Neues System vorgestelltVerwaltung Rhein-Berg will Geld ausgeben, um Geld zu sparen
- Die Kreisverwaltung in Rhein-Berg durch die Einführung des „Strategisches Aufgabenmanagement“ viel Geld sparen.
- Dabei soll jedes Handeln der Verwaltung auf den Prüfstand gestellt werden, um es kosteneffizienter zu gestalten.
- Hinter dem System steht, dass die Verwaltung Geld ausgibt, um langfristig Geld einzusparen. Wie das funktionieren soll – eine Analyse.
Rhein-Berg – Die Kreisverwaltung will in den kommenden Jahren deutlich mehr Geld für sich selbst und ihre Organisation ausgeben, um damit unterm Strich Geld einzusparen. Da sich ein solches Konzept nicht von selbst erklärt, versammelten sich am Montag die Mitglieder von Finanzausschuss und Personal- und Organisationsausschuss zu einer gemeinsamen Sondersitzung.
Im Kreishaus ließen sie sich das im Dezember in Auftrag gegebene Konzept und die ersten Schritte in 90 Minuten erklären und machten Verbesserungsvorschläge.
„SAM“ ist das neue Zauberwort
„Strategisches Aufgabenmanagement“ heißt das Zauberwort, doch allein schon der Begriff dürfte auf manchen Praktiker abschreckend wirken. Anhand verschiedener Beispiele erklärten die Referenten die Vorzüge von „SAM“, so die niedliche Abkürzung. „Wissen Sie, wie viele Personen an einer Bestellung von Radiergummis für eine Volkshochschule mitwirken?“, fragte der Organisationsexperte Dr. Lars Algerissen in den klimatisierten Raum.
Es seien neun. Oder: Ist es sinnvoll, einen online gestellten Antrag erst einmal auszudrucken, ihn dann zur Entscheidung vorzulegen, abzeichnen zu lassen und am Ende das abgezeichnete Papier wieder einzuscannen? Ist es effizient, wenn ein Bauamtsmitarbeiter hundert Bauanträge sammelt, um sie dann auf einem Rutsch abarbeiten zu können? Aus Sicht des Mitarbeiters mag es so sein, Bauherren sehen das anders.
Jedes Verwaltungshandeln steht auf dem Prüfstand
Jetzt wird vieles anders. Das Verwaltungshandeln im Kreishaus kommt auf den Prüfstand. Jede Kraftfahrzeug-Zulassung, jeder Beihilfe-Antrag, jede Ausweis-Verlängerung wird gesichtet, dann werden Schwerpunkte gesetzt, wo es sinnvoll und lohnend ist, etwas zu verändern.
Stellenentwicklung
Seit 2014 wurden bei der Kreisverwaltung bereits 120 neue Stellen geschaffen. Von 2019 bis 2025 werden 133 Beschäftigte altersbedingt aus dem Dienst beim Kreis ausscheiden, bis zum Jahr 2035 sind es sogar 472 Beschäftigte. (sb)
Die Verwaltung eines Landkreises hat 1200 bis 1500 verschiedene Arbeitsprozesse. Wobei Veränderung nicht automatisch mit Digitalisierung gleichzusetzen sei, weil ein unsinniger Arbeitsschritt nicht allein durch Digitalisierung sinnvoll werde, wie Algerissen erläuterte. Prozessorientierung ist noch so ein Zauberwort in der Veränderung der Kreisverwaltung. Der Experte: „Sie schärft den Blick für das Ganze.“
Aber kann das überhaupt funktionieren?
Was ist mit den althergebrachten Grundsätzen: „Das haben wir immer schon so gemacht“, „Das haben wir noch nie so gemacht“ und „Da kann ja jeder kommen“? Organisationsdezernentin Aggi Thieme gab in ihren einführenden Worten vorab schon eine Antwort, als sie darauf hinwies, vor welchen Herausforderungen die Kreisverwaltung steht: Zum einen werden in den kommenden Jahren immer mehr Mitarbeiter pensioniert, nehmen ihre Aufgaben aber nicht mit in den Ruhestand. Zum anderen werden die Aufgaben immer mehr.
Nach der Rechnung der Kreisverwaltung würden allein bis 2021 hundert Stellen benötigt. Die Personalkosten würden damit um 9,5 Millionen Euro steigen. Durch SAM sollen die Extra-Kosten weniger hoch ausfallen, allerdings werden für SAM auch wieder zusätzlich Stellen geschaffen (siehe Tabelle). In einer Excel-Datei listete Kreiskämmerer Klaus Eckl überdies auf, welche Zusatzausgaben für die neuen SAM-Stellen entstehen, aber auch, welche Haushaltsentlastungen durch SAM zu erwarten seien. Gleich mehrere Politiker äußerten den Wunsch, mehr zu erfahren, woher denn die jeweiligen Spareffekte rührten.
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Landrat Stephan Santelmann (CDU) sagte dazu: „So wie das Strategische Aufgabenmanagement insgesamt ganz neu erarbeitet wird, gilt das auch für das Berichtswesen im Controlling. Wir sind mittendrin. Das, was Sie und andere und auch wir selbst erwarten, wird gerade erstellt.“ Die Ausschuss-Präsentation sei nur ein „erster Aufschlag“, weitere Informationen sollen folgen.
Eine zweckmäßige Anregung gab Ausschussvorsitzender Klaus-Dieter Becker der Kreisverwaltung am Ende gleich mit: „Vielleicht könnten Sie angesichts der ganzen Einsparungen noch einen zweiten Beamer besorgen.“ Der erste Beamer im Saal hatte sich den Präsentationen heftig widersetzt. Ein bisschen wirkte das wie passiver Widerstand.