PhantasialandSpitze Schreie nerven die Anwohner

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Manche Anwohner am Ulmen-und am Ahornweg können weder den Geräuschen noch demBlick auf die Attraktion ausweichen, wenn sieihre Gärten betreten.

Manche Anwohner am Ulmen-und am Ahornweg können weder den Geräuschen noch demBlick auf die Attraktion ausweichen, wenn sieihre Gärten betreten.

Brühl-Badorf – Der Pflaumenkuchen lockt. Heißer Kaffee und kühles Zitronenwasser versprechen einen gemütlichen, sommerlichen Nachmittag auf der Terrasse der Familie Müller / Flammann am Ahornweg in Brühl-Badorf. Eine Markise spendet Schatten. Nachbarn, etwa Josef Mettelsiefen und Ciska Verweel, gesellen sich hinzu.

Hübsch bepflanzte Kübel schmücken den geschmackvoll angelegten Garten. Schmetterlinge fliegen um den wilden Flieder herum, Vögel sitzen in den Sträuchern. Ihr Gezwitscher ist kaum zu vernehmen - geht in einer monotonen Geräuschkulisse, die an das sommerliche Treiben in einem Schwimmbad erinnert, unter.

Was genau diesen Lärm im reinen Wohngebiet von Badorf verursacht, wird in diesem Garten durch eine dichte Kirschlorbeer-Hecke nahezu verdeckt. Mit dem Freudentaumel im kühlen Nass eines Freibades hat das fröhliche Gekreische nur am Rande zu tun.

An den Wasserpistolen

Vielmehr handelt es sich um „Wakobato“, die neue interaktive Wasserattraktion im Phantasialand. In kleinen Gruppen sitzen Besucher des Freizeitparks in einem auf Schienen fahrenden Boot auf dem Mondsee und lösen durch Spritzer aus der Pistole Wasserfontänen aus. Gelingt dies, ist die Freude der zielsicheren Schützen groß, das „zeitgleiche Leid der Anwohner ebenfalls“, sagt Dr. Michael Müller, der gemeinsam mit seiner Frau Gudrun Flammann und all den anderen Anliegern täglich in den Genuss dieses spielerischen Erfolgs kommt.

Mettelsiefen erzählt von seinen jüngsten Kurzreisen nach Oberhausen und Bremerhaven. Verweel greift zum Wasserglas, gerade kommt sie von einem Ausflug an den Rhein zurück, und während sie noch erläutert, warum sie mit ihren Kindern täglich zur Erholung nach Rodenkirchen „flüchtet“, lassen ein gellender Schrei und lautstarke Jääääh-Rufe die Zuhörer aufschrecken.

Volltreffer. Die Fontäne ist ausgelöst. Müllers Lärmpegelmesser zeigt auf dem Display 69,9 Dezibel. Das entspricht etwa einem Rasenmäher oder einer Baumaschine.

Der Rest des Verweel'schen Satzes geht im Freudengeschrei der Phantasialand-Besucher unter. Allerdings muss die impulsive Brühlerin den Satz auch gar nicht komplettieren, jeder am Tisch weiß nun, warum sie sich an sonnigen Tagen - wann immer es geht - eine Auszeit nimmt und an den Rhein fährt. „Auf meiner Terrasse ist es einfach zu laut, das kann man nicht aushalten“, sagt sie und schon naht das nächste Gebrüll.

Gerne entspannt sich Gudrun Flammann am Wochenende mit einem guten Buch in ihrer Hollywood-Schaukel. „Das ist vorbei. Kommen diese spitzen Schreie, ist man raus. Ich kann mich einfach nicht mehr darauf konzentrieren“, beklagt sie.

Sonntags, feiertags und in der Mittagszeit - Anwohner des Phantasialands hätten keine Ruhezeiten mehr, moniert Müller. Dabei würden sie selbst alle akribisch darauf achten, in diesen Zeiten keinen Lärm zu machen. „Hier würde niemand auf die Idee kommen, mittags Rasen zu mähen“, sagt Mettelsiefen. Damit folge man unter anderem auch dem Paragrafen 14 der Brühler Straßenordnung, demzufolge „in Wohngebieten in der Zeit von 13 bis 15 Uhr jede Tätigkeit untersagt ist, die mit besonderer Lärmentwicklung verbunden ist und die allgemeine Ruhezeit stören könnte“. Zudem ist in dieser Straßenordnung auch festgelegt, dass „lärmende Geräte und Maschinen“ an Sonn- und Feiertagen nicht eingesetzt werden dürfen. Absatz zwei des Paragrafen 14 räumt zwar ein, dass landwirtschaftliche und gewerbliche Tätigkeiten von dieser Regelung ausgenommen sind, die Anwohner in Badorf und die Mitglieder des Brühler Vereins Bovivo, der sich dem Kampf gegen Umweltverschmutzung durch Lärm verschrieben hat, wollen dies jedoch nicht hinnehmen und klagen bekanntlich gegen die Brühler Stadtverwaltung, die die Genehmigung zum Bau von „Wakobato“ erteilt hat. Verhandelt wird am 23. September.

Es ist 17.55 Uhr. Offenbar hat eine größere Gruppe Jugendlicher in mehreren Booten einen Platz ergattern können. Für einen kurzen Moment wird es fast ruhig, vermutlich bedarf der erfolgreiche Schuss doch der vorherigen Konzentration. Getroffen - „juhu“ - die Freude will kein Ende nehmen.

In der Kaffeerunde schüttelt man den Kopf und wartet geduldig ab, bis der Lärm abebbt. Bis zur Schließung des Freizeitparks um 20 Uhr wiederholt sich das Ritual „aufschrecken - abwarten - entspannen“ noch etwa ein Dutzend Mal. Das Geräusch der vielen abfahrenden Autos ist fast angenehm. Der Pflaumenkuchen hat dennoch gut geschmeckt.

Parkdirektor Ralf-Richard Kenter möchte sich zu diesen Beobachtungen im Augenblick nicht äußern. Er wartet vielmehr den Gerichtstermin am 23. September ab, bei dem das Lärmgutachten vorliegen und das Gericht Stellung beziehen wird. Die Probleme seien nicht neu, jedoch seien die Parkbetreiber immer um eine gute Nachbarschaft bemüht gewesen und seien dies auch in Zukunft, so Kenter.

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