Bergisch GladbachSo reagieren die einzelnen Initiativen auf den Flächennutzungsplan

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Auf einer Veranstaltung im Bergischen Löwen kamen im Mai dieses Jahren die Mitglieder der verschiedenen Bürgerinitiativen zusammen.

Auf einer Veranstaltung im Bergischen Löwen kamen im Mai dieses Jahren die Mitglieder der verschiedenen Bürgerinitiativen zusammen.

Bergisch Gladbach – Die Kritiker des neuen Flächennutzungsplans sind weiterhin alarmiert, zum großen Teil auch stark enttäuscht.

Obwohl die Stadtverwaltung den Vorentwurf in Bezug auf Wohngebiete um fast die Hälfte abgespeckt hat – statt 199 Hektar sind es noch 105 Hektar – bleiben zehn Bürgerinitiativen dabei:

Die Eingriffe in die Natur gehen ihnen immer noch viel zu weit. Nur die Initiative aus Katterbach – sie war für ein Interview mit dieser Zeitung nicht erreichbar – dürfte zufrieden sein: Beide Flächen hinter dem Schulmuseum (neun Hektar Fläche) wurden komplett als potenzielles Wohngebiet aufgegeben. Was alle anderen Bürgerinitiativen besonders aufregt: Dass die Verkehrssituation nicht in die Beurteilung der Standorte eingeflossen ist.

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Die konzentrierte Festlegung von Gewerbe im Osten der Stadt bereitet vor allem den Menschen in den Stadtteilen Herkenrath, Moitzfeld und Frankenforst große Sorge.

BI Moitzfeld-Herkenrath

Er sei fassungslos, sagt David Bothe. Die Stadtverwaltung habe die Argumente seiner Initiative „konsequent ignoriert.“ Die Mitglieder seiner Initiative befürchteten, das die Verwaltung nun unwiederbringliche Fakten schaffen wolle. Die Achse Moitzfeld-Herkenrath solle demnach künftig die zentrale Wachstumsregion von Gladbach sein – für Wohnen und Gewerbe.

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40 Prozent der neuen Wohnflächen und sogar 64 Prozent aller neu vorgeschlagenen Gewerbegebiete sollen hier entstehen, kritisiert Bothe. Damit setze die Verwaltung ihren Kurs eisern fort, „massiv Grünflächen zu opfern, um neue Fläche zu vermarkten zu können.

Selbst wenn nur ein Bruchteil dieser Baugebiete relasiert werden sollte, würde es „zum sofortigen Verkehrsinfarkt kommen.“

Seit Jahren wehen bei Voislöhe die Flaggen der Bürgerinitiative – dort ist ein Gewerbegebiet geplant.

Seit Jahren wehen bei Voislöhe die Flaggen der Bürgerinitiative – dort ist ein Gewerbegebiet geplant.

Das gebe die Verwaltung ja sogar selber zu, beruft sich Bothe auf die aktuelle Verkehrserhebung, wonach die Landstraße 289 in Spitzenzeiten zu 100 Prozent ausgelastet ist. „Wir müssen uns wieder stärker zu Wort melden“, weist Bothe auf die Sitzung am 4. Juli hin, wenn die Änderungen der Politik präsentiert werden sollen.

BI Frankenforst

Als Katastrophe und Unverschämtheit bezeichnet Tomás Santillán die Vorschläge der Verwaltung: Was woanders weggenommen wurde, ist Frankenforst zugeschlagen worden.“

Die Gewerbefläche würde sich im Vergleich zum Vorentwurf verdoppeln. Durch die Ausweisung eines so großen Gewerbegebietes im Bereich der Brüderstraße werde das ganze Wohngebiet in Frankenforst zerschlagen, die Wohnqualität zerstört.

„Dafür machen wir Baurat Harald Flügge persönlich verantwortlich“, sagt Santillán. Für eine Wohnbebauung am Rennweg müsste Wald geopfert werden – aus Umweltgründen sei das überhaupt nicht einzusehen.

BI Die Elf

Die „riesige“ Ausweitung der Gewerbeflächen an der Brüderstraße in Frankenforst sei „völlig abwegig“, kritisiert Liane Schneider.

Im Vergleich zum Vorentwurf bedeute dies „eine hochgradige Verschlimmerung.“ Als haarsträubend und ungeheure Umweltschädigung bezeichnet Schneider auch die neuen Planungen zur sogenannten Bahndamm-Trasse. 

Ihre Initiative sehe es zudem nicht ein, dass Bergisch Gladbach den Bevölkerungszuwachs Kölns kompensieren solle – zu dem Preis von großen Umweltschäden: „Die Nachbarstädte sollen ihre Probleme selbst lösen.“

BI Schildgen

Das Mengengerüst der Neuausweisungen für Wohnbauland im Norden der Stadt (25 Hektar) sei immer noch zu groß, stellt Ninette Schulte klar. Zwar werte ihre Initiative die Verkleinerung zweier Flächen und den kompletten Wegfall eines Grundstücks Im Ahlemaar zumindest als Teilerfolg.

Aber trotzdem: „Wir werden für eine weitere Reduzierung der Flächen kämpfen“, kündigt Schulte an. Denn es würden sehr schützenswürdige Böden zerstört und Kaltluftentstehungsgebiete versiegelt. Die Zufahrtstraßen seien jetzt schon überlastet wie die Verkehrsanalyse der Verwaltung bestätige.

Demnach ist die Kempener Straße als Hauptverkehrsader zu Berufszeiten bereits jetzt schon zu 90 bis 100 Prozent ausgelastet, die Voiswinkeler Straße ist zu 60 bis 80 Prozent ausgelastet und die Einmündung zur Altenberger-Dom-Straße zu 80 bis 90 Prozent dicht.

Schulte bedauert, dass alle Bedenken der Bürger bislang „nur durch die Zensur der Verwaltung bei der Politik angekommen sind.“

BI Schlodderdeichs Wiese: „Wir haben nichts anderes erwartet“, sagt Martin Freitag. Auf die Wiese in Gierath im Landschaftsschutzgebiet will die Psychosomatische Klinik bekanntlich ihren Erweiterungsbau setzen – noch auf Grundlage des alten Flächennutzungsplans.

Die Mitglieder betrachten dies als geschickten Schachzug: Denn auf diese Weise blieben alle Einwände im Rahmen der Bürgerbeteiligung zum Vorentwurf des neuen F-Plans unberücksichtigt. „Die Investoren haben ihre Pläne immer noch nicht vorgelegt“, sagt Freitag.

Eins stehe für ihn und seine Mitstreiter fest: „Wir werden unsere Bedenken im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens erneut vorbringen.“ Eine Bebauung widerspreche unter anderem dem Gewässerkonzept, den naturnahen Zustand der Strunde an dieser Stelle zu bewahren.

BI SträSSchen-Siefen

Trotz „marginaler Korrektur“ der Fläche Lubusch wehrt sich die Initiative weiterhin entschieden gegen den Beibehalt des westlichen, fünf Hektar großen Grünzugs für eine Wohnbebauung.

Die Bedingungen die zur Reduzierung der Potenzialfläche von acht auf fünf Hektar geführt hätten, würden auch für das verbliebene Stück Land gelten, kritisiert Dr. Karl Kohlhof.

Auf der verkleinerten Fläche befänden sich immer noch 1,6 Hektar Wald sowie Landwirtschaft. Beides Kriterien, die zur Dezimierung der Fläche geführt hätten.

Kohlhof geht davon aus, dass wegen der Aufgabe der Flächen in Katterbach hinter dem Schulmuseum sowie der Reduzierung einer Fläche in Schildgen, der Verbleib in Lubusch als kleineres Übel dastehe und habe geopfert werden müssen. „Wir dürfen nicht müde werden, uns gemeinsam mit den anderen Initiativen gegen solche Ungereimtheiten zu wehren“, meint Kohlhof.

BI Lustheide

„Auch wenn man denken könnte, wir sind doch weit weg von einem Gewerbegebiet an der Brüderstraßen, so sehen wir das aber ganz und gar nicht“, sagt Ingrid Snijders, „Wir betrachten den Wald als Ganzes.“

Die Sprecherin der Initiative kündigt an, nicht zuzuschauen, wie der Wald als Schutzstreifen für Lärm und Schadstofffilter vernichtet werde. „Es war doch gerade so heiß hier.

Da muss doch jeder gemerkt haben, wie sehr Bäume zur Abkühlung beitragen. Die Größenordnung des Gewerbegebiets Brüderstraße mache Snijders sprachlos. Sie wolle jetzt abwarten, wie die Politik darauf reagiere.

BI Refrath/Rinderweg

Zwar sieht Udo Bölk die Verkleinerung der sogenannten Pferdewiese in Refrath als Teilerfolg. Trotzdem ist er mit dem Ergebnis überhaupt nicht zufrieden: Auf den verbliebenen 6,7 Hektar Fläche „Auf den Sechsmorgen“ könnten nach seiner Rechnung pro Hektar 40 Wohneinheiten entstehen.

„Wie der Verkehr dahin und wieder zurückgeführt werden soll, ist überhaupt nicht geregelt“, bemängelt Bölk. Die schmalen Wohnstraßen im Westen des Stadtteils seien eh schon überlastet. „Feuerwehr und Krankenwagen kommen doch an vielen Stellen jetzt schon nicht mehr durch.“

Mit den drei Hektar Bauland, die der alte, noch bestehende F-Plan ausweise, würde er sich maximal arrangieren können. „Alles andere führt zu einem Verkehrsinfarkt“, befürchtet Bölk.

BI Nussbaum-Hebborn

Die Stadt verharmlose das Instrument desv F-Plans bewusst. Dabei lege ein Flächennutzungsplan doch die bauliche Entwicklung der nächsten Jahrzehnte und damit auch die künftige Baulandentwicklung fest, betont Lothar Esser.

Die Mitglieder seiner Initiative wollen sich weiterhin dagegen stellen, dass die sieben Hektar Peterskaule, bekannt auch unter Kölner Fenster, mit Wohnungen zugebaut werden.

„Als Kaltluftentstehungszone ist die Freifläche wichtig für Paffrath, Dellbrück und Köln.“ Abgesehen davon, dass die Anbindung eines Wohngebiets seiner Meinung nach gar nicht funktionieren würde.

Es sei denn ein Wanderweg würde geopfert. Außerdem kritisiert Esser Verfahrensfehler der Verwaltung: „Zugrunde gelegt wurden alte Karten, die nicht stimmen.“

BI Kalmünten

Als Schritt in die richtige Richtung wertet Dr. Kirsten Ciré, dass die Verwaltung sich von dem Gedanken verabschiedet habe, im großen Stil in unberührter Natur neue Wohngebiete auszuweisen.

Es sei aber absolut nicht einzusehen, dass für ein kleines Fleckchen von 1,3 Hektar andere Maßstäbe angesetzt werden sollen. „Wir werden uns auf jeden Fall dafür einsetzen, dass die Wiese nicht zerstört wird“, sagt Ciré. Kalmünten falle aufgrund seiner Lage aus dem allgemeinen Siedlungs- und Regionalbereich heraus, erläutert sie.

Einen für solche Ortschaften geltenden Bevölkerungszuwachs von gerade einmal sieben Prozent könne mit vorhandenen Baugrundstücken gedeckt werden. Es sei Unsinn, die Wiese für so einen geringen Zuwachs zu opfern.

Denn normalerweise erfolge nach dem Abbruch einer Immobilie ein Neubau mit einer höheren Anzahl von Wohneinheiten. „Dies kann man an vielen Stellen im Ort beobachten“, meint Ciré.

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