Neuer Direktor für Kölner MuseumPolitik will Reker-Favoriten für Stadtmuseum heute nicht wählen

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Die Visualisierung zeigt, wie die Historische Mitte Kölns am Dom in wenigen Jahren aussehen soll. Im Hintergrund das neue Stadtmuseum.

Die Visualisierung zeigt, wie die Historische Mitte Kölns am Dom in wenigen Jahren aussehen soll. Im Hintergrund das neue Stadtmuseum, links das Römisch-Germanische Museum.

Einen neuen Direktor für das Stadtmuseum zu finden, erweist sich als schwierig – auch die Grünen haben jetzt eine Vorgehensweise beschlossen.

Der Wunschdirektor der Verwaltungsspitze für das Kölnische Stadtmuseum (KSM), Philipp Hoffmann, wird am heutigen Montagnachmittag (14. August) mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht durch den Hauptausschuss des Stadtrates bestätigt werden. Damit wäre auch der zweite Anlauf gescheitert, nach mehr als einem Jahr eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger für Mario Kramp zu finden, der Ende Juni 2022 aus gesundheitlichen Gründen den Posten aufgab. Und damit stünden Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) und Kulturdezernent Stefan Charles ziemlich schlecht da, wenn die Entscheidung über ihren favorisierten Kandidaten im ersten Anlauf vertagt würde.

Nur die drei CDU-Poltiker des Ausschusses wollen Hoffmann wählen, die weiteren elf Politikerinnen und Politiker wollen die Entscheidung heute vertagen oder Hoffmann ablehnen. CDU-Mitglied Hoffmann hat nur rund 21 Prozent der Stimmen auf seiner Seite.

Grünen wollen Entscheidung vertagen

Die Grünen als personell stärkste Fraktion im Stadtrat haben am späten Sonntagabend beschlossen, dass sie die Entscheidung vertagen wollen, sie verfügen über vier der insgesamt 14 Sitze stimmberechtiger Politiker. Fraktionschef Christiane Martin kündigte am Montagmorgen an, einem möglichen Vertagungsantrag der FDP folgen zu wollen. Die Liberalen hatten die Vertagung schon am Donnerstag angekündigt, sie wollen den Kandidaten noch näher kennenlernen. Fraktionschef Ralph Sterck bekräftigte am Montagfrüh dieses Vorhaben, er werde den Antrag stellen. Martin sagte: „Wir wollen sehen, ob das Profil des Kandidaten  der zukünftigen Rolle des Stadtmuseums gerecht wird.“ SPD (drei Stimmen), Linke (1) und „Die Fraktion“ (1) lehnen Hoffmann ab.

Allerdings gibt es auch Stimmen, die sich hinter vorgehaltener Hand fragen, was durch eine Vertagung gewonnen wäre und ob Hoffmann nicht weiter beschädigt würde. Unter anderem die kulturpolitische Sprecherin der Grünen, Brigitta von Bülow, hatte das Ergebnis des Auswahlverfahrens als „alles andere als optimal“ bezeichnet. Gemeint ist damit Hoffmann.

Auch der Bündnispartner von Grünen und CDU, Volt, hat sich mittlerweile umentschieden. Am Donnerstag noch hatte Volt-Fraktionschefin Jennifer Glashagen gesagt, sie wüsste nicht, was gegen eine Wahl spreche. Das sieht sie nun anders und will ebenfalls vertagen, Volt verfügt über eine der 14 Stimmen.

Unklarheit über Führungsverantwortung

Glashagen möchte erst von der Verwaltung erfahren, ob Hoffmann die Kriterien der Ausschreibung erfüllt, darin ist eine „nachgewiesene mindestens dreijährige, leitende Führungsverantwortung“ in einer künstlerischen Institution gefordert – laut seines Linkedin-Profils sind es bei Hoffmann in Bonn bislang aber nur zwei Jahre und drei Monate. Dort leitete er ab 2021 das Stadtmuseum für zehn Monate. Seit März 2022 arbeitet er als wissenschaftlicher Leiter des Zentrums für Stadtgeschichte und Erinnerungskulturen. Er ist auch Geschäftsführer des Vereins Freunde und Förderer des Kölnischen Brauchtums, der unter anderem die Schull- und Veedelszöch an Karneval organisiert.

Die Verwaltung soll nach dem Willen einiger Politiker nun klären, wie Hoffmanns Zeit beim KSM zu werten ist. Zwschen 2019 und 2021 arbeitete er laut seines Linkedin-Profils für zwei Jahre und vier Monate als Referent für Kölnsiches Brauchtum im Stadtmuseum, die Stadt betitelt ihn in ihrer Mitteilung dagegen als Leiter der Abteilung für Kölnisches Brauchtum. Zählt das als „leitende Führungsverantwortung“? Glashagen nennt die drei Jahre ein „Muss-Kriterium“.

Ursprünglich hatte die Verwaltung Ende Mai schon eine neue Direktorin ausgesucht und ihr zugesagt, allerdings auf die noch ausstehende Bestätigung duch die Politik hingewiesen. Erst nach der Zusage fiel jemandem in der Verwaltung auf, dass es mehrere Medien-Artikel über den offenbar problematischen Umgang der Kandidatin mit öffentlichen Geldern in ihrem damaligen Job gab. Die Stadt nahm die Zusage zurück und wählte unter den verbliebenen beiden Kandidaten Hoffmann aus.

Reker lobt Hoffmann

Doch als die Kölner Medien vorige Woche über die Personalie berichteten und die Stadt sie am Donnerstag bestätigte, meldete sich der KSM-Förderverein, Vorstandsmitglied Thomas Müller sagte: „Wir hatten auf eine renommierte Persönlichkeit mit Erfahrung und Führungskompetenz gehofft. Das wäre für die anstehenden Herausforderungen des KSM notwendig gewesen. Nun bekommt das Museum ein typisches kölnisches Partei- und Karnevalsgewächs.“ Die CDU wies das energisch zurück – doch momentan ist sie unter den Politikern im Hauptausschuss allein mit ihrer Zustimmung zu Hoffmann.

Reker hatte über Hoffmann gesagt: „Philipp Hoffmann wäre eine sehr gute Besetzung für das Stadtmuseum. Er kennt das Haus und bringt neben der wissenschaftlichen Qualifikation auch die notwendige Erfahrung mit Blick auf komplexe Aufbau- und Umstrukturierungsprozesse mit.“ Charles bezeichnete Hoffmann als „jungen und engagierten Museumsspezialisten“.

Das KSM stellte jahrzehntelang im Zeughaus in der Innenstadt aus, doch das Denkmal ist ein Sanierungsfall, ein Wasserschaden bedeutete das Ende als Heimat des Museums. Ursprünglich sollte es 2020 im umgebauten früheren Modehaus Sauer eröffnen, doch dazu kommt es laut Verwaltung nun erst im Herbst 2023. Ab etwa 2030 soll es als Teil der „Historischen Mitte“ in ein neues Gebäude am Roncalliplatz ziehen.

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