Bunte Liga in KölnBoca Feez Seniors erhält Mythos der Szenekneipe am Leben

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Versnobte Südstädter, Ehrenfelder Studenten und Nippeser Urgesteine: Die Boca Feez Seniors 

Köln – Wer glaubt, einen halben Spieler im Mannschaftskader antreten lassen zu können, sei schon physikalisch nicht möglich, der hat sich bestimmt noch nicht von der fast schon einmaligen Alternativität und dem mindestens genauso erwähnenswerten Humor der Boca Feez Seniors überzeugen können, der Mannschaft der Bunten Liga, die wir dieses Mal vorstellen:

Woher kommt Euer Name?

Die Boca Feez Seniors sind als Thekenmannschaft der legendären Szene-Kneipe Feez entstanden. Die andere Hälfte des Namens kommt vom dem Fußballclub „Boca Juniors“ aus Buenos Aires. Wir haben eigentlich nicht wirklich südamerikanisches Flair, aber viele unserer Gründungsmitglieder waren in der linksalternativen Szene unterwegs. Sicher floss daher auch der Wunsch ein, über den Namen den Internationalismus hochzuhalten.

Seit wann gibt’s euch?

Es war einmal vor langer Zeit im Jahre 1992, da trafen sich einige Trunkenbolde, um in einer verrauchten und spärlich beleuchteten Spelunke die Gründung einer Freizeitfußballmannschaft zu beschließen. Diese Mannschaft zog in den kommenden Jahren mehr oder weniger erfolgreich über die Fußballfelder zwischen Poll und Müngersdorf und entwickelte sich über die Jahre zu einem festen Bestandteil der Bunten Liga. Obwohl das Feez in seiner ursprünglichen Form so heute nicht mehr existiert, lebt der Mythos in den nachfolgenden Spieler- und Trinkergenerationen weiter.

Wer macht mit?

Vom versnobten Südstädter über den Ehrenfelder Studenten bis zum Nippeser Urgestein bildet das Team heute nahezu die gesamte Bandbreite kölscher Hobbykicker ab.

Was ist euer Ziel?

Sonntags 11,5 ansprechbare Spieler auf der Jahnwiese zu versammeln, Spaß zu haben, dem Gegner nach dem Spiel die Hand zu schütteln und am Ende im Idealfall dabei auch noch erfolgreich zu sein. Viele unserer Leute arbeiten im Schichtbetrieb, auch DJs und Musiker sind in unserer Mannschaft. Entsprechend erscheinen viele Spieler zum Spiel mit entsprechender Promillezahl oder nach durchgearbeiteten Nächten.

Wer ist euer Trainer?

Alle Entscheidungen werden in einem aufwendigen, geheimen, basis-demokratischen Abstimmungsverfahren getroffen. Dieses kann an Spieltagen teilweise weit in die eigentliche Spielzeit hineinreichen. Dies macht sich dann durch lautes Gebrüll und wildes Gestikulieren auf und neben dem Platz bemerkbar.

Was zeichnet euch aus?

Wir sehen uns inzwischen als Auffangbecken für gescheiterte Jung-Profis und ambitionierte Alt-Amateure. Dieses inklusive Mehr-Generationen-Projekt wäre außerhalb des Bunte-Liga-Betriebs nicht realisierbar und würde spätestens an den hohen Hürden der DFB-Spielstatuten scheitern.

Was war euer größter Triumph?

Zweifelsohne das Bunte-Liga-Double aus dem Jahr 2006 und die Meisterschaft 2017, sowie die Aufrechterhaltung eines regelmäßigen „Trainingsbetriebs“. Das ist ja ein Problem, das die Bunte Liga generell hat: Wir haben nur relativ begrenzt Zugriff auf freie Trainingsplätze. Deshalb sind wir immer wieder bei Vereinen untergekommen oder haben auf frei zugänglichen Wiesen gekickt, wo wir zwischen Leuten mit Picknickdecke umherzutänzelten.

Eure größte Niederlage?

Es gab mal ein Pokalspiel vor zwei Jahren, das wir nach einer 6:1 Führung noch verloren haben, das war unser allergrößtes Trauma.

Was war das lustigste Erlebnis?

Besonders auf fußballerischen Unternehmungen außerhalb Kölns spielen sich mitunter skurrile Szenen ab. So haben wir im Weser-Berg-Land Mitspieler in Bäche fallen, mit Nacktschnecken jonglieren oder im holländischen Rommel ihre Muttersprache verlieren sehen. Auch im sonntäglichen postalkoholischen Dunstfeld der Jahnwiesen kommt es regelmäßig zu Zwischenfällen: So wurden dort bereits Freistoßmauern neben dem Tor platziert oder durch Schwächeanfalle verursachte Fallrückzieher-Tore erzielt.

Wo trainiert ihr und wann?

An lauen Sommerabenden umspielen wir wahlweise Gänsekot im Rheinpark oder stolpern über Maulwurfshügel auf den Poller Wiesen. Im Winter zieht es uns zurück zu unseren Wurzeln in eine alte muckelige Eisenbahnerhalle nach Nippes, wo uns der ESV Olympia seit Jahrzehnten unseren Winterschlaf verbringen lässt. An ganz besonderen Abenden lädt uns der Hallenwart nach dem Training zu einer Tasse Kakao oder einer Kohlsuppe in sein Wohnzimmer ein.

Braucht ihr noch Verstärkung?

Momentan konzentriert sich unsere Scouting-Abteilung auf die Suche nach einem zweiten Torhüter. Idealerweise mit Manuel-Neuer-Reklamier-Arm. Alle anderen Interessenten können sich selbstverständlich auch gerne bei uns melden, müssen dann allerdings jederzeit damit rechnen, kurzfristig zum Torwart umgeschult zu werden.

Kontakt: bocafeez@gmx.de

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