Köln – Kaum war es im März dieses Jahres zum ersten Lockdown gekommen, war der Nebenjob von Catherine Hohn weg. Die 26-jährige Jura-Studentin an der Uni Köln hatte bislang ihr Studium über einen Job in der Gastronomie verdient. Sie erhält kein Bafög, die Eltern können sie aber auch nicht unterstützen. „Ich habe immer 80 Stunden im Monat gearbeitet, und fand das auch nicht schlimm“, sagt sie. Doch mit der Pandemie musste auch das Café schließen, in dem sie jobbte. Ein studentisches Darlehen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) erhielt sie nicht, weil sie ihre Zwischenprüfung zu spät abgelegt hatte. Die Überbrückungshilfe für Studierende wurden ihr verweigert, weil sie noch über ein paar Ersparnisse verfügte.
Vor einigen Wochen hatte die Bundesregierung die Nothilfen für Studierende erneuert. Wie bereits von Juni bis September können nun Studierende an einer staatlich anerkannten Hochschule einen Zuschuss von 500 Euro im Monat beantragen. Sie müssen nachweisen, dass sie sich in einer pandemiebedingten Notlage befinden und weniger als 500 Euro auf dem Konto haben. Die Hilfe kann bis März 2021 gewährt werden. Anträge können Studierende bei einem der 57 regionalen Studierendenwerke, in Köln beim Kölner Studierendenwerk, stellen. In der ersten Förderphase, bis Oktober, waren 9600 Anträge eingegangen, von denen 5300 bewilligt wurden. Seit dem 20. November bearbeitet das Werk bereits 1700 Anträge. Angesichts 100 000 Studierender in Köln mutet die Zahl aber eher gering an. Denn immerhin 79 Prozent der Hochschüler sind auf einen Nebenjob angewiesen.
Kein Nebenjob in der Pandemie für Kölner Studenten
Eine von ihnen ist Ronja Bellhoff (22). Sie studiert Biologie an der Uni Köln im dritten Semester und finanziert sich mit Konzerten unter ihrem Künstlernamen Ronja Luka auf Märkten und Feiern, wo sie Popsongs covert. „Mein Vater war Musiker, ich habe schon als Kind gespielt“, sagt sie. In diesem Jahr hatte sie sich viel vorgenommen. Mit anderen Musikern gründete Bellhoff das Bandprojekt Seinerzeit und hat auch an ihrer ersten CD gefeilt. Fast alle Konzerte wurden aber gestrichen. „Der Großteil meiner Arbeit ist weggebrochen.“ Die Nothilfe für Studierende hat sie nicht erhalten, weil sie bereits Geld über das Soforthilfe-Programm für Solo-Selbstständige erhalten hatte.
Bei ihrem Freund Arthur, der mit Nachnamen nicht genannt werden will, ist die Lage noch angespannter. Der 35-Jährige, der sich an der Uni Köln für Englisch eingeschrieben hatte, musste gar sein Studium aufgegeben. Seinen Lebensunterhalt verdient er als Promoter für Agenturen im Messebereich. Seit der Corona-Pandemie fallen Messen aber reihenweise aus. Im Frühjahr hat er daher die Hilfe für Solo-Selbstständige erhalten, nun ist das Geld bald aufgebraucht und er will die November-Hilfe für Selbstständige beantragen. Diese gilt aber nicht für Studenten. „Deshalb habe ich mich nun exmatrikuliert“, sagt er. Für die Überbrückungshilfe für Studierende kommt er daher ebenfalls nicht in Frage. Die beiden Förderungen schließen einander aus. Die Koordinatorin des Landes-Asten-Treffen NRW, Amanda Steinmaus, begrüßt die finanziellen Hilfen für Studierende, kritisiert aber, dass „es so lange dauert, ein bereits seit dem Sommersemester bestehendes Hilfsprogramm wieder aufzunehmen“.
Auch der Vorsitzende des Allgemeinen Studierendenausschuss der Uni Köln, Eugen Esman, übt Kritik. 500 Euro seien zu wenig, um in Köln über die Runden zu kommen. Zudem gingen Studierende leer aus, wenn sie geringe Ersparnisse haben. Für Hochschüler sei es oft nur schwer verständlich, wer und wann welche Unterstützung erhalten könne, so Esman. Neben Kfw-Kredit und Überbrückungshilfen gab es Hilfen für Selbstständige und Geld aus dem Notfallfonds der Uni Köln. „Die Bürokratie ist der volle Wahnsinn“, sagt Esman. Viele Studierende ohne Alternative hätten auf einen Kfw-Kredit zurückgreifen müssen. „Damit treiben wir Studenten in die Schuldenfalle.“
Studenten in prekärer Lage
Einen Grund für die geringen Antragszahlen nennt der Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks, Achim Meyer auf der Heyde, in einem Beitrag des „DSW-Journal“. Bei mehr als der Hälfte der abgelehnten Anträge hätten sich die Studierenden zwar in einer finanziellen Notlage befunden, diese habe schon vor der Pandemie bestanden. Daher habe die auf eine pandemiebedingte Notlage angelegte Überbrückungshilfe hier nicht greifen können. Das eigentliche Problem sei vielmehr, dass die Studienfinanzierung eines Teils der Studierenden in der unteren Mittelschicht an sich prekär sei. Die Eltern seien nicht in der Lage, den Unterhalt zu leisten, der den Studierenden zustehe. „Für diese Studierenden brauchen wir dringend eine strukturelle Reform der staatlichen Studienfinanzierung, des Bafög.“
Das Kölner Studierendenwerk hofft nun, dass die neue Überbrückungshilfe mehr Studierende erreicht. Einerseits seien diesmal auch Erstsemester berechtigt, einen Antrag zu stellen. Zudem soll der bürokratische Aufwand verringert werden. In der ersten Phase hatten Antragsstellende mit Nebentätigkeit darlegen müssen, dass Einkünfte aus Arbeit bedingt durch die Pandemie reduziert wurden oder weggefallen seien. Nun reiche ein Nachweis oder eine Selbsterklärung aus, dass in den letzten zwei Monaten vor Antragstellung der Versuch unternommen wurde, eine Nebenbeschäftigung aufzunehmen.