Mit Palmen und MassagenWie kreativ ein Kölner Altenzentrum die Personalnot bekämpft

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Die Angestellte Hacer Basar auf der Massageliege

Die Angestellte Hacer Basar auf der Massageliege

Worringen – Der Duft von Kerzen und Massageölen zieht durch den Raum, eine Masseuse umsorgt ihre Klientin auf einer Liege. Das Besondere: Wir sind nicht etwa in einem Massagestudio, sondern im Mehrzweckraum eines Worringer Altenheims, die Frau auf der Liege ist hier Mitarbeiterin. Im Worringer Caritas-Altenzentrum wollen Angestellte und Leitung in Zeiten akuter Personalnot gemeinsam neue Wege der Personalwerbung gehen – und kritisieren gleichzeitig die immer verzweifelter anmutenden Methoden vieler ihrer Mitbewerber.

Es ist nicht nur der Mehrzweckraum, der sich in ein Massagestudio verwandelt hat: Im Eingangsbereich des Caritas-Altenzentrums Elisabeth-von-Thüringen-Haus in Worringen stehen aufblasbare Palmen im Eingangsbereich, ein Buffet mit Speisen aus aller Welt reiht sich an einen Topf mit Gummibärchen, an einer weiteren Station können die Mitarbeiter mit einer speziellen Brille einen Ausflug auf die virtuellen Malediven erleben. Eine Geste der Wertschätzung an die Angestellten des Altenzentrums, die Leitung und Mitarbeiter gemeinsam konzipiert haben – genauso wie eine Werbekampagne, die mit deren Hilfe rund um Worringen neues Personal für die Einrichtung gewonnen werden soll. „Gutes Geld. Super Team. Große Wertschätzung“, werben die Flyer, die die Angestellten in Eigenregie im Umkreis verteilen wollen.

Einrichtungsleiterin Silke Joseph (v.l.), Pflegefachkraft Evelyne Fickert und Leistungsbereichs-Leiterin Alice Rennert.

Einrichtungsleiterin Silke Joseph (v.l.), Pflegefachkraft Evelyne Fickert und Leistungsbereichs-Leiterin Alice Rennert.

Die Mitarbeiter waren es auch, die den Anstoß der besonderen Kampagne gaben. Der Grund der Eigeninitiative: Eine zunehmende Personalnot, die die Angestellten oftmals zuallererst zu spüren bekommen. „Wenn ich im Spätdienst als einzige Pflegefachkraft im Dienst bin, kann ich immer nur in einem Bereich sein“, sagt die Pflegefachkraft Evelyne Fickert, die an der Planung der Aktion beteiligt war. „Egal wo man hinkommt, man hat immer das Gefühl, schon heiß erwartet zu werden.“

Im Worringer Caritas-Altenzentrum leben 70 Bewohner, rund 25 der 100 Angestellten sind Pflegekräfte. Doch Personal gesucht wird in allen Bereichen, sagt Heimleiterin Silke Joseph – und in Worringen falle die Suche inzwischen besonders schwer.

Ländliche Atmosphäre im Norden Kölns

Von Worringens Bewohnern wird Kölns nördlichster Stadtteil für seine ländliche Atmosphäre geschätzt, sie bedeutet aber auch eine verhältnismäßig schlechte Anbindung an die Innenstadt – unattraktiv für potenzielles Personal von außerhalb, sagt Leistungsbereichsleiterin Alice Rennert, die neben der Worringer Einrichtung auch zwei weitere in Klettenberg und Ehrenfeld betreut. „Wir müssen hier deshalb Personal überdurchschnittlich viel direkt über das dörfliche Netzwerk gewinnen, das System ist nach dreieinhalb Jahren aber so langsam erschöpft.“

Pflegeeinrichtungen übertrumpfen sich

Kein Wunder: Nur in wenigen Berufen ist der Personalengpass größer als in der Altenpflege. Laut einer Statistik der Bundesagentur für Arbeit aus dem vergangenen Jahr bleiben durchschnittlich 22 von 100 Stellen unbesetzt – nicht nur in Worringen. Dass sich andere Kölner Pflegeeinrichtungen auf der Suche nach Personal deshalb sogar bereits mit Prämienzahlungen und Angeboten für Kreuzfahrtreisen an potenzielle Bewerber übertrumpfen, kann Rennert nur mit einem Kopfschütteln quittieren.

„Wir wollen nicht diese Tendenz, dass – wie bei Check 24 – Arbeitgeber nach der größten Prämienzahlung ausgesucht werden. Wir wollen mit Qualität überzeugen“, sagt Rennert bestimmt – und meint damit unter anderem eine Vergütung nach hauseigenem Tarif mit Zulagen wie Betriebsrente, Weihnachtsgeld und Jobticket, die Mitarbeiter vor allem langfristig binden sollen.

Das Konzept soll nicht nur eine „Eintagsfliege bleiben“, wie die Caritas-Frau betont. Nein, sie hofft, gemeinsam mit ihren Mitarbeitern ein „Feuer entfacht“ zu haben, das vielleicht auch auf andere Pflegeeinrichtungen übergreifen könnte. „Unser Traum wäre natürlich, irgendwann eine Warteliste auf die freien Stellen zu haben“, sagt Rennert.

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