Kommentar zum tödlichen Unfall im PhantasialandEs gibt kein Rezept im Umgang mit Unglücken

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Auf dem Foto ist die Achterbahn „Taron“ im Phantasialand zu sehen.

An der Achterbahn „Taron“ ereignete sich der tödliche Unfall.

Ein Mensch stirbt. Angehörige trauern, bangen um ihre wirtschaftliche Existenz. Und der Freizeitpark öffnet wie geplant nach der Winterpause.

Leider war es wieder eine Woche, in der das Sterben im Mittelpunkt stand. War es in der Vorwoche die entschlossene Suche von Familie Sauerborn nach demjenigen, der ihren Sohn Alexander vor einem Jahr in Wesseling überfahren und dabei tödlich verletzt hat, so stand in den vergangenen Tagen der Tod eines Mitarbeiters des Phantasialand in Brühl im Zentrum der Berichterstattung.

Er wurde bei Wartungsarbeiten von einem Waggon der Achterbahn „Taron“ getroffen und schwer am Kopf verletzt – und starb noch im Freizeitpark. Das Fahrgeschäft gehört zu den schnellsten in seiner Kategorie, erreicht es doch in der Spitze eine Geschwindigkeit von 117 km/h.

Der tödlich Verunglückte hinterlässt eine Frau und eine Tochter

Sascha heißt der Mann, der an einem Ort, an dem sich Jahr für Jahr Hunderttausende vergnügen und eine Auszeit vom Alltag genießen, sein Leben lassen musste. Er wurde 43 Jahre alt, hinterlässt eine Frau und eine Tochter. Das war zwei Tage nach dem Unglück zu erfahren, weil Angehörige auf einer Online-Plattform um Spenden für die Hinterbliebenen bitten. Nach dem Tod des 43-Jährigen und dem Wegfall seines Gehalts drohten wirtschaftliche Schwierigkeiten. Dieser Aufruf hat so viele Menschen berührt, dass innerhalb von 48 Stunden rund 16 000 Euro gespendet worden waren.

Sein Leben, schreiben die Angehörigen, sei das Phantasialand gewesen, die Achterbahn „Taron“ sein Baby. Jede Schraube habe er gekannt. Warum diese Vertrautheit und alles Wissen – auch um die Gefahren – das Unglück am Montag im Freizeitpark nicht verhindert haben, müssen nun Arbeitsschützer untersuchen: An welcher Stelle haben Sicherungsmaßnahmen nicht gegriffen? Wer war dafür verantwortlich? Welche Konsequenzen müssen für derartige Wartungsarbeiten künftig gezogen werden?

24 Stunden nach dem Unglück äußerte sich das Management

Das Management des Freizeitparks hat 24 Stunden nach dem Tod seines langjährigen Mitarbeiters über die sozialen Netzwerke eine Stellungnahme gepostet, fast zeitgleich ging eine nahezu gleichlautende Pressemitteilung an die Medien. Darin ist von „Fassungslosigkeit“, „tiefer Trauer“ die Rede, und davon, man sei „mit dem Herzen bei der Familie unseres Kollegen“.

Abschließend folgt eine weitere Information: dass das Phantasialand wie geplant am 28. März eröffnen werde. Dann endet die Winterpause, und die Fahrgeschäfte drehen sich wieder.

Der Freizeitpark ist ein Wirtschaftsbetrieb: The show must go on. Und da die Arbeitsschützer keine Notwendigkeit sahen, ihn für ihre Untersuchungen über mehrere Tage zu sperren, gab es im Management offenbar keine Bedenken, drei Tage nach diesem schrecklichen Ereignis zum Alltag zurückzukehren.

Ich erinnere an einen – wenn natürlich etwas anders gelagerten – Fall: Als Samuel Koch 2010 bei „Wetten ... dass?“ beim Versuch, auf Stelzen mehrere hintereinander aufgestellte Autos zu überspringen, stürzte und bewusstlos liegenblieb, entschied sich das ZDF, die Sendung nicht fortzusetzen, da alle unter Schock standen.

Am Eröffnungstag war der Andrang aufs Phantasialand groß

Ich erinnere mich aber auch an das Spiel zwischen Dänemark und Finnland bei der Fußball-Europameisterschaft 2021: Der dänische Spieler Christian Eriksen brach in der ersten Halbzeit zusammen und blieb regungslos auf dem Rasen liegen. Die Partie wurde nach Wiederbelebungsversuchen fortgesetzt. Erst später erfuhren Fans und Spieler, dass Eriksen überlebt hat.

Es gibt kein Rezept im Umgang mit Unglücken. Fakt ist: Vor dem Phantasialand bildeten sich am Donnerstag lange Schlangen.

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