durch die Aussage von Galeria-Chef Van den Bossche, man suche die Nähe zu den eigenen Geschäften. Schließlich sind in Düsseldorf mit dem Kaufhof an der Kö und dem Carschhaus gleich zwei Galeria-Warenhäuser in unmittelbarer Nachbarschaft.

Die neuen Eigentümer sind gewissermaßen auch die alten: NRDC gehört dem Unternehmer Richard Baker, der auch die Mehrheit an der kanadischen Warenhauskette Hudson's Bay Company (HBC) besitzt. HBC war von 2015 bis 2019 Eigentümer von Galeria Kaufhof, dann wurde die Kette mit Karstadt fusioniert. Beetz, Präsident des Fußball-Drittligisten SV Waldhof Mannheim, war von 2018 bis 2019 Aufsichtsratsvorsitzender von Kaufhof. 

Die neue Gesellschaft soll entweder eine GmbH oder eine Kommanditgesellschaft werden. Wie sich die Eigentumsverhältnisse zwischen Baker und Beetz gestalten, wollte Beetz auf Nachfrage nicht sagen. Auch über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Es ist nicht einmal klar, ob überhaupt ein Preis bezahlt wurde, oder ob die Investoren vielleicht nur die Schulden übernommen haben. Laut Insolvenzverwalter Denkhaus liegt jedenfalls die Quote dessen, was die Gläubiger nach Abschluss des Verfahrens noch herausbekommen, im einstelligen Prozentbereich.

Benko-Häuser gelten als besonders gefährdet

Wie es bei den Warenhausstandorten weiter geht, ist wohl noch die größte Unbekannte in der erneuten Rettung. 70 von 90 Kaufhäusern sollen laut dem Vertrag zwischen Gläubigerversammlung und den neuen Investoren erhalten bleiben. Welche es sind, wollte am Mittwoch niemand sagen. 15 sollen Gerüchten zufolge schon feststehen, fünf sind Wackelkandidaten.

Insidern zufolge besonders gefährdet sind Standorte, die dem ebenfalls insolventen Immobilienkonzern Signa des früheren Galeria-Eigentümers René Benko gehören. In den Benko-Häusern sind die Mieten um 50 Prozent höher als in den übrigen Warenhäusern, heißt es aus Branchenkreisen.

Für Köln ist das durchaus eine schlechte Nachricht. Der große Kaufhof an der Hohe Straße gehört zu den Immobilien von Benko. Die dort sehr hohe Miete ist in Köln und der Galeria-Welt längst kein Geheimnis mehr.

Mieten sollen gesenkt werden

Beetz und Denkhaus wollen in den kommenden Wochen mit allen Vermietern Gespräche über eine Senkung der Mieten führen. Laut Insolvenzverwalter spielten die Signa-Immobilien da keine Sonderrolle. Die Standortentscheidungen sollen nun schnell fallen. „Der größte Teil wird noch im April entschieden, nur wenige erst im Mai“, sagte Denkhaus. 

Investor Beetz versuchte Hoffnung zu machen, dass diese Rettung nun besser verlaufe als die vorangegangenen - auch mit dessen eigener Beteiligung. „In der Vergangenheit wurden Fehler gemacht“, sagte Beetz am Mittwoch. Seine Gründe: „Die Struktur ist jetzt anders, und wir haben einen Batzen Cash in das Unternehmen gesteckt. Wir sind einfach besser“, so Bernd Beetz.

Ein Brancheninsider bewertet die aktuelle Sanierung ebenfalls deutlich besser als die vorangegangenen. Zum einen, weil endlich in der Konzernzentrale der Rotstift angesetzt wurde, zum anderen, weil die defizitären Kaufhäuser weg sind. 

Beetz, der am Mittwoch gerne Seefahrtbegriffe benutzte, beschrieb das so: „Alle Schiffe einer Flotte müssen profitabel schwimmen. Vorher drohten leckgeschlagene Boote die ganze Flotte zum Sinken zu bringen.“

Die Mitarbeiter, die Galeria verlassen müssen, sollen durch eine Transfergesellschaft aufgefangen werden, als „Substitut für eine Abfindung“, wie Denkhaus es nannte. 

Unklar ist noch die Rolle, die Bernd Beetz künftig bei Galeria spielen wird. Auf Nachfrage betonte er, Van den Bossche sei der CEO, er sehe sich als Chairman, der beratend zur Seite stehe und die großen Linien setze. Strenggenommen gibt es dieses dem angelsächsischen entlehnte Konstrukt in Deutschland nicht. Hier sind der operative Geschäftsführer und ein ihn kontrollierender Aufsichtsratschef der rechtliche Standard.

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