Köln – Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) hat die aktuell gültigen Kosten von 30 Euro jährlich für einen Anwohnerparkausweis als „lächerlich“ bezeichnet. Im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ sagte Reker: „Es ist doch lächerlich, dass es aktuell nur 30 Euro sind.“ Bei den 30 Euro handelt es sich bislang um eine reine Bearbeitungsgebühr.
Reker betonte, dass noch nicht feststünde, wie viel teurer es werden könnte. Das Mehrheitsbündnis aus Grünen (26 Sitze im Rat), CDU (20) und Volt (4) verhandelt über die Summen und wie sie gestaffelt werden, zumindest in der Diskussion sind maximal 600 Euro für große Fahrzeuge.
Grüne und CDU hatten Reker bei den vergangenen OB-Wahlen unterstützt, zur Summe von 600 Euro sagte sie: „In dieser Stadt wird über vieles gesprochen. Natürlich machen wir uns Gedanken darüber, das Anwohnerparken teurer zu machen.“ Zur Frage, wie viel mehr verträglich ist, sagte Reker: „Manche meinen, es soll ganz viel angehoben werden, manche wollen lieber ganz wenig.“ Sie selbst will es nach der Größe des Fahrzeuges ausrichten.
Mittlerweile dürfen durch eine rechtliche Änderung Städte selbst über die Höhe entscheiden, Freiburg beispielsweise hat die Preise im April nach 29 Jahren ohne Veränderung von 30 auf durchschnittlich 360 jährlich angehoben. Für Autos, die kürzer als 4,21 Meter sind, muss 240 Euro gezahlt werden. Für Fahrzeuge, die länger als 4,70 Meter sind, sind es 480 Euro. Zur Einordnung: Der aktuelle Golf misst laut ADAC 4,28 Meter, ein Besitzer müsste in Freiburg 360 Euro zahlen, ein BMW X7 hat als SUV rund 5,18 Meter (480 Euro), ein Smart kommt auf 2,70 Meter und damit 240 Euro.
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Angesichts der Energiekrise sagte Reker aber auch: „Wir müssen gerade ganz gründlich darüber nachdenken, womit wir Menschen aktuell belasten wollen und können.“ Deshalb hatte Grünen-Fraktionschefin Christiane Martin die Gebührenerhöhung ziemlich konkret erst für 2024 angekündigt.
Volt: Verkehr sorgt für Anspannung im Bündnis
Das Thema Anwohnerparken sorgt im Bündnis wie so viele andere Verkehrsthemen für Konflikte. Volt-Fraktionschefin Jennifer Glashagen sagt: „Wir wussten von Anfang an, dass das Thema Verkehr im Bündnis für Anspannung sorgt.“
Zuletzt hatte die CDU im Verkehrsausschuss gegen geplante Projekte der Grünen gestimmt, das kam nicht gut an. Martin hatte gesagt: „Wenn ein Bündnispartner des Öfteren Mehrheiten jenseits des Bündnisses sucht, dann wird die Zusammenarbeit auf Dauer natürlich schwierig.“ Es ist eher unüblich im Bündnis, dass eine Uneinigkeit derart öffentlich ausgetragen wird.
CDU-Chef: Keine Belastung für das Bündnis
CDU-Fraktions- und Parteichef Bernd Petelkau wiegelt ab: „Unser Bündnisvertrag erlaubt uns nach Voranmeldung ein unterschiedliches Abstimmungsverhalten. Daher ist dies keine Belastung für unser Bündnis.“ Der gemeinsame Beschluss zum Doppelhaushalt für die nächsten beiden Jahre zeige, dass man weiter zusammenarbeiten wolle.
Trotzdem konnte dem Vernehmen nach auch die Chefrunde der drei Partner vor dem Verkehrsausschuss keinen Kompromiss finden, nachdem die Arbeitsgruppe Verkehr sich nicht geeinigt hatte. Aus der CDU-Fraktion ist zu hören, dass es wichtig gewesen sei, mal „einen Pflock einzuschlagen“. Der Vorgang sei schon „außergewöhnlich“ gewesen.
Glashagen sagt: „Wichtig ist für uns, dass wir unsere gemeinsamen Ziele im Bündnisvertrag nicht aus den Augen verlieren, beispielsweise null Verkehrstote. Dafür müssen wir den Verkehr in Köln beruhigen.“
Gruppe aus der CDU macht Druck
Zusätzlichen Druck auf Petelkau, die Fraktion und das Bündnis macht die innerparteiliche CDU-Opposition namens „Zukunft jetzt“: Sie fordert eine Trennung von Partei- und Fraktionsvorsitz, damit die CDU ihr Profil stärker schärfen kann und nicht wie zuletzt viermal in Folge bei Wahlen teils historisch schlecht aussieht. „Zukunft jetzt“ bezeichnete das Abstimmungsverhalten der CDU im Ausschuss als „Befreiungsschlag“ und urteilt: „Es zeigt sich, dass es sich lohnt, auch mal nein zu sagen.“
Zudem greift die Initiative den grünen Bündnispartner und deren Chefin Christiane Martin aufgrund deren Aussagen im Podcast „Talk mit K“ verbal an. Martin hatte unter anderem gesagt: „Die CDU ist klar beim Auto, wir sind klar beim Fahrrad und für die Mobilitätswende.“
Grüne wollen Fokus weg vom Auto
Das „Zukunft-jetzt“-Team um Chef Karl Alexander Mandl schreibt daraufhin, dass Martin sich „unterkomplex im Rad-Auto-Dualismus verfange“, sie würde Klischees verbreiten, antiquiert und schwarz-weiß denken sowie Klientelpolitik betreiben.
Die Grünen wollten sich inhaltlich zu den Vorwürfen nicht äußern, weil es sich um partei-interne Auseinandersetzungen der CDU handele. Die Aussagen im Interview bekräftigte Martin und sagte noch: „Gerade in Mobilitätsfragen braucht Köln dringend eine kluge, gut abgestimmte Modernisierung, weg vom alten Fokus auf das Auto, hin zu einem Fokus auf eine klimagerechte Infrastruktur basierend auf ÖPNV, Fuß- und Radverkehr.“
Das Tempo bei diesem Umbau habe man erhöht. „Über einzelne Schritte der Kölner Mobilitätswende setzen wir uns mit unseren Bündnispartnerinnen auch kontrovers auseinander, insbesondere mit der CDU-Fraktion.“
CDU diskutiert über Verkehr auf einem Parteitag
Am 7. November beschäftigt sich die Kölner CDU auf einem Parteitag mit der Verkehrspolitik, laut Petelkau sind es die ersten Vorbereitungen auf die Wahl 2025 und die „Anforderungen einer modernen Mobilitätswende“. Mandl und seine Kollegen, bislang bei jeder parteiinternen Wahl unterlegen, erwarten dort den „Unmut der Basis über die aktuelle Verkehrspolitik des Ratsbündnisses“.