Fahrradkurs für FrauenDarum lernt eine Leverkusener Mutter im Erwachsenenalter Radfahren

Lesezeit 3 Minuten
Ein Mann spricht mit einer Frau auf einem Fahrrad

Uwe Witte erklärt Ursula Kadessy die Funktionen von Verkehrsschildern.

Der Frauenring Leverkusen bietet gemeinsam mit dem ADFC einen Radfahrkurs für Frauen an. Ursula Kadessy nimmt aus einer besonderen Motivation heraus teil. 

Samstagmorgen, Zeit für eine Unterrichtsstunde in Sachen Fahrradfahren. Dafür geht es aber nicht in die Schule und die Lernenden sind auch keine Kinder. Liesel Herkenrath vom Frauenring Leverkusen und Uwe Witte, zweiter Vorsitzender des ADFC Leverkusen, warten auf dem Verkehrsübungsplatz in Opladen. Seit sechs Jahren bieten der gemeinnützige Verein und der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club e. V. (ADFC) kostenlose Kurse an. Damals waren die Einheiten für geflüchtete Frauen vorgesehen, da diese in ihrem Heimatland oft nicht die Chance hatten, Fahrradfahren zu lernen. 

Hier wird man von seinem Mann unabhängig und kann ihm auch davonfahren
Liesel Herkenrath, Frauenring

„Gerade den ausländischen Frauen gibt das auch ein Stück Selbstbewusstsein, weil in den Herkunftsländern versucht wird, sie in traditionellen Rollen zu halten. Hier wird man von seinem Mann unabhängig und kann ihm auch davonfahren“, sagt Liesel Herkenrath. Die ehemalige Lehrerin half lange in Notunterkünften aus. Vor ein paar Jahren erfuhr sie auf diesem Weg von dem Wunsch einiger Frauen, Fahrrad fahren zu können. Schnell war für Herkenrath klar: Diesen Frauen muss geholfen werden. 

Fragebogen zu Beginn

Mittlerweile richtet sich der Fahrradkurs nicht mehr nur an Geflüchtete, sondern an alle Frauen, die Fahrrad- oder E-Bikefahren lernen oder ihre Kompetenzen auffrischen möchten. Mittels eines Fragebogens vergewissern sich Herkenrath und Witte, auf welchem Stand sich die Teilnehmerinnen befinden. Je nachdem, welche Defizite vorhanden sind, passt Witte die Übungen an. An diesem Samstagmorgen ist der Fahrradkurs nicht gut besucht. Zehn Plätze wären frei, gekommen ist nur Ursula Kadessy. Der Vorteil: Privatunterricht für sie. Kadessy kann noch nicht Rad fahren, also beginnt Uwe Witte erst einmal mit Gleichgewichtsübungen. 

Ursula Kadessy soll sich auf das Fahrrad setzen und die Beine anheben. Das ist schwierig, aber sie lernt schnell. Nach einer halben Stunde prognostiziert der ADFC-Lehrer: „So wie sie das Gleichgewicht hält, dürfte sie nach diesem Tag Fahrrad fahren können.“ Später soll sich Kadessy am Laufrad probieren und ein paar Runden auf dem Übungsplatz fahren. Das hilft nicht nur dem Gleichgewichtssinn, sondern es macht auch viel Spaß.

Zwei Menschen mit Fahrrädern auf dem Verkehrsübungsplatz

Lise Herkenrath und Uwe Witte würden sich freuen, noch mehr Frauen auf dem Verkehrsübungsplatz in Opladen zu begrüßen.

In Deutschland lernen die meisten Kinder spätestens im Grundschulalter Fahrrad fahren. Für Ursula Kadessy hingegen ist es auch nervenzehrend. „Das macht Spaß, aber ich bin auch nervös, wenn ich etwas nicht schaffe. Es ist anstrengend Fahrrad fahren zu lernen, aber ich will das unbedingt“, so Leverkusenerin.

Leverkusenerin lernt für ihre Kinder Rad fahren

Mit dem Fahrrad könnte Kadessy dann zur Arbeit oder zum Einkaufen fahren, sie wäre unabhängiger und würde auch ihrem Körper etwas Gutes tun. Vor kurzem habe es einen Schlüsselmoment gegeben, der sie endgültig dazu veranlasst habe, zu der Übungsstunde zu gehen. „Mein Kind wollte, dass wir eine Fahrradtour machen und ich konnte nicht“, sagt Ursula Kadessy, die ursprünglich aus dem Kongo kommt, „ich mache das für die Kinder und für mich selbst.“

Schon nach anderthalb Stunden sitzt Kadessy im Sattel: Sie soll erst einmal nur eine Anhöhe herunterrollen und das Gleichgewicht halten. „Immer schön nach vorne schauen“, gibt Uwe Witte Anweisungen von der Seite. Heute geht es nur um das technische Fahren, das Zurechtfinden im Straßenverkehr wird noch folgen. Immerhin stelle dies laut Uwe Witte heutzutage eine Herausforderung dar, im Straßenverkehr werde immer weniger Rücksicht genommen. „Man muss auf die Fehler der anderen aufpassen und defensiv fahren – schließlich haben wir keine Knautschzone“, so der ADFC-Tourguide. 

Auch, wenn das Radfahren an diesem Samstag schon gut funktioniert hat, wird Ursula Kadessy in zwei Wochen wieder am Unterricht teilnehmen. Immerhin möchte sie sich bald den Wunsch einer Radtour an den Rhein mit ihren Kindern erfüllen können.


Der kostenlose Fahrradkurs für Frauen, egal ob Neueinsteigerin, Auffrischerin oder E-Bikerin, findet bis Oktober jeden ersten und dritten Samstag von zehn bis 13 Uhr auf dem Verkehrsübungsplatz in Opladen, Robert-Koch-Straße 33, statt.

www.frauenring-leverkusen.de/fahrradkurse

KStA abonnieren