„Nächste Saison könnte schwierig werden“Das sagt Lukas Podolski über Hectors Abschied und den 1. FC Köln

Lesezeit 8 Minuten
Lukas Podolski mit Fan-Schal im Stadion seines Heimatvereins Gornik Zabrze

Lukas Podolski mit Fan-Schal im Stadion seines Heimatvereins Gornik Zabrze

Im ersten Teil unseres Interviews mit Lukas Podolski spricht der Ex-Nationalspieler über den 1. FC Köln, Steffen Baumgart und Jonas Hector.

Sechs Jahre spielte Lukas Podolski – mit Unterbrechungen – als Profi für den 1. FC Köln, auch die Jugendmannschaften hatte er am Rhein durchlaufen. Seine enge Verbindung zur Stadt und dem Verein ist legendär, auch wenn er schon in mehreren anderen Ländern gespielt hat. Noch mindestens zwei Jahre will der 37-Jährige nahe seiner Geburtsstadt Gliwice für den polnischen Erstligisten Górnik Zabrze spielen. In Polen trafen wir ihn zu einem ausführlichen Gespräch.

Herr Podolski, wie schauen Sie aktuell auf den 1. FC Köln? Wie beurteilen Sie die Entwicklung des Klubs?

Podolski: Sofern möglich, verfolge ich natürlich die Spiele des FC. Ich freue mich, wenn ich die Fans und das Stadion sehe, in dem ich ja auch noch eine Loge habe. Es ist aber nicht so, dass ich extra im Verein Leute anrufe und sie nach allem und jedem befrage. Es besteht aber ein guter Draht zu dem einen oder anderem im Klub. Ganz besonders zur Fanszene. Das war mir immer wichtig, und auch nach meinem Weggang gibt es da weiterhin Kontakt.

Alles zum Thema Lukas Podolski

Der FC hat zwei gute Spielzeiten unter Trainer Steffen Baumgart hinter sich. Aber nun ist die Situation schwierig: Mit Jonas Hector, Ellyes Skhiri und Timo Horn verlassen prägende Spieler den Verein, der zudem von einer Transfersperre bedroht ist. Wie bewerten Sie die Situation?

Das ist ein großer Einschnitt für den FC. Drei ganz wichtige Säulen der Mannschaft fallen bald weg. Gut, Timo Horn wurde im Tor von Marvin Schwäbe abgelöst, aber Timo ist auch eine kölsche Identifikationsfigur, er kennt den Verein und sein Umfeld bestens. Insgesamt verliert der FC schon viel Qualität. Aktuell sehe ich auch keinen Spieler, der Jonas Hector eins zu eins ersetzen und seine Rolle als Kapitän ausfüllen kann. Ein Nachfolger wurde nicht wirklich aufgebaut. Sein Weggang ist ein großer Verlust für den Verein. Ich hoffe, er bekommt im letzten Heimspiel am Samstag gegen die Bayern einen tollen, würdigen Abschied. Jonas hat viel für den FC geleistet und hat den Verein immer und überall toll repräsentiert. Um diese drei Abgänge abzufedern, müsste man eigentlich tief in die Tasche greifen. Aber bekanntlich hat der FC keine großen finanziellen Möglichkeiten, möglicherweise darf er wegen der Transfersperre auch gar keine Transfers tätigen. Es könnte daher gut sein, dass der FC vor einer schwierigen Saison steht.

Mit Lukas Podolski bei Gornik Zabrze:

Haben Sie Verständnis für den Schritt von Jonas Hector, die Karriere zu beenden?

Ich will mich da nicht einmischen. Jonas wird seine Gründe für diesen Schritt haben, er hat seine ihm eigene Sicht auf den Fußball. Ich kann nur von mir sprechen: Ich liebe den Fußball und auch das ganze Drumherum mit vielen schönen, aber vielleicht auch weniger schönen Erlebnissen. Deshalb kann ich mir auch nicht vorstellen, das in naher Zukunft aufzugeben. Fußballprofi zu werden war schon für mich als junger Straßenfußballer in Polen und Bergheim mein großer Traum, für den ich einiges aufgegeben hatte. Ich liebe, was ich mache. Wenn man in Köln oder in Zabrze den Rasen betritt und in diese irre Stimmung eintaucht, dann ist das ein Traum.

Hector hat erklärt, dass er als Fußballprofi nie rundum glücklich war. Können Sie das nachvollziehen?

Druck ist im Profigeschäft immer da. Aber jeder nimmt diesen Druck anders wahr und geht anders mit ihm um. Für mich ist Druck positiv, ich komme damit klar. Ich mag es auch, wenn du in Auswärtsspielen oder Derbys auch mal ausgepfiffen wirst und die Stimmung angespannt ist. Damit hatte und habe ich nie ein Problem.

Hatten Sie nie Bammel vor bestimmten Situationen? Nicht einmal im WM-Viertelfinale 2006 in Berlin, als Sie als gerade 21 Jahr alt waren und gegen Argentinien eine Elfmeter verwandeln mussten – und dies auch taten?

Eigentlich nie. Gut, der Weg zum Punkt war damals verdammt lang (lacht). Hätte man mich damals gefragt, hätte ich die Frage sicherlich auch anders beantwortet. Aber mit zunehmender Reife und Erfahrung wird man lockerer, ich weiß zudem, was ich kann. Ich spüre immer Freude beim Fußball und weniger den Druck.

Sie waren beim FC Profi zu Zeiten, in denen es teilweise drunter drüber ging. Seit ein paar Jahren schwimmt der Klub in ruhigeren Gewässern. Hadern Sie manchmal damit, dass es früher beim FC so viel Unruhe gab?

Das erging ja nicht nur mir so. Auch nach meinen Abschieden ging es ja erstmal beim FC nicht gut weiter. Auch nach meinem Weggang hatte der Verein Probleme und ist mal abgestiegen. Aber es stimmt schon: Ich war zur falschen Zeit am für mich richtigen Ort. Im Verein herrschte fast immer nur ein Kommen und Gehen, es war immer unruhig im Klub. Das ist natürlich schade, denn der 1. FC Köln war und ist mein Verein. Ich hätte natürlich liebend gerne mal mit dem FC im Europapokal gespielt, aber das war mir leider nicht vergönnt.

Sie waren insgesamt 14 Jahre lang Spieler des 1. FC Köln, aber nur sechs Jahre FC-Profi.

Und das hatte mit der Situation des Vereins und meiner persönlichen zu tun. Ich denke, ich habe damals für den FC und in der Nationalmannschaft Leistung gebracht. Man hat nur ein Fußballerleben, man muss Dinge ausprobieren. Der FC hatte mir natürlich alles ermöglicht, von der D-Jugend bis hin zum Profispieler. Doch eine Karriere geht ja auch weiter. Ich hatte als Nationalspieler und WM-Teilnehmer sicherlich ein besonderes Standing beim FC. Doch wenn man dann die Chance erhält, beim FC Bayern und beim FC Arsenal in der Premier League zu spielen, sollte man für meinen Weg schon Verständnis haben. Außerdem hat der FC auch zweimal eine zweistellige Millionen-Ablösesumme für mich erhalten, die dem Klub in schweren Zeiten geholfen haben. Das wird heute oft vergessen.

Sind Sie mit allen Ihren sportlichen Stationen im Reinen?

Absolut. Auch mit der bei Bayern – selbst wenn das einige vielleicht anders sehen. Doch meine Statistiken waren da nicht so schlecht, außerdem habe ich bei Bayern Titel gewonnen. Ich reihe mich da nicht in Flops ein. Ich war damals das erste Mal ernsthaft von Zuhause und meiner Familie weg. Da war der Weg in die Metropole München schon eine Umstellung für mich, die Menschen dort sind von der Mentalität natürlich auch ganz anders als die Kölner. Aber Ich habe auch dort viel gelernt, die Zeit bei Bayern war unter dem Strich auch schön.

Haben Sie FC-Cheftrainer Steffen Baumgart mal kennengelernt?

Nicht den Trainer Baumgart, sondern den Stürmer Baumgart. Ich habe ja selbst noch gegen ihn gespielt (lacht). Steffen holt als Trainer das Maximale aus der Mannschaft heraus. Die Spieler sind bereit, für den Trainer auch die Extra-Meter zu gehen. Steffen verlangt sicherlich viel von den Spielern, lässt ihnen auf der anderen Seite aber auch ihre Freiheiten. Und als Typ passt er natürlich perfekt nach Köln. Er war ja schon als Spieler sehr emotional, und heute ist er sicherlich kein Stück ruhiger geworden. Ich glaube, der Trainer Baumgart und der Spieler Poldi – das wäre schon eine geile Kombi (lacht).

Wissen Sie schon, was Sie nach Ihrer aktiven Karriere machen? Geht es dann dauerhaft zurück nach Köln, und können Sie sich dann auch wieder eine Aufgabe beim FC vorstellen?

Ich weiß nicht, was in ein paar Jahren passiert und wer dann die Ansprechpartner im Klub sind. Im Fußball wechseln die bekanntlich des Öfteren mal. Ich habe keinen Kontakt zum FC, seit dem Weggang von Alex Wehrle ist da Funkstille. Mein langjähriger Berater Nassim Touihri bekam vor ein paar Monaten mal ein Schreiben des Klubs, da ging es um das 75-jährige Bestehen des FC. Aber das war ziemlich unpersönlich. Es soll nicht arrogant klingen: Aber ich habe sicherlich meine Verdienste um den FC, da hätte ich mir schon gewünscht, wenn da mal zumindest versucht worden wäre, den persönlichen Kontakt zu mir zu suchen. Das läuft bei anderen Klubs und ihren Ex-Spielern sicherlich anders. Dabei wäre ich ja krank, wenn ich dem 1. FC Köln, meinem Verein, irgendwie schaden wollte. Aber noch einmal: Ich dränge mich nicht auf, ich bin mit mir absolut im reinen und  habe alles, um glücklich zu sein.

Gibt es denn überhaupt Pläne für eine Rückkehr der Familie nach Köln?

Auch das ist noch offen. Wir haben ein Haus in Köln, Katowice aber auch eines in der Türkei, wo es uns auch sehr gut gefallen hat. Das hängt natürlich auch alles damit zusammen, was ich nach meiner Karriere mache oder wo sich bestimmte Möglichkeiten ergeben.

Gibt es denn eine Aufgabe, die Sie besonders reizt?

Ich mag es, dabei mitzuhelfen, aus einem Verein das Maximum herauszuholen – auf und neben dem Platz. Das macht mir auch hier in Zabrze viel Spaß, denn der Verein zeigt sich offen für Ideen. Die Leute hier wollen, dass ich ihnen helfe. Ich versuche, mit meiner Erfahrung, Energie und meinen Kontakten den Klub voranzubringen. Und das geht hier bisher gut auf.

Lesen Sie hier den zweiten Teil unseres Interviews mit Lukas Podolski, in dem er unter anderem über die deutsche Nationalmannschaft spricht.

KStA abonnieren