Forscherpreis für HistorikerAuf den Spuren der Franken

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Karl Ubl erforscht königliche Anordnungen.

Karl Ubl erforscht königliche Anordnungen.

Köln – Es waren Gesetzen, durch die über Jahrhunderte ein mächtiges Reich regiert wurde: Die Kapitularien waren Anordnungen der fränkischen Könige, mit deren Hilfe militärische, kirchliche, aber auch zivile Angelegenheiten geregelt wurden. Karl der Große und Ludwig der Fromme erließen zwischen den Jahren 780 und 840 die meisten der 300 heute noch erhaltenen Gesetze. Manche stammen aber aus dem 6. Jahrhundert. Die Verordnungen regelten etwa, wie viel Bußgeld ein Räuber zahlen musste, der einen Reisenden überfallen hatte. Oder wie ein Embargo der Franken gegenüber den Slawen durchgesetzt werden sollte.

Mit einem Forschungsvorhaben zur "Edition fränkischer Herrschererlasse" will der Historiker Karl Ubl die größte systematische Sammlung der Kapitularien anlegen. Dafür hat der Professor, der an der Kölner Universität lehrt, von der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und Künste 5,28 Millionen Euro erhalten. Der 40-Jährige lehrt seit 2011 als Professor für mittelalterliche Geschichte mit Schwerpunkt Früh- und Hochmittelalter an der Uni Köln. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Geschichte der politischen Theorie, die Bildungsgeschichte im Spätmittelalter sowie die Rechtsgeschichte im Frühmittelalter.

Projekt ist auf 16 Jahre angelegt

Ubl will mit fünf Mitarbeitern die Gesetze sichten, digitalisieren und zu einem Archiv zusammenstellen. Erscheinen soll auch eine Printausgabe in mehreren Bänden. "Damit werden die Kapitularien des Frankenreichs erstmals vollständig dokumentiert und langfristig für die Forschung zugänglich gemacht", sagt Ubl. Das Projekt ist auf 16 Jahre angelegt.

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Zu den Forschungsproblemen gehört, dass es keine Originale der Kapitularien gibt, sondern nur Abschriften und Kopien, die in Sammlungen aufgenommen wurden. Unklar ist oft, wer sie erlassen hat, aus welcher Zeit sie genau stammen und ob sie im gesamten Reich gültig waren. Manche Historiker gehen davon aus, dass die Kapitularien erst zu gültigem Recht wurden, nachdem sie vor Ort verkündet worden waren. Ubl will erforschen, wie die königlichen Regeln in den Provinzen umgesetzt wurden. Das könnte Aufschluss darüber geben, wie das Leben im Frankenreich geregelt war.

Zu den bekanntesten Kapitularien gehört die Capitulare de vilis, in der festgelegt wurde, welche Obstbäume und Nutzpflanzen in den königlichen Krongütern vorhanden sein sollten. Genannt werden 73 Nutzpflanzen einschließlich Heilkräutern sowie 16 unterschiedliche Obstbäume - von Estragon über Katzenminze bis hin zu weißem Senf. Historiker glauben, dass Karl, der ständig durch das Reich zog, mit der Verordnung die Versorgung seines Hofes sicherstellen wollte. Mit dem Gesetz war aufgelistet, was im Hof produziert werden musste, wie viele Schweine, Tischtücher und Trinkbecher vorhanden sein sollten.

Der Preis für Ubl kommt zu einer Zeit, in der die Franken im Fokus von Geschichtsfreunden stehen. Denn am 28. Januar jährte sich der Todestag des wichtigsten fränkischen Herrschers, Karl der Große, zum 1200. Mal. Er gilt auch als hervorragender Verwalter seines Reichs: Er versuchte Sprache, Kalender, Steuern und Bildung von der Elbe bis Nordspanien zu vereinheitlichen. Die Kapitularien, die seit seiner Regierungszeit so heißen, passen da gut ins Bild.

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