Interview mit der Kölner Band Querbeat„Wir sind ein Pulk von Verrückten”

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Riesenstimmung: die Band beim Konzert im Palladium

Riesenstimmung: die Band beim Konzert im Palladium

  • Die Band Querbeat hat es als Karnevalsband sehr schnell zu einer der angesagtesten Combos der Stadt gebracht.
  • Jetzt haben die Kölner ein neues Album rausgebracht: „Randale & Hurra”.
  • Das Album ist allerdings komplett auf Hochdeutsch. Hat die Band etwa keine Lust mehr auf Karneval?
  • Ein Interview über Freundschaft und Erfolg, Security bei Straßenfesten und ihr Verhältnis zum Kölner Karneval. Und ein Blick ins neue Video.

Köln – Seit Freitag ist euer neues Album erhältlich und bereits Donnerstagabend gab es eine Party im Club-Bahnhof Ehrenfeld. Beides unter dem Motto „Randale & Hurra“. Warum?

Jojo Berger: Ja, das war eine ganz spontane Idee. Zwar starten wir diese Woche mit der Tour, aber das hat nicht wirklich etwas mit der Albumveröffentlichung zu tun. Also haben wir uns überlegt, das wir spontan mit Freunden und Fans reinfeiern. Quasi wie bei einem Geburtstag. Einen genauen Plan hatten wir für den Abend nicht. Wir wollten den Leuten einfach unser Album schon einmal vorstellen, etwas mit ihnen quatschen und feiern. Das war toll und hat sich wie eine geile WG-Party angefühlt.

Am Montag startete im Gebäude 9 eure „World Tour 2018“ durch Köln. Das Konzept: Fünf verschiedene Konzert-Locations an fünf aufeinanderfolgenden Abenden – alle bereits ausverkauft. Mit welcher Einstellung geht man in diesen Konzert-Marathon?

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Stephan Gerhartz: Wir haben einfach Mega-Bock, die neuen Lieder live zu spielen und weiter mit den Leuten zu feiern. Und es gibt eigentlich keinen besseren Zeitpunkt, als ein Album rauszubringen und uns dann selber auf die Leute loszulassen.

Klingt etwas gefährlich.

Stephan Gerhartz: Ein bisschen gesunde Vorsicht ist wahrscheinlich immer geboten. Wir sind ja schon auch ein Pulk von Verrückten. Aber eigentlich ganz handzahm.

Ihr macht seit 17 Jahren gemeinsam Musik, die meisten von euch kennen sich seit der Schule. Ihr habt Straßenmusik gemacht, ein paar haben studiert, andere hatten klassische Jobs, sind mal aus der Band ausgestiegen und wieder zurückgekommen. Was steckt hinter dem Projekt „Querbeat“?

Jojo Berger: Von uns 13 sind sieben seit dem ersten Jahr dabei und einige kamen direkt im Jahr danach dazu. Das ist eine wirklich lange Zeit. Und das Gute dabei ist, dass wir unser Selbstverständnis nie geändert haben. Wir waren immer Brüder, Freunde, beste Kumpels, die zusammen Musik gemacht haben, und das ist auch heute noch so. Es zieht sich durch unsere musikalische Entwicklung. Einfach ohne viele Gedanken, ohne viel Plan zu sagen, dass wir Bock haben. Denn was gibt es schöneres, als vor Leuten Musik zu machen? Das klingt jetzt ein bisschen romantisch. Aber dadurch, dass wir in der Schule angefangen haben, als wir alle noch nicht richtig lesen konnten, haben wir mit der Zeit das erste harte Bier, den ersten Schnaps, einfach alles zusammen erlebt.

Und vor allem in den letzten beiden Jahren ist viel passiert. Ihr steht mittlerweile vor mehreren Tausend Fans auf der Bühne. Polizei und Ordnungsamt müssen sogar bei Straßenfesten eingreifen, weil zu viele Besucher kommen.

Philipp Mull: Ja, das ist der Wahnsinn. Man steht wie früher auf der Bühne und macht mit guten Freunden Musik. Und plötzlich stehen vor der Bühne tausende Leute und feiern es voll ab. Das ist wie eine Welle, die auf einen zurollt und man steht einfach nur da und denkt, ist das krass. Denn wir machen echt nicht viel anders als früher.

Jojo Berger: Das klingt total blöd, aber es ist wirklich so. Wir sind relativ unschuldig an der ganzen Geschichte. Das muss man schon dazu sagen.

In Köln wurden Lieder wie „Tschingderassabum“, „Nie mehr Fastelovend“ und „Stonn op un danz“ irgendwann in jeder Kneipe gespielt. Karneval als Durchbruchs-Hilfe?

Andy Berger: Ja, auf jeden Fall. Man erreicht im Karneval super viele Menschen, weil man 150 Gigs in anderthalb Monaten spielt. Wir haben immer die Musik gemacht, auf die wir Bock hatten und das mussten die Leute dann auch gezwungenermaßen hören. Bei Sitzungen und in Kneipen hören eben ganz viele Leute in ganz kurzer Zeit ganz viel Musik. Das hat uns natürlich sehr geholfen. Und wir haben weiterhin Bock drauf.

Jojo Berger: Ich glaube nur, dass wir eine andere Interpretation vom Karneval haben. Das Ding, was wir total abfeiern, ist, dass man in eine Kneipe geht, wo der Bauarbeiter mit der Richterin knutschen kann und sie merken erst am nächsten Tag, dass sie in der normalen Welt eigentlich nie etwas miteinander zu tun gehabt hätten. Kontraste im Leben, verschiedene Leute zusammen zu bringen, das sind so Sachen, die uns total reizen. Deswegen mögen wir den Karneval sehr. Und ich glaube, er wird oft ein bisschen runtergebrochen auf traditionelles, auf Sachen, die irgendwie immer schon so waren, dabei gibt es eigentlich so viele andere Aspekte.

Das Lied „Guten Morgen Barbarossaplatz“ wurde ein Sessionshit, obwohl es auf Hochdeutsch ist. Auf dem neuen Album sucht man vergeblich nach einem Lied auf Kölsch. Ist das nicht doch ein Abschied vom Karneval?

Stephan Gerhartz: Nein, es ist überhaupt kein Abschied. Wir haben immer schon Musik so gemacht, wie sie sich für uns am richtigsten angefühlt hat. Dass das Album jetzt auf Hochdeutsch ist, ist kein großer Plan, der dahinter steckt, sondern ein Zufallsprodukt aus der Schaffensphase, in der wir gerade sind. Bei „Heimatkaff“, „Randale & Hurra“, eigentlich bei fast jedem Lied stecken Dinge mit drin, die das Lebensgefühl des Karnevals widerspiegeln. Also absolut keine Abgrenzung. Eher ein Nach-Außen-Tragen dessen.

Jojo Berger: Genau. Und ehrlich gesagt fanden wir den Namen Querbeat früher richtig scheiße. Wir waren ja Kids, als wir uns diesen Namen gegeben haben. Zehn Jahr später kommt man dann in die Phase, wo man denkt, „Alter, was haben wir uns denn dabei gedacht?“ Mittlerweile merken wir aber, dass wir uns diesem Namen immer mehr annähern. Auf einem Dance-Festival wie dem Parookaville feiern unsere Musik Tausende Leute hart ab, genauso wie im Karneval oder auf einem Indie-Festival in Hamburg. So einfach es klingt, ist es dann eben doch Querbeat – einmal durch die ganzen Beats durch. Uns geht es einfach um die Musik, die Energie, um Aussage und Haltung. Die Sprache ist da vielmehr das, wofür wir stehen, was die Musik mit uns und mit den Leuten macht.

Ihr habt in diesem Jahr gezeigt, dass eure Musik überregional funktioniert und auch Menschen aus anderen Musik-Genres anspricht. Wohin zieht es euch? Große Festival-Bühne statt kleiner Sitzungssaal?

Andy Berger: Es geht gar nicht darum, wie viele Leute uns zuhören. Wir waren auch überrascht, dass in diesem Jahr so viele Festivals am Start waren und Bock hatten, uns einzuladen. Ich wage mich jetzt mal aus dem Fenster und sage, dass es nächstes Jahr mindestens genauso viele werden, weil die Leute einfach gemerkt haben, dass wir Stimmung machen. Aber auch in der kommenden Session haben wir wieder 190 Auftritte. Das freut uns total. Wobei wir natürlich auch immer Bock haben, mit dem Bus durch Deutschland zu fahren.

Philipp Mull: Wie eine Klassenfahrt de luxe.

In den neuen Liedern geht es um Romantik mit Kölsch auf Eis, dem Sternenhimmel und Halogenlampen, um Freaks und Hänger. Wie viel Wahrheit über die Band steckt da drin?

Jojo Berger: Wir sind das alles genau so. Der Text zu unserem Lied „Hänger“ ist zum Beispiel zwei Tage vor der Albumabgabe entstanden, weil wir zunächst keinen Text dafür hatten. Wir saßen im Studio, haben hin und her überlegt und hatten keinen Bock. Also haben wir gedacht, schreiben wir einfach darüber. Wir sind Hänger, haben zwar eine Deadline, aber sitzen jetzt lieber auf dem Sofa und bestellen Pizza. Und plötzlich war der Text ziemlich schnell da.

Stephan Gerhartz: Das ganze Album geht um Situationen und Geschichten, die uns selber beschäftigen, in unserer Generation und in unserem – immer noch – Erwachsenwerden, das hoffentlich nie aufhört. Und wir hoffen, dass dies das Album auch rüberbringt. Alle Facetten des Lebens, Real-Life-Shit und Laberländ. Es ist alles dabei.

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