„Bullys Garage“Präzisionsarbeit in Leder und Alcantara

Lesezeit 3 Minuten
In seinem Ehrenfelder Betrieb bearbeitet Michel Schneiker ein neues Armaturenbrett.

In seinem Ehrenfelder Betrieb bearbeitet Michel Schneiker ein neues Armaturenbrett.

Ehrenfeld – Michel Schneiker darf sich zwar nicht die Bezeichnung „Internist“ auf die Visitenkarte drucken lassen. Gleichwohl ist er bei seinen Patienten in erster Linie für das Innenleben zuständig und hat weniger mit dem Außenbild zu tun. Bisweilen staunt der 40-Jährige allerdings sehr. „Da kommt dann jemand mit 'nem richtig teuren Schlitten, und der Fußbodenbereich ähnelt einer Müllhalde.“ Schneiker ist der Inhaber von „Bullys Garage“ am Ehrenfeldgürtel. Der Schriftzug „Autosattlerei“ trifft die Sache jedoch nicht ganz. Der schlanke große Mann mit der markanten Brille verpasst nicht allein Fahrzeugen neue Outfits. Flugzeugen und Schiffen ebenfalls. Als kürzlich der Besitzer einer Cessna mit einem außergewöhnlichen Farbwunsch erschien, nähte der 40-Jährige dem Pilotensitz mal schnell eine neue Hülle aus lila farbigem Leder. Motorboot-Besitzer Tommy Engel ließ sich im Ehrenfelder Betrieb eine neue Persenning schneidern, und so mancher prominente Cabrio-Besitzer schwört bei Regenfahrten auf die wasserdichte Hülle made in Cologne. Schneiker, der aufgrund seiner italienischen Mutter und seines französischen Vaters drei Sprachen fließend spricht, kommt es durchaus entgegen, dass die Automobilindustrie – wie er findet – eher langweilige Interieurs produziert. So kommen auch Kunden von weither mit ihren Sonderwünschen zu ihm nach Köln. Starfotograf Kristian Schuller, den man als Jury-Mitglied von Heidi Klums Model-Show kennt, reiste kürzlich sogar aus Paris an, um seinem alten Benz neue Sitze einbauen zu lassen.

Rückblickend bereut es Schneiker ein bisschen, zunächst eine Laufbahn als Kaufmann gestartet zu haben. Im Alter von 18 oder 19 Jahren an der Nähmaschine zu sitzen, wäre aus damaliger Sicht einfach nicht cool gewesen, sagt der aus Saarbrücken stammende Mann. So kam er erst über Umwege zu dem, was er eigentlich von Anfang an wollte und ist nun einer der wenigen verbliebenen Autosattler in der Region. Kfz-Mechaniker wäre schon deshalb nichts für ihn gewesen, weil man sich dabei die Hände schmutzig macht. Aber an der Nähmaschine Präzisionsarbeit in Leder oder Alcantara zu verrichten, das sei absolut sein Ding. Wenn er gefragt wird, was das Schwierigste an seiner Tätigkeit sei, überlegt er kurz und sagt: „Es soll am Ende besser aussehen, als das, was industriell gefertigt wurde.“ Dabei zeigt er auf ein frisch überzogenes Armaturenbrett und ergänzt: „Da dürfen keine Falten oder Fehler zu sehen sein.“ Schneiker und seine Mitarbeiter arbeiten viel für Besitzer von Oldtimern, reparieren natürlich auch und bessern aus. Darüber hinaus statten sie Neuwagen innen mit Farben aus, die der Hersteller nicht oder nicht mehr im Programm hat. „Nicht nur, weil es teurer ist“, sondern im Sommer wie Winter wesentlich angenehmere Eigenschaften habe, favorisiert der Sattler Ausstattungen aus reinem Leder. „Unsere Kunden sind oft erstaunt, dass preislich gar kein so großer Unterschied zum Kunstleder besteht.“

KStA abonnieren