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Natur-Angebote um KölnSehnsucht nach Bullerbü: So erleben Kinder Tage in der Wildnis

Lesezeit 14 Minuten
kinder winter im wal

  • In Köln und in der Umgebung möchten immer mehr Pädagogen, Geographen und Eltern den Kindern die Natur wieder nahe bringen.
  • Denn „in allen Kindern steckt doch die Sehnsucht nach einem kleinen Stück Bullerbü".
  • Wir haben naturpädagogische Angebote, aber auch Ideen für eigene wilde Tage, gesammelt.

Köln – Glaubt man den Zahlen der Deutschen Wildtierstiftung ist die Hälfte aller vier- bis zwölfjährigen Kinder noch nie allein auf einem Baum geklettert und fast ein Viertel hat niemals ein freilebendes Tier gesehen. Was ist los mit uns und unseren Kindern?

Sicher, man kann auch prima ein Leben verbringen ohne sich jemals an einer rauen Baumrinde abgemüht oder einen Falken beobachtet zu haben. Und nicht jedes Stadtkind hat die Möglichkeit dazu –  in einem urbanen Umfeld, wo alles Wilde wie Feuerstellen und Baumhäuser selbstverständlich verboten ist. Also, keine Abenteuer mehr? Kein Ausprobieren, keine Gefahr, kein Nervenkitzel?

Naturpädagogische Angebote rund um Köln

Alles zum Thema Feuerwehr Köln

In Köln und in der Umgebung halten immer mehr Pädagogen, Geographen, Naturliebhaber, Mütter und Väter gegen diese Tendenz. Sie haben spannende Angebote ins Leben gerufen, um den Kindern ungewöhnliche Naturerfahrungen zu ermöglichen und sie auch so in ihrer Persönlichkeitsentwicklung zu stärken.

Wir haben die Naturschule im Aggerbogen besucht. Wie viele andere Anbieter will man auch dort den Kindern neben all den medialen Angeboten und sportlichen Aktivitäten mehr Natur ermöglichen.

Manuela Giannetti ist Umweltbeauftragte der Stadt Lohmar und Koordinatorin der Naturschule. Sie sagt: „In allen Kindern steckt doch die Sehnsucht nach einem kleinen Stück Bullerbü, wo man den ganzen Tag machen kann, was der Tag zu bieten hat: Klettern, Unsinn machen, sich langweilen und dann vielleicht sogar mit schmutzigen Füßen ins Bett gehen.“

Einen wilden Tag kann jeder haben

Wie man einen wilden Tag mit einer Horde Kinder selbst gestalten kann, hat sie uns mit ihren Kolleginnen gezeigt: Mit einem süßen Stockbrot-Frühstück, einem eigens gebauten Klettergarten und einer Waldtier-Rallye. Auch Schnitzen gehört für sie zu einem wilden Tag selbstverständlich dazu.

Naturerlebnis-Pädagogin Astrid Schulte und Autorin der Schnitz-Werkstatt hat uns erklärt, wie man mit kleinen Kindern am besten mit dem Schnitzen beginnt.

Egal, was sie tun, viel Spaß dabei! Und ob der Tag erfolgreich war, sehen Sie abends an ihren Socken – oder Sohlen.

Naturpädagogische Angebote:

1. Querwaldein e.V.

Der Verein Querwaldein bietet im Köln-Bonner Raum sowie rund um Dortmund viele Veranstaltungen und Projekte rund um Wald und Natur an. Offene Termine für Kinder mit Erwachsenenbegleitung sind zum Beispiel eine Familien-Natur-Auszeit für Familien, Alleinerziehende und Patchworkfamilien mit Kindern ab 4 Jahren (18.9.2020) oder eine Natur-Auszeit für Mütter und Töchter, Mütter & Stiefmütter, Ziehmütter und Großmütter mit Töchtern und Enkelinnen von 11 – 17 Jahre (9.10.2020). Mehr Termine finden Sie hier.

www.querwaldein.de

2. Kölner Waldschule – Gut Leidenhausen

Die Kölner Waldschule bietet Schülern und Schülerinnen aus Köln und der Umgebung Möglichkeiten für ein aktives Naturerleben. Neben der Vermittlung von Artenkenntnissen und dem Verständnis für ökologische Zusammenhänge stehen Sinneswahrnehmungen und Erlebniswerte im Vordergrund des Unterrichts. Ein Termin muss mindestens eine Woche vor Besuch bestätigt werden.

www.gut-leidenhausen.de

3. Naju

In der Naju engagieren sich Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene für den Schutz von Natur und Umwelt. Die Kölner Kindergruppen sind vor allem im praktischen Naturschutz aktiv. Sie pflanzen Bäume, kümmern sich um Streuobstwiesen, schützen Vögel und Fledermäuse – eine Schlammschlacht beim Anlegen der Teiche gehört auch schon mal dazu. Der Nabu bietet zahlreiche weitere Möglichkeiten, sich für Natur und Umwelt zu engagieren. Diese bieten sich zum Beispiel bei der aktuellen Jugendkampagne "Wildes Land Deutschland".

www.nabu-koeln.de

4. Finkens Garten

Finkens Garten ist ein fünf Hektar großer Naturerlebnisgarten für Kinder im Vorschulalter. Erwachsene sind auch herzlich willkommen. Er liegt am Forstbotanischen Garten in Rodenkirchen. Zu entdecken gibt es Baumtelefon, Bienenhaus, Fußtastpfad, Gemüsegarten, Handtastgarten, Nasengarten, den Teich und die Streuobstwiese. Es gibt Workshops und Veranstaltungen wie Wildkräuter-Workshops, Offene Sommerführungen oder Musik. Auch Kinderführungen oder Kindergeburtstage sind mit im Angebot.

www.finkensgarten.org

5. Naturgut Ophoven

Das Umweltbildungszentrum Naturgut Ophoven befindet sich inmitten eines sechs Hektar großen Geländes mit Wiesen, Gärten, Naturerlebnispfad, Tümpeln und Teichen. Das Zentrum, das quasi mitten in Leverkusen situiert ist, bietet viele verschiedene Programm für Kinder und Erwachsene an. Libellen beobachten, verborgene Schätze entdecken, den Bach auf einem Baumstamm überqueren – dies und noch mehr ist hier möglich. Am 4. September 2020 steht die Kartoffelernte auf dem Programm. Am 5. September geht es auf Nachtwanderung zu den Siebenschläfern.

www.naturgut-ophoven.de

6. Nationalpark Eifel

Der Nationalpark Eifel ist wilde Natur pur. Wer hat Mut sie zu entdecken? Es gibt Erlebniswanderungen für Familien und verschiedene Tagesprogramme in der Wildniswerkstatt Düttling, Wildnis wahrnehmen und erforschen und Wildnis leben und gestalten stehen hier im Vordergrund. Im Nationalpark können sich Kinder zwischen 7 und 12 Jahren auch zum Junior Ranger ausbilden lassen. Außerdem bietet die Wildnisschule in Dahlem ganzjährig Seminare und Wildnispädagogik-Programme für Kinder- und Jugendgruppen sowie Schulklassen an.

www.nationalpark-eifel.de

*Derzeit gilt ein eingeschränktes Angebot an Besucher-/Umweltangboten.

7- BUND Köln

Neben Schutzmaßnahmen für bedrohte Arten führt der BUND Köln auch Programme für Kinder und Jugendliche durch. Kinder zwischen 6 und 12 Jahren gehen im Rahmen des Programms "Heidekids" in zwei festen Gruppen einmal im Monat, jeweils am dritten und vierten Samstag von 11 bis 14 Uhr, in die Dellbrücker Heide. Eine Anmeldung ist erforderlich. Der erste Schnuppertermin ist kostenlos. Auch für Erwachsene und in anderen Stadtteilen Kölns werden vom BUND naturkundliche Spaziergänge angeboten.

www.bund-koeln.de

8. Schnitzschule Bonn

Schnitzkurse und Workshops gibt es für Erwachsene, Jugendliche und Kinder auch in den Ferien. Altbewährtes, aber auch neue Projekte stehen hier auf dem Programm. So können Interessierte wählen, zum Beispiel ob sie lieber Bogenbauen oder Löffelschnitzen lernen möchten. Geschnitzt wird je nach Wetter in der Werkstatt oder, ganz naturnah, draußen im Wald.

www.schnitzschule-bonn.de

Naturpädagogische Buchtipps

1. Feuer

- Von Höhlenmalerei, über Drachenglut, Feuerteufel und Vulkanöfen bis hin zu Brotbacken, Heißluftballon und Experimenten mit Solarzellen. Das Buch bietet jede Menge Anregungen, wie Kinder dem Feuer begegnen können. Udo Lange, Thomas Stadelmann: Am Anfang war das Feuer. Das Feuerbuch für Kindergarten, Grundschule und Hort,  Verlag das Netz, 19,90 Euro bei Amazon bestellen.

- Lagerfeuer aufbauen, Feuer mit zwei Steinen erzeugen oder  kochen auf einem Herd aus Stein – in diesem Buch dreht sich alles  um die „heiße Sache“. Feuer-Geschichten und -Lieder, einfache Experimente, Spiele und Aktionen versprechen ein spannendes und lehrreiches Naturerlebnis.

Gisela Walter: Feuer. Die Elemente im Kinderalltag, Herder Verlag, 16,95 Euro.

2. Klettern

- Ein modernes Lehr- und Spielebuch, das Trainern einen Leitfaden an die Hand gibt: René Kittel, Oskar lernt klettern. Kletterlehr- und Spielebuch, Geoquest, 22 Euro (Taschenbuch), auf Amazon bestellen.

- Alexandra Schwazer: Schaukelfee & Klettermax. Seilspielgeräte im Wald für Kinder, Pro Business Verlag, 19,50 Euro

- Nina Rebele: Klettern und Bouldern für Kids. In der Halle und am Fels, Delius Klasing Verlag, 24,90 Euro, auf Amazon bestellen

3. Schnitzen

- Astrid Schulte: Meine Schnitzwerkstatt (inkl. Messer),  Kosmos,  19,99 Euro auf Amazon bestellen. - Alleskönnerkiste „Schnitzen Komplett-Set“, mit Messer und Material für ein Boot, Kosmos, 27,97 Euro - Tolle Schnitzereien – 16 kreative Projekte aus Grünholz, mit Opinel-Messer, Komet, 5,99 Euro

4. Tierspuren erkennen

- Dieses  Buch gibt erste Anleitungen zum Fährtenlesen in der Natur. Anita van Saan: Mein erstes: Unterwegs auf Spurensuche. Erforsche die Natur, Franckh Kosmos Verlag, 12,99 Euro (Taschenbuch) -  bei Amazon bestellen. - Dieses Buch stellt über 60 Tiere und ihre Spuren und Lebensräume vor. Anita van Saan: Mein erstes: Welche Tierspur ist das? Welche Spur gehört zu welchem Tier?,  Franckh Kosmos Verlag,  8,99 Euro - Bärbel Oftring: Tierspuren & Fährten. Nature Scout (Expedition Natur), Moses Verlag, 7,95 Euro. Der schön illustrierte Naturführer gibt Kindern einen Überblick über die häufigsten Tierspuren. - Gerd Ohnesorge, Bernd Scheiba: Tierspuren und Fährten erkennen & bestimmen, Bassermann Verlag, 9,99 Euro. Fährten, Nester und Reviermarken: Dieses Buch gibt  einen Einblick in die Zeichen der Tiere in der Natur.

Ideen für einen Tag: Stockbrot, Tierspuren, Schnitzen

1. Stockbrot backen

Was geschieht mit uns nur, wenn wir ein Streichholz entzünden, um damit ein knackendes, rauchiges Holzfeuer zum Lodern bringen? Stille und wohlige Wärme breitet sich in uns aus, wir werden ruhig und irgendwie ganz zufrieden. Auch Kinder können diese uralte Magie spüren und lieben Feuer. Warum nicht damit den wilden Tag beginnen und über den Flammen ein kleines Frühstück mit süßem Stockbrot zubereiten?

Das braucht man: Mindestens 70 cm lange, daumendicke  Stöcke, die vorher ein wenig angespitzt wurden, eine Feuerschale, Holz und süßen Hefeteig. Rezept für den süßen Hefeteig 1 Kilo Mehl 500 ml Milch 200 g Zucker 125 g Butter 1 Päckchen Trockenhefe So geht’s: Rühren Sie die Trockenhefe mit warmer Milch und ein wenig Zucker an und stellen Sie dann mit dem Rest  einen lockeren Teig her. Lassen Sie ihn 1-2 Stunden gehen und kneten Sie ihn noch einmal durch. Die kleine handvoll Teig wird spiralenförmig um den Stock gelegt und angedrückt. Dann heißt es: Ab über’s Feuer.

2. Knoten und Klettern

Klettern macht Kinder glücklich. So einfach könnte man die Effekte des Kletterns in einem Satz zusammenfassen. Denn die, die es schaffen, über das schwingende Seil in der Höhe zu balancieren, hüpfen am Ende meist mit leuchtenden Augen und stolzem Grinsen herunter.  Und mit diesem kleinen Parcours kann man auch gleich eine ganze Gruppe in Schach halten. Die Kinder können sich prima  gegenseitig helfen. Eine Einschränkung jedoch gibt es: Seilkonstruktionen sind an Bäumen im Stadtgebiet leider verboten. Sie können aber auch an den Slackline-Anlagen in den Parks aufgebaut werden.  (sab)

WIE KANN EIN EIGENER KLETTERGARTEN AUSSEHEN? Wer einen eigenen kleinen Klettergarten bauen möchte, hat dazu viel Möglichkeiten. Drei stellen wir vor: Seilbrücke mit parallel gespanntem Halteseil, Slackline und  Riesen-Schaukel. Die Höhe sollte immer dem Alter der Kinder angepasst werden –  und einen Meter nicht überschreiten. WAS KÖNNEN DIE KINDER DORT ERLEBEN? Über das Seil balancieren die Kinder seitwärts. Dabei können sie sich mit den Händen an einem weiteren parallelen Seil festhalten. Über die Slackline gehen die Kinder vorsichtig vorwärts, mit nach außen gedrehten Füßen. („Weißt Du, wie ein Clown geht?“) Bei beiden Elementen ist Körperspannung, Konzentration und Ruhe gefordert. Die Riesen-Schaukel lässt sich nur in  Teamwork erklimmen. Mit Hilfe von Räuberleiter und kräftigem Hochziehen sollte es die Gruppe gemeinsam schaffen. Das gemeinsame Schaukeln macht dann noch mehr  Spaß. Alle Kletter-Elemente kann man in wilde Geschichten einbetten, die die Spannung noch weiter erhöhen: („Stellt Euch vor, Ihr müsst Euch von einem Piratenschiff zum anderen hangeln und unter Euch versuchen, die Haie nach Euch zu schnappen!“) Auch Aufwärmspiele in Zweiergruppen können schon für eine Menge Spaß sorgen.

WAS BRAUCHE ICH FÜR DIESE KLETTERELEMENTE? Die Seile zum Spannen zwischen den Bäumen sollten zehn Millimeter Durchmesser haben. Hier wurde so genanntes Edelrid-Seil in  15  oder 30 Meter Länge verwendet.  Als Schaukelsitz wurde ein Baumstamm verwendet. Als Alternative kann man auch Teile von Feuerwehrschläuchen verwenden. Zur Befestigung des Holzes am gespannten Seil und als kleine Kletterhilfen wurden viele farbige Reepschnüre in acht Millimeter Durchmesser verwendet –  eine Slackline, sowie mehrere Teppichreste zum Schutz der Baumrinde. WELCHE KNOTENTECHNIKEN SIND NOTWENDIG? Bei diesen drei Elementen wurden insgesamt vier Knoten verwendet: Zum Spannen der Baumverbindungen wurde der doppelte Achterknoten auf der einen sowie die Spann-und Wickeltechnik auf der anderen Seite verwendet. (Achtung, Knoten-Namen können unterschiedlich sein!) Zum Aufhängen der Schaukel-Elemente benötigt man Mastwurf (oben) und Seilschlinge (unten).

WIE LANGE DAUERT ES, DIESEN KLETTERGARTEN AUFZUBAUEN? Um den vorgestellten  Klettergarten aufzubauen, benötigt man mit geübter Knoten-Technik  ungefähr  zwei  Stunden. Wichtig ist, dass die Bäume stark genug, die Seile möglichst fest gespannt sind und die Knoten perfekt sitzen. Die Bäume sollten bei der Anbringung an der Rinde mit Teppichresten geschützt werden.  Knoten-Anfänger sollten auf jeden Fall üben, bevor sie mit Kindern losziehen und im Zweifel auch erst einmal nur ein Element aufbauen. (sab)

3.Schnitzen und Tierspuren lesen

Gerade noch war das Bötchen eine Idee im Kopf, wenig später segelt es mit einem Blatt am Stöckchen-Mast übers Wasser. Wer schnitzt, lässt über seine Hände eine Idee Gestalt annehmen. Für Kinder ist so ein selbst geschnitztes Boot   ein unbeschreibliches Erfolgserlebnis. Etwas zu erschaffen, noch dazu mit einem Messer – normalerweise den „Großen“ vorbehalten  – macht  schließlich stolz. „Was ich greife, kann ich besser begreifen“, sagt Astrid Schulte, die dem Schnitzen ein Buch gewidmet hat und bundesweit Kurse anbietet.

Michel, der fünfjährige Junge aus der Astrid-Lindgren-Geschichte, schnitzt immer Holzmännchen, wenn er zur Strafe mal wieder in den Schuppen muss. Holz, ein Messer, etwas Geschick, Konzentration und Phantasie – mehr braucht er nicht, um die Zeit der Strafe in etwas Schönes zu verwandeln. Wie ein altmodisches Achtsamkeitstraining lässt  ihn das zur Ruhe kommen.

Schnitzen ist vielleicht eine der ursprünglichsten menschlichen Fähigkeiten überhaupt. Während es viele Erwachsene noch aus ihrer Kindheit kennen, kommen heute nicht mehr viele Kinder damit in Berührung. „Viele Eltern sind heutzutage ängstlich“, sagt Schulte,  die als Naturpädagogin und Journalistin in Stuttgart lebt. „Schnitzen, Feuer machen, barfuß laufen, draußen übernachten und auf Bäume klettern ist für viele Kinder tabu. Dabei können Kinder wild zu sein nur draußen lernen – in Natur und Wald, an Bächen und auf Bäumen.“ Wer gemeinsam mit anderen schnitzt, kommt in der Ruhe auch gut ins Gespräch, erzählt Schulte: „Oft entstehen in meinen Schnitzkursen rührende Kindergespräche.“ Schnitzen setzt allerdings ein paar Grundkenntnisse voraus.

AB WELCHEM ALTER DÜRFEN KINDER SCHNITZEN? Auf ein Alter für den Einstieg festlegen mag sich Astrid Schulte nicht. „Kinder können bereits mit vier Jahren befähigt sein, das Messer zu führen.“ Klar ist: Wer den Umgang gewohnt ist, weil er etwa schon früh in der Küche mitschnippeln darf, der schneidet sich auch nicht so schnell, wenn er mal in einem unbeobachteten Moment ein Messer in die Finger kriegt. WAS BRAUCHT MAN ALLES ZUM SCHNITZEN? Ein Stück Holz und ein Messer natürlich, aber es gibt noch weitere Werkzeuge, die hilfreich sein können. Eine Kindersäge zum Kürzen von Stöcken, Schleifpapier zum Schmirgeln und ein Kastanienbohrer oder ein Handbohrer für Löcher zum Beispiel.

WELCHES MESSER EIGNET SICH AM BESTEN? Ganz wichtig: Das Messer muss scharf sein. „Mit stumpfen Messern ist die Verletzungsgefahr viel größer“, sagt Schulte. Taschenmesser sind praktisch, weil sie  gut in die Hosentasche passen. Für den Anfang eignet sich ein Messer mit abgerundeter Klinge und Arretiervorrichtung, damit die Klinge fest stehen bleibt. Außerdem sollte sich das Messer zusammenklappen lassen. WIE BRINGT MAN KINDERN DEN SICHEREN MESSER-UMGANG BEI? Wichtig ist zunächst eine gute Sitzposition: „Beide Beine stehen fest auf dem Boden, der Oberkörper ist nach vorn gebeugt und die Unterarme liegen auf den Oberschenkeln“, sagt Schulte. „So schnitzt das Kind immer vor dem Körper.“  Das Messer sollte niemals zur haltenden Hand hin bewegt werden, sondern vom Körper weg. Wer mit den Holzfasern arbeitet, statt gegen die Maserung zu arbeiten, hat es leichter. Bis tolle Figuren entstehen, braucht es Zeit: „Auch ich kann nach 182 geschnitzten Löffeln noch immer nicht behaupten, perfekt zu sein“, sagt Schulte. Wichtig ist auch, dass man Kinder daran erinnert, das Messer gleich nach Gebrauch zusammenzuklappen. Am Anfang Kinder nicht alleine lassen!

GIBT ES DIE PERFEKTE SCHNITZ-TECHNIK? Eine Hand hält das Messer, die andere das Holz. Geschnitzt wird vom Körper weg. Die Klinge wird vorsichtig in das Holz gedrückt. Rechtshänder ziehen das Messer dabei nach rechts, Linkshänder nach links. Je nach Schnitzwinkel kann man grober oder feiner schnitzen. Liegt das Messer fast flach auf dem Holz auf, sind feinere Schnitte möglich. Ein größerer Winkel eignet sich besser für grobe Arbeiten, bei denen viel weggeschnitzt werden soll. Genauer schnitzen lässt es sich, wenn man mit dem Daumen der haltenden Hand auf die stumpfe Seite des Messers drückt und das Messer so schrittweise nach vorne bewegt.

WIE KANN MAN VERMEIDEN, DASS DAS KIND SICH VERLETZT? „Eine Verletzung vermeide ich am besten, indem ich mein Kind vorab mit den Regeln vertraut mache, die Sitzposition erkläre und das richtige frische Holz zum Schnitzen suche“, sagt Astrid Schulte.  Wer auf Nummer sicher gehen möchte, könne schon vor dem Schnitzen um den Zeigefinger der das Holzstück haltenden Hand ein Pflaster wickeln. WELCHES HOLZ  EIGNET SICH AM BESTEN? Schulte empfiehlt Hasel, Erle, Birke, Weide, Pappel oder Linde – am besten ohne Verzweigungen. Aber: Nicht in die Baumstämme von lebenden Bäumen schneiden!

ANLEITUNG 1. Im Wald nach einem Stück Kiefernrinde suchen. 2. Die Rinde wird nun in Bootsform geschnitzt. Dafür wird sie auf den Boden gelegt und  mit dem Schnitzmesser der Bootsinnenraum markiert. Vorsichtig  den Innenraum  aushöhlen. 3. Nun  das Boot umdrehen: Auf der Unterseite einen schmalen Schnitz Rinde auskerben. Hochkant  einen schmalen Kieselstein in die Kerbe setzen, so wie es am besten passt. Der Stein wird festgeklebt. 4. Auf der Oberseite des Bootes im Innenraum ein kleines Loch mit einem Kastanienbohrer bohren – allerdings darf die Rinde dabei nicht durchstochen werden! In das Bohrloch wird ein entrindeter und angespitzter Ast als Mast gesteckt. 5. Als Segel kann ein großes Baumblatt dienen.

4.Tierspuren lesen

Alle Tiere hinterlassen Spuren im Wald: Fraßspuren, Kotspuren, Fußspuren und andere allgemeine Spuren: Ein Wildschwein hinterlässt zum Beispiel Kuhlen, wenn es sich im Schlamm suhlt. Ein Hirsch verliert gleich sein komplettes Geweih im Frühling. Natürlich ist es äußerst selten, dass man auf den riesigen Kopfschmuck im Wald stößt, aber kleinere Tierspuren sind überall zu finden und ebenfalls spannend zu entschlüsseln.

Das Suchen von tierischen Fressspuren ist besonders dankbar. Bereits an den Blättern der Bäume erkennt man Fraßspuren der  Raupen. Unter einem Haselnussbusch kann man besonders viel Zeit verbringen. Denn an den Nüssen knabbern viele Tiere, sie alle hinterlassen unterschiedlichste Fraßspuren.

Doch welche Knabberart stammt von welchem Tier? Das minikleine, präzise Loch stammt vom Haselnussbohrer. Die Nuss ist zur Hälfte ordentlich aufgefressen? Dann war es wahrscheinlich ein Eichhörnchen. Ein zackiges, zerrissenes Loch weißt auf einen Vogel hin. Informieren Sie sich vorab mit einem Buch und erstellen Sie dann ein kleines Rätsel oder eine Rallye für ihre Kindertruppe.

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