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Dritter Tag der SommertourIn Bensberg haben sie Angst vorm Kahlschlag

Lesezeit 4 Minuten

Kamille und Co: Hier blühen Ökopunkte fürs städtische Konto. Irmgard Tatter vom Umweltamt freut’s.

  1. Unsere mobilen Reporter waren zum dritten Mal für unsere Sommertour unterwegs.
  2. Dieses Mal gab es Ärger über Baumfällungen in der Schloßstraße, einen künstlichen Hubbel und eine ewige Baustelle.

Rhein-Berg – Bopp-bopp, Bopp-bopp, Krächzzz. Direkt neben einer Verkehrsberuhigungsschwelle steht die mobile Redaktion an der Bensberger Schloßstraße. Und jedes dritte Auto setzt auf dem künstlichen Hubbel auf. „Viel zu hoch, das Ding“, wettert ein Autofahrer, ein Radler erzählt, an der Schwelle fast die Zähne verloren zu haben.

„Wegen vielleicht zehn Prozent, die zu schnell fahren, gibt’s den Hubbel – und 90 Prozent werden dadurch bestraft“, sagt Händler Georg Daubenbüchel, dessen Geschäft direkt an der Verkehrsberuhigungsschwelle liegt. Besser wäre doch eine LED-Anzeige, die Autofahrern ein lachendes Gesicht anzeigt, wenn sie langsam genug fahren, und ein ärgerliches, wenn sie zu schnell sind. Eine Aktion, die die CDU politisch durchsetzen will, wie deren sachkundiger Bürger im Verkehrsausschuss, Wolfgang Maus, sagt: „Der Hubbel muss weg.“

Kritik an der Neugestaltung der Bensberger Fußgängerzone

Für Gerhard Schüller ist nicht nur der Hubbel ein Problem, sondern er kritisiert die gesamte geplante Neugestaltung der Bensberger Fußgängerzone: „Dem Einzelhandel, der es schwer genug hat, werden die Parkplätze entzogen. Die Freitreppe ist völlig überdimensioniert, und ich weiß auch nicht, was diese beige-braune Farbgebung des neuen Pflasters mit Bensberg zu tun haben soll.“

„Viel zu hoch“: Diese Schwelle in der Schloßstraße ärgert viele.

Auch Knut Schauerte kritisiert die Planung, aber aus gegenteiligen Gründen: Er will die Parkplätze raus und mehr Grün drin haben. Der Einzelhandel brauche eh’ keine Plätze, er müsse sowieso auf das Online-Geschäft setzen.

Optiker Bernhard Wolf beklagt, dass eine der beiden Baumreihen (zur Bergseite) verschwinden soll: „Eine ökologische Katastrophe und das bei zunehmenden Hitze- und Klimaproblemen gerade in Städten.“ „Das Grün ist den Menschen wichtiger als irgendeine Sichtachse“, sagt Wilfrid Krüger. Stefan Krapf von Photo Porst setzt ebenso wie der Gastronom ein paar Meter weiter blühende Zeichen dagegen – und pflegt Blumenbeete unter den höher stehenden Bäumen.

Ein paar Meter höher baut Hans Krämer sogar Wein an. Eine ganze Badewanne voll erntet er jedes Jahr am Hotel Malerwinkel, das seine Frau Renate Krämer-Thurau führt. Daraus wird schmackhafter Traubensaft hergestellt.

Weinanbau am Hotel Malerwinkel: Daraus wird Traubensaft.

Einige Fahrradminuten entfernt liegt das Kardinal-Schulte-Haus. Einen „Ort der Entschleunigung“ nennt Stefan Uhlmann das Hotel- und Tagungszentrum. Zwischen Bockenberg und Schloss Bensberg erstrecken sich 80 Hektar Land, das der Erzdiözese Köln gehört. „Eine besondere Verantwortung“ empfindet der Geschäftsführer für diese Natur; Teile des Landes sind an Bauern verpachtet, Kühe grasen auf der Weide, und ein Pfad führt über eine Streuobstwiese mit alten Apfelsorten.

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Einmal im Jahr findet hier die Bergische Landpartie statt, ein Markt mit nachhaltigen Produkte aus der Region. „Auch wir versuchen so nachhaltig wie möglich zu wirtschaften“, weist Uhlmann auf die Küche des Hauses. Der Bienenstock sei im Moment leider verwaist, „aber wir suchen einen neuen Imker“. Am Fuß der Auffahrt steht Bernd Metzing, Chef der Tiefbaufirma Nomen, und beaufsichtigt Bauarbeiten. Vor dem Seniorenpark Carpe diem werden die Bordsteinkanten abgesenkt, „damit Rollatorfahrer besser über die Straße kommen“, erklärt Vorarbeiter Christian Mach.

Rinder in der Stadt vorm Kardinal-Schulte-Haus, dessen neuer Geschäftsführer Stefan Uhlmann und Baustelle auf der Overather Straße.

Irmgard Tatter vom städtischen Fachbereich Umwelt und Technik radelt bergauf nach Voislöhe, um dort nach einem Kontostand zu sehen, genauer: nach dem Ökokonto, das ihre Kollegin Petra Wilken in Kooperation mit Landwirt Franz-Josef Hamm führt. Auf einer früheren Weide wurde eine Glatthaferwiese angelegt und im Frühjahr durch Aussaat von 50 Kräutern noch aufgewertet. Kamille, Glockenblume und Wiesen-Pippau dienen nicht nur Insekten und Distelfinken, die über die Wiese schwirren, sondern bringen auch Punkte, die bei Bauprojekten auf Wiesenflächen als Ausgleichsmaßnahmen dienen.

„Das ist schon eine lange Durststrecke“

Über dem Redaktionsmobil-Standort in der Schloßstraße hat Michael Tonscheck vor anderthalb Jahren sein Bistro am Schloss eröffnet, in der Hoffnung auf die Zugkraft des neuen Einkaufszentrums. „Das ist schon eine lange Durststrecke“, gibt der Gladbacher zu. „Tagsüber ist gar nichts los. Die Leute sehen mich einfach nicht.“

Ein Bistro betreibt Michael Tonscheck neben der Großbaustelle.

Die einladend eingedeckte Terrasse liegt direkt an der Baustelle, irgendwann wird hier ein Eingang zur Schloss-Galerie sein. Dann, hofft Tonscheck, wird auch die Laufkundschaft sein Bistro besuchen, in dem er Snacks und am Wochenende Kuchen anbietet.

Heute im Radio und vor Ort

Auf geht’s nach Kürten: Am heutigen Mittwoch, 14. August, steht unsere mobile Redaktion von 9 bis 13 Uhr für Fragen und Anregungen auf dem Karlheinz-Stockhausen-Platz bereit. Ab 8 Uhr sind unsere Reporter heute im Studiogespräch bei Radio Berg zu hören (UKW 99,7 oder 105,2). Historische Fotos können Leser ab 9 Uhr an der mobilen Redaktion für die Serie zum 70-Jährigen dieser Zeitung einscannen lassen. (wg)

Da wir ja mit umweltfreundlichen Verkehrsmitteln unterwegs sind, geht es mit dem Fahrrad zurück in die Redaktion nach Bergisch Gladbach, schiebenderweise durch die halb gesperrte Schloßstraße. Das erste Stück entlang der Gladbacher Straße ist für Radler kein Vergnügen, deshalb machen wir einen Schlenker durchs Milchborntal, biegen links Richtung Waldhotel Mangold ab, um auf der Höhe der Gaststätte Kaisersch Baach auf den neuen Radweg an der Bensberger Straße zu stoßen. Ein schönes Stück rollt es luxuriös bergab, bis uns in Heidkamp die Ruckelpiste wiederhat. Es ist noch einiges zu tun, bis Nahverkehr per Rad eine akzeptable Alternative wird.