Aktionstag im WinzerveedelBürger planen Kölns ersten Superblock – Wunsch von Verkehrsregelung wie in Barcelona

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Die Burgunderstraße wurde mit Kreide bunt angemalt.

Kinder haben die Burgunderstraße bunt angemalt.

Die IG Winzerveedel machte erneut auf ihr Projekt aufmerksam, das Viertel zu einem verkehrsberuhigten Superblock nach dem Vorbild Barcelona umzugestalten.

Im Winzerviertel kann man beobachten, wie die Verkehrswende gelingen kann, ohne dass die Nachbarschaft heillos zerstritten ist. „Unser Aktionstag war ausgesprochen entspannt“, zieht Clara Walther von der Interessengemeinschaft (IG) Winzerveedel ein durch und durch positives Fazit über das kleine Fest auf der Burgunderstraße, die am Samstagnachmittag für den Autoverkehr gesperrt war. Auf der Straße wurde getanzt, gemalt und Tischtennis gespielt. Gisela Morgenweck-Marfels führte durch das Veedel und an der Ecke Duffesbach/Saarstraße entstand auf einer einst trostlosen Brachfläche ein Beet mit Blütenträumen. Und nach dem Aktionstag, berichtet Walther, hätten die Zugriffszahlen auf die Internetseite der IG deutlich zugenommen. „Da haben sich offenbar viele Nachbarn im Detail informiert.“

Blütenmeer in der Kölner Südstadt statt Autos

Das Winzerviertel liegt in der Nähe des Barbarossaplatzes und wird so genannt, weil neben der Burgunderstraße noch weitere Straßen nach Weinanbaugebieten wie Mosel, Saar und Pfalz benannt sind. Die IG hat ein ambitioniertes Ziel. Sie möchte aus ihrem Veedel einen Superblock nach dem Vorbild Barcelona machen. Das heißt, dass der Durchgangsverkehr auf den Straßen innerhalb des Vierecks Luxemburger Straße, Salierring, Eifelstraße und Bahntrasse konsequent herausgehalten werden soll. Dazu sollen die Straßen im Viereck als Einbahnstraßen ausgewiesen, Bäume gepflanzt und Bänke aufgestellt werden. So wollen die Aktivisten die Lebensqualität im Winzerviertel spürbar steigern und es für den Autoverkehr unattraktiv machen.

Menschen knien in einem Beet und pflanzen Blumen.

Eine ehemalige Brache verwandelten die Anwohner in einen Blütentraum.

Vera Wittek von der IG fasste kurz zusammen, was bisher geschah. Die Interessengemeinschaft wurde vor einem Jahr gegründet und hat im Mai in der Bezirksvertretung eine Bürgereingabe auf Einrichtung eines Superblocks eingereicht. „Ich glaube, dass die Verwaltung unsere Idee wohlwollend aufgenommen hat“, beschreibt Wittek die Mitteilung aus dem Rathaus, dass schon in einigen Wochen eine Vorlage zum Superblock in die politischen Gremien gehen soll. Bei einer Talkrunde äußerte sich der ehrenamtliche Fahrradbürgermeister und Initiator von „Ring frei“ ebenfalls positiv: „Ich bin sicher, dass das klappt mit dem Superblock. Wo, wenn nicht hier.“

Neun Menschen stehen auf der Burgunderstraße und diskutieren.

Diskutiert wurde in einer Talk-Runde mit zahlreichen Expertinnen und Experten.

Kritik an Verkehrspolitik der Stadt Köln

Johann von Mirbach hat den viel beachteten Dokumentarfilm „Wie gelingt die Verkehrswende? Metropolen in Bewegung“ gedreht. „Köln ist ähnlich gebaut wie Barcelona. Es gibt große Straßen und dazwischen viele kleine Veedel.“ Manche dächten, im Winzerviertel denke man radikal. „Für die in Barcelona und Paris ist das, was hier entstehen soll, längst Normalität. Es gibt kein Grundrecht, durch Viertel zu fahren, in denen andere Menschen wohnen und sich wohlfühlen wollen. Wir sind lange noch nicht radikal genug.“

Matthias Deventer, der mit seiner Firma „Stadtkontraste“ unter anderem die Holzmöbel für die Deutzer Freiheit angefertigt hat, kritisiert die Verwaltung: „Die Stadt tritt nicht als einheitlicher Akteur auf.“ Seine Kritik richtet sich auch gegen Henriette Reker: „Wir bräuchten eine Oberbürgermeisterin wie in Barcelona und Paris. Ich wünsche mir viel mehr Engagement von ganz oben. Man darf die Initiativen nicht allein lassen.“

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