Grüne Mode mit KunertNetzstrümpfe aus Fischernetzen

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Frau Rokita, im Januar 2017 zeigten Sie bei der Fashion Week in Berlin die erste recycelte Strumpfhosen-Linie. Netzstrümpfe, gewonnen aus alten Fischernetzen. Wie kam die Öko-Offensive beim Mode-Publikum an?

Unser Showpiece mit der Rücknaht wurde begeistert aufgenommen. Die Presse war begeistert, wir haben es auf den Titel von „Vogue“ geschafft, so dass wir sofort eine unglaubliche Präsenz erreichten. Aber richtig los geht es ja jetzt erst im Herbst, in der Strumpfsaison. Die Blue-Kollektion haben wir sofort erweitert, in Kooperation mit dem Kölner Unternehmen Lanius – eine Feinstrumpflinie mit dem gleichen Garn, in den Mantel-Farben der Herbst-/Winter-Kollektion.

Wie kamen Sie auf die Idee, Strumpfhosen aus recyceltem Material herzustellen?

Ich bin seit vielen Jahren in der Fashion-Branche tätig und beobachte die Trendentwicklung, Innovationen und Tendenzen auf dem Modemarkt. Mir war klar, dass das Nachhaltigkeitsthema sich rasch entwickeln wird und wir schnell agieren müssen. 2015 war die Idee da, es fehlte aber noch der richtige Partner, der unsere Linie in der gewünschten Feinheit umsetzen kann. Schließlich haben wir uns für das italienische Unternehmen Aquafil entschieden, die das Garn Econyl produzieren, und haben im Dezember 2015 mit den Testversuchen begonnen.

Kunert

Netzstrümpfe aus Fischernetzen von Kunert.

Wie muss man sich die Garn-Produktion genau vorstellen?

Die Firma Aquafil arbeitet weltweit mit Tauchern zusammen, die die Netze vom Meeresgrund einsammeln. Die sind übrigens aus robustem Nylon hergestellt, gehen aber irgendwann kaputt. Die Netze werden an die Produktionsstätte in Slowenien geliefert, gereinigt, und zu Garn versponnen, das uns ermöglicht, eine Strumpfhose mit nur 20 Den herzustellen. Für alle ein Gewinn: Denn viele Fische, besonders Delfine, verfangen sich in solchen Netzen und sterben.

Man könnte Ihnen unterstellen, die Nachhaltigkeit als Marketing-Instrument zu nutzen…

Ja, könnte man. Tatsächlich ist sie aber fest in unserer Firmen-DNA verankert. Vor 30 Jahren hat Julius Kunert schon partiell umweltschonende Garnfärbung und recyceltes Papier eingesetzt. Bei der nachhaltigen Blue-Kollektion verzichten wir auf Plastik, drucken klimaneutral, spenden pro Verkauf 50 Cent für den Schutz der Meere.

justina rokita

Justina Rokita

Gehört nachhaltige Produktion heute zum guten Ton?

Ich finde ja, man kann das nicht mehr ausschließen. Es ist unsere Verpflichtung gegenüber der nächsten Generation.

Steht der grüne Aspekt im Vordergrund?

Nein, denn wenn das Produkt nicht überzeugt, kann da noch so viel Nachhaltigkeit drin stecken, es wird sich nicht durchsetzen. Optik, Haptik und Passform müssen stimmen, wenn es sich nicht gut anfühlt, wird es nicht gekauft. Aber wenn der Kunde überzeugt ist, nimmt er die Nachhaltigkeit gerne an.

Das Gespräch führte Eva Reik

Gesprächspartner

Justina Rokita, 40, ist Geschäftsführerin für Marketing, Produkt, Vertrieb und E-Commerce beim Strumpfhersteller Kunert. Es war ihre Idee, eine Feinstrumpfhose aus recyceltem Material herzustellen. Sie arbeitet seit 13 Jahren in  der Branche.

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