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Flut-Katastrophe im Ukraine-KriegTon-Mitschnitt soll russische Sabotage des zerstörten Kachowka-Staudamms beweisen

Lesezeit 4 Minuten
Kachowka-Staudamms am Dienstag, 6. Juni: Der wichtige Staudamm in der Region Cherson wurde zerstört und ukrainische Gebiete mit Wasser geflutet. Eine Ton-Aufnahme soll nun eine russische Sabotage beweisen.

Kachowka-Staudamms am Dienstag, 6. Juni: Der wichtige Staudamm in der Region Cherson wurde zerstört und ukrainische Gebiete mit Wasser geflutet. Eine Ton-Aufnahme soll nun eine russische Sabotage beweisen.

Der ukrainische Sicherheitsdienst SBU veröffentlichte eine Ton-Aufnahme – ließ der Kreml den Kachowka-Staudamm zerstören?

Neue Details nach Zerstörung des Kachowka-Staudamms? Der Sicherheitsdienst der Ukraine (SBU) hat am Freitag neue Audio-Mitschnitte vorgelegt, die beweisen sollen, dass Russland für Sabotage und den Dammbruch des Kakhovka-Staudamms verantwortlich sein soll: „SBU-Abhörung bestätigt, dass das Kraftwerk Kakhovka (dt: Kachowka, d. Red.) von einer Sabotagegruppe der Bewohner gesprengt wurde“, schrieb der SBU zu dem Tweet und dem geteilten Audio-Mitschnitt. Die Echtheit der Tonaufnahme ließ sich bislang nicht unabhängig überprüfen.

Der Staudamm und das Kraftwerk Kachowka wurden am Dienstag, 6. Juni, zerstört, mutmaßlich durch russische Saboteure im Ukraine-Krieg, um eine mögliche Gegenoffensive der Ukraine zu verlangsamen. In Folge des Dammbruchs mussten tausende Bewohnerinnen und Bewohner ihre Häuser verlassen, mindestens 14 Menschen kamen ums Leben. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und zahlreiche internationale Politikerinnen und Politiker verurteilten den Dammbruch massiv und vermuteten Russland hinter der Zerstörung.

Ukrainischer Sicherheitsdienst veröffentlicht Ton-Aufnahme – ließ der Kreml den Kachowka-Staudamm zerstören?

Der ukrainische Sicherheitsdienst SBU hat nun, drei Tage nach der Katastrophe, die neue Ton-Aufnahme veröffentlicht. Zu hören sind zwei Personen, mutmaßlich russische Soldaten, die sich auf Russisch unterhalten und über den zerstörten Staudamm sprechen. Sie sprechen über ein Video, das mit dem Messenger-Dienst Telegram verbreitet wurde und offenbar einen Soldaten zeigt, der bis zu den Knien im Wasser steht.

Die Überflutungen am Tag nach dem Bruch des Kachowka-Staudamms in der ukrainischen Region Cherson am Fluss Dnipro.

Die Überflutungen am Tag nach dem Bruch des Kachowka-Staudamms in der ukrainischen Region Cherson am Fluss Dnipro.

Zu hören ist dann: „Meint er diesen Staudamm, der zerstört wurde?“, fragt die erste Person, „ja genau“, antwortet die Zweite. „Das Hauptproblem ist halt, dass dieses Wasserkraftwerk irgendeinen Atomreaktor kühlt“, sagt Person Zwei dann, „Gut so, selbst schuld. Explodiert und fertig!“, erwidert Person Eins.

Dann klärt Person Zwei offenbar auf: „Ne, das haben unsere (Anm d. Red: russische Soldaten) gemacht. Das waren nicht ihre.“ „Sicher? Unsere? Alle meinten, das waren die Ukrainer“, fragt Person Eins nach. Aber Person Zwei ist sich in dem Gespräch sicher: „Ne, unsere haben geschossen. Das dort ist unser Sabotageteam. Sie wollten mit diesem Damm einschüchtern. Und am Ende lief es nicht nach Plan, sondern mehr als sie geplant hatten.“

Vasyl Malyuk, Chef des ukrainischen Sicherheitsdiensts SBU (Archivbild)

Vasyl Malyuk, Chef des ukrainischen Sicherheitsdiensts SBU (Archivbild)

Der ukrainische Sicherheitsdienst SBU, sieht in dem mitgeschnittenen Ton einen Beweis für russische Sabotage an dem Staudamm. „Mit der Sprengung des Damms des Wasserkraftwerks Kachowka hat die Russische Föderation endgültig bewiesen, dass sie eine Bedrohung für die gesamte zivilisierte Welt darstellt. Schließlich kann nur ein wahrer Terrorstaat eine von Menschen verursachte Umweltkatastrophe dieses Ausmaßes verursachen“, wird SBU-Chef Vasyl Malyuk in der dazu veröffentlichten Mitteilung zitiert. Die Aufnahmen und Angaben konnten bislang nicht unabhängig geprüft werden.

Kachowka-Damm: Wasser im Stausee sinkt – Überschwemmung in Region Cherson

Nach der Zerstörung des Kachowka-Damms im Kriegsgebiet Cherson ist die Lage weiterhin prekär. Auch am Freitag sinkt der Wasserstand im Stausee weiter. Seit der Katastrophe am Dienstag sei der Stand um fast fünf Meter auf 11,7 Meter Stand Freitagmorgen gesunken, teilte der staatliche Wasserkraftwerksbetreiber Ukrhydroenergo in Kiew mit. Das Wasser sinke um etwa einen Meter innerhalb von 24 Stunden.

Das Staatsunternehmen wies auch darauf hin, dass die bisher nicht komplett eingestürzte Staumauer weiter berste. Ziel sei es nun, in den oberhalb der Kachowka-Station gelegenen Stauseen das Wasser des Dnipro zu stauen, um Reserven für den Sommer zu haben.

In dem von der Ukraine kontrollierten Teil des Gebiets Cherson sank indes das Hochwasser um 20 Zentimeter im Vergleich zum Vortag, wie der ukrainische Militärgouverneur des Gebiets, Olexander Prokudin, mitteilte. Der Pegel zeigte am Freitag 5,38 Meter an. 32 Ortschaften und mehr als 3600 Häuser stünden unter Wasser. Mehr als 2000 Menschen und Hunderte Tiere seien in Sicherheit gebracht worden. Prokudin rief die Menschen auf, ihre überschwemmten Häuser zu verlassen. Das Ausmaß der Schäden ist gewaltig, auch riesige Getreidesprecher wurden durch den Dammbruch zerstört.

Der Sekretär des Rats für nationale Sicherheit und Verteidigung, Olexij Danilow, verglich die Zerstörung des Staudamms angesichts der katastrophalen Folgen mit dem „Einsatz einer taktischen Atomwaffe“. Er machte im ukrainischen Radio Kremlchef Wladimir Putin persönlich für das Kriegsverbrechen verantwortlich. „Solche Entscheidungen werden nur im Kreml getroffen und nur von Putin“, sagte Danilow. Russland wies bislang alle Vorwürfe über den Kreml-Sprecher Dmitri Peskov zurück. (mit dpa)