Streit in Köln-SeebergAnwohner wollen Bänke wegen ständigen Lärms entfernen

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Gar keine Sitzgelegenheiten gibt es rund um die Kletterspinne.

Gar keine Sitzgelegenheiten gibt es rund um die Kletterspinne.

Seeberg – Wenn die beiden Parkbänke erzählen könnten. Sie stehen am Rand des Grünzugs Riphahnstraße – direkt am Weg gegenüber jener Wiese, wo sich die große Kletterspinne erhebt. Jetzt zur kalten Jahreszeit sind sie verwaist. Doch im vergangenen Sommer spielte sich auf dem Areal das pralle Leben ab. Ein Hörspielautor auf der Suche nach Stoff hätte seine Freude daran gehabt; er hätte sich nur ein paar Nächte lang mit seinem Aufnahmegerät auf die Lauer legen müssen, schon wäre er mit reichlich Material nach Hause gegangen: Liebesschwüre, Scheidungsdramen, Streitereien unter Jugendlichen, Großmannsgetue, Telefonate in die ferne Heimat. Das alles in erdenklich vielen Sprachen.

„Morgens um 8 Uhr ging es los, je später es wurde, umso schlimmer“, sagt Katharina Wostmann. Mit ihrem Ehemann bewohnt sie eines der benachbarten Häuser, eine meterhohe Hecke begrenzt das Grundstück zum Park hin. Die Bänke wurden Anfang des Jahres aufgestellt, nun plädieren die Anwohner dafür, sie zu versetzen. Schon als die Arbeiter anrückten, schwante Waldemar Wostmann Böses: „Ich bin raus und habe gefragt: Wollt ihr die wirklich hier aufstellen? Das ist eine ungünstige Stelle, nur fünf Meter von den Häusern entfernt. Aber die haben natürlich gesagt, wir haben unseren Plan, da müssen Sie sich an unseren Chef wenden.“

Die Nachtruhe der Anlieger ist seitdem gestört. Vor allem im Sommer wurden sie unfreiwillig zu Lauschern, nahmen ungewollt am Schicksal fremder Menschen teil. „Einmal habe ich mit angehört, dass sich Leute gegenseitig Tipps gaben, wie sie am besten das Sozialamt betrügen“, erzählt Katharina Wostmann, „am ergreifendsten war das Zwiegespräch einer Mutter nachts mit ihrem Sohn, sie hat ihm beigebracht, dass sie Krebs hat.“ Seit 1983 wohnen die Eheleute, die einen erwachsenen Sohn haben, in der Reihenhaussiedlung am Mattlenerweg. Einen solch unruhigen Sommer hätten sie noch nie erlebt, sagen sie.

Zunächst wandten sich die Anwohner – betroffen sind sechs Familien, eine mit kleinen Kindern – an die Stadtverwaltung, baten darum, die Bänke an eine andere Stelle im Park zu verlegen. Doch das Grünflächenamt argumentierte, weil sie fest einbetoniert seien, lägen die Kosten zu hoch. Waldemar Wostmann stellte dann als Petent in der jüngsten Sitzung der Bezirksvertretung eine Bürgeranfrage, bot sogar an, dass die Anwohner die Umpositionierung aus eigener Tasche bezahlen könnten. Wilfried Neumann, CDU-Fraktionsvorsitzender, ließ zwar ein gewisses Verständnis erkennen und regte einen Ortstermin an; die Bezirksvertretung lehnte die Petition jedoch einstimmig ab.

Einst gab es an der Stelle einen Kinderspielplatz, doch er wurde irgendwann aufgegeben. Übrig blieben die Betonfundamente. Dichtes Gestrüpp breitete sich aus. Dann ließ das Amt für Grünflächen die Nische entkernen, die sieben Bäume blieben erhalten. Am Wegrand wurden die Bänke positioniert, mit Blick ins Gelände. Die Verwaltung hatte einen Beschluss der Bezirksvertretung im November 2014 umgesetzt. 100.000 Euro, damals kurzfristig vom Rat für die Stadtverschönerung bewilligt, sollten in die Pflege von Grünanlagen fließen, auf der Liste stand auch der Grünzug Riphahnstraße. Ins Detail gingen die Bezirkspolitiker damals nicht, forderten lediglich „Blumenwiesen“, überließen der Verwaltung alles weitere.

„Wir haben wirklich nichts gegen Sitzgelegenheiten“, betont Waldemar Wostmann, „aber da hat einfach jemand nicht nachgedacht. Man sollte das Geld bitte sinnvoll ausgeben, hier wurde nur planlos verwaltet, ohne sich mal vor Ort umzuschauen.“ Dem Verdacht widerspricht Joachim Bauer, stellvertretender Leiter des Grünflächenamtes: „Selbstverständlich hat sich ein Mitarbeiter die Stelle vorher angesehen.“ Die Anwohner jedoch seien nicht befragt worden: „Das können wir personell gar nicht leisten.“

Die Parkbänke gehörten in die Nähe der Kletterspinne, so Wostmanns Vorschlag. „Das wäre auch im Sinne der Mütter, die ihre Kinder dorthin begleiten, jetzt sitzen sie weit entfernt und müssen ständig quer über die Wiese rufen.“ Ein Problem sei nicht nur der Dauerlärm. Stress verursache auch die ständige Konfrontation mit Jugendlichen, die in der Gruppe oftmals auf Krawall gebürstet seien und des Nachts ihre Musik extra laut drehten. „Ich versuche es meistens auf die kumpelhafte Tour, aber manche drohen mir regelrecht: Wat willst du, du kriegst was auf die Nase“, erzählt Wostmann. Ein weiteres Ärgernis: Wildpinkler. „Einmal ist es mir passiert, dass ich im Garten saß und las, da pinkelte jemand durch die Hecke.“ Nachbarin Mecide Eroğlu – mit ihrer Familie wohnt sie seit Ende der 1980er Jahre am Park – sagt: „Ich finde den momentanen Zustand schlimm, habe das Gefühl, ich werde darüber krank, muss immer die Gardinen geschlossen lassen. Mich stört auch der herumliegende Müll.“ Einen Rest Galgenhumor hat sie sich bewahrt: „Vor dem Haus war im Sommer so viel Betrieb, ich hätte in meinem Garten einen Imbiss eröffnen sollen.“ „Ich wünsche mir das Gebüsch zurück“, so Katharina Wostmann, „dann hätten auch die Vögel wieder Nistplätze.“

„Vielleicht bleibt uns im nächsten Jahr nichts anderes übrig, als jede Nacht die Polizei oder das Ordnungsamt zu rufen, aber das verursacht doch auch Kosten für die Staatskasse“, sagt Gisela Steidel, seit 1977 mit ihrem Mann in Seeberg ansässig. Für Bauer ist der Fall klar: „Für uns ist der Vorgang abgeschlossen, die Bezirksvertretung hat entschieden.“

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