Schmeckt's Frau Floß?„Em Krützche“ bietet köstliche kölsche Traditionsküche in der Altstadt

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Fassade des „Em Krützche“

Ein seltener Fund in der Kölner Altstadt: das Traditionswirtshaus „Em Krützche“.

In der hektischen Altstadt entschleunigt das „Em Krützche“ mit Slow Food. Restaurantkritikerin Julia Floß hat das Traditionswirtshaus besucht.

Die Kölner Altstadt ist ein sehr seltsames Pflaster. Auf der einen Seite gibt es kaum einen kölscheren Ort, abgesehen vom Geißbockheim vielleicht. Trotzdem verirren sich kaum Einheimische in die historischen Gässchen. Die Altstadt ist Touri-Sumpf. Junggesellenabschiede, Kegelclubs, Steakhäuser und Bubble Tea. Es geht um Massenabfertigung, Saufen und Fast Food.

Julia Floß

Julia Floß

Julia Floß ist ausgebildete Köchin und Patissière und hat viele Jahre in verschiedenen von Gault-Millau und Guide Michelin ausgezeichneten Küchen gearbeitet, bevor sie Journalismus und Medienkommunika...

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Unweit der Philharmonie bieten direkt zwei Restaurants dem Touri-Ausverkauf die Stirn. Zwei von insgesamt vier Slow-Food-Einträgen in ganz Köln. Kurze Anmerkung: Slow Food ist eine Organisation und Bewegung, die sich dem Erhalt von regionaler Küche und lokalen Produkten verschrieben hat. Das Sternerestaurant „MaiBeck“ und direkt daneben das Traditionswirtshaus „Em Krützche“.

Das Krützche ist seit fast 50 Jahren eine feste Institution. Im Delfter Zimmer saßen schon Bill Clinton und Gerhard Schröder nebeneinander überm Sauerbraten. Die Wände sind holzvertäfelt und gespickt mit Erinnerungen und Ziertellern. Auf zwei Etagen und insgesamt fünf verschiedenen Räumen ist viel Platz, für viele Gäste – eine Reservierung ist zwingend notwendig.

Altmodische Einrichtung des „Em Krützche“ mit holzvertäfelten Wänden

Das „Em Krützche“ ist urig eingerichtet.

Gastgeberin Sylvia Fehn-Madaus ist wie ein wirbelnder Oktopus: Während sie die fünf Räume nach einem freien Platz für uns scannt, telefoniert sie mit dem Forellenhändler, erkundigt sich nach der Weinbegleitung für die große Gesellschaft im Chippendale-Zimmer und betreibt auch noch Small Talk. Ich bin mir relativ sicher, dass sie die Kraft ist, die diesen Taubenschlag zusammenhält. Fehn-Madaus ist stolz auf die Tradition im „Em Krützche“. Die Gänse kommen seit 20 Jahren vom gleichen Lieferanten, die Rinder aus der Eifel. „Ich versuche immer wieder, Fasane und Rebhühner zu bekommen, aber das wird zunehmend schwieriger“, erzählt die Gastgeberin.

Lange Tafel im Restaurant "Em Krützche" in der Kölner Altstadt.

Das Krützche hat auch Platz für große Gruppen.

Das „Em Krützche“ hat alle kölschen Klassiker auf der Karte

Auf der Karte stehen die Klassiker, die man sich in einem kölschen Wirtshaus wünscht: Matjes mit Sauerrahm, Äpfeln, Zwiebeln und Speckkartoffeln, Reibekuchen und Rheinischer Sauerbraten. Die Flönz wird zur Maultaschenfüllung abgewandelt und mit Paprika-Sauerkraut serviert. Wer es ein bisschen festlicher möchte, wählt Ochsenkraftbrühe mit Profiterole, Gänseleber-Terrine mit Portwein-Gelee und Brioche oder den Crevetten-Cocktail in Cognac-Sahne. In Frankreich stehen diese Haute-Cuisine-Evergreens völlig Ironie-befreit auf vielen Brasserie-Karten. In Deutschland schwingt da immer direkt so ein Hauch 80er Jahre mit. Das „Em Krützche“ zieht solide sein Ding durch.

Pünktlich zum Start der Gänsesaison stehe ich am Frankenturm. Das Krützche ist bekannt für Gänseessen und das berühmte Gänsetaxi. Ich wähle die Single-Version: Feldsalat mit Kartoffeldressing vorweg und ein Viertel Hafermastgans serviert in zwei Gängen. Der kleine Feldsalat soll für die Küche ein bisschen mehr Zeit rausholen und dann kommt auch schon die knusprige Gänsebrust mit Bratapfel, Maronen und einer Birnenkartoffel, eine kroketten-artige Masse mit Panade in Form einer kleinen Birne.

Knusprige Gänsebrust mit Bratapfel, Maronen und eine Birnenkartoffel.

Knusprige Gänsebrust mit Bratapfel, Maronen und eine Birnenkartoffel.

Die Gans ist ein bisschen dunkel geraten, dennoch saftig und aromatisch. Jus, Maronen und Bratapfel machen daraus einen herrlichen Winterteller. Die Kartoffelbirne ist sehr süß anzusehen, mir aber einen Hauch zu kompakt und ich brauche im ersten Gänsegang keine Sättigungsbeilage. Das sehen aber vermutlich viele Gäste anders. Also weiter zum zweiten Gänsegang: Die krosse Keule mit Apfelrotkohl und hausgemachten Klößen. Die Klöße sind mit Croûtons gefüllt und sie werden mit einer Butterschmelze getoppt. Dazu wird erneut Bratensauce serviert. Was soll ich sagen? Ich wollte ein traditionelles Gänseessen und das „Em Krützche“ hat sehr, sehr gut abgeliefert. Endlich ein Grund, die Kölner Altstadt zu besuchen (neben dem „MaiBeck“ natürlich).

Fazit Seltener Fund: Hausgemachte Kölner Traditionsküche mitten im Touri-Sumpf | Bewertung 5 von 6 Punkten

Em Krützche, Am Frankenturm 1-3, 50667 Köln | Öffnungszeiten Di-So 12-22 Uhr | Telefon 0221/2580839

Meine Auswahl:

Hirschmedaillon „Diana“ liegt auf einem Teller

Das Restaurant Em Krützche bietet auch Wildgerichte an, wie das Hirschmedaillon „Diana“.

  • Kölsche Kartoffelsuppe mit Gemüse und Mettwurst // 9,50 Euro
  • Kürbis-Ingwer-Cremesuppe // 9,50 Euro
  • Frische Bandnudeln mit Steinpilzen in Sahnesauce // 25,50 Euro
  • Gänsemenü // 49,90 Euro (Feldsalat in Kartoffeldressing, Gänsebrust mit Bratapfel, Maronen und Birnenkartoffeln (gebackener Kartoffelschnee), Gänsekeule mit Apfelrotkohl und hausgemachten Kartoffelklößen
  • Hirschmedaillon „Diana“ // Rotweinsauce, gefüllte Preiselbeerbirne, Waldpilze und Butterspätzle // 35,00 €
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