Offene Türen in Ateliers, Kirchen und KneipenZwölfte „Mülheimer Nacht“ zog Menschen in Scharen auf die Schälsick

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Die Künstlerinnen Yvonne Haag, Nadine Kulis und Stella Barsch.

Türen auf in der „Lindgens Kantine“: Die Künstlerinnen Yvonne Haag, Nadine Kulis und Stella Barsch (v.l.n.r.) zeigten ihre Werke.

28 Teilnehmer waren bei der zwölften Ausgabe der „Mülheimer Nacht“ dabei – und es gab großen Andrang in den Locations.

Einem Künstler über die Schulter schauen, Live-Musik im Lieblingscafé genießen und danach noch an einer Lesung teilnehmen – bei der Mülheimer Nacht war das alles möglich. Bereits zum zwölften Mal öffneten Ateliers, Theater, Kirchen und Kneipen ihre Türen für Interessierte oder Kurzentschlossene.

Ein Shuttlebus verband die Locations zwischen Deutz-Mülheimer und Berliner Straße. „Man merkt richtig, wie viel Lust die Leute dieses Jahr haben. Es ist viel los im Veedel“, freute sich Tatjana Wank, Inhaberin des Cafés „Rheinspaziert“, in der Hafenstraße. Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiteten im Akkord, während die Gäste zu Saxofonklängen Kunst im Stil der Urban Sketchers betrachteten.

Deutzer Zentralwerk möchte altes Industrie-Gebäude nutzen

Koordiniert wurde die Ausstellung von Wanks Nachbarin Barbara Melchers und zeigte Zeichnungen von den unterschiedlichsten Mülheimer Ecken und Winkeln. Das Hauptaugenmerk lag darauf, wie unterschiedliche Künstler den gleichen Ort wahrnehmen. Natürlich durften auch bekannte Gebäude wie die Hauptzentrale der ersten Gasverbrennungsmotor-Fabrik der Welt nicht fehlen.

Um den Erhalt des geschichtsträchtigen Baus, in dem bereits Daimler und Bugatti Motoren herstellen ließen, kämpft das Deutzer Zentralwerk der schönen Künste. Bei Bratwurst und Getränken informierten sich die Mülheimer bei Anja Kolacek über den aktuellen Stand. „Wir haben hier 10.000 Quadratmeter Nutzfläche, die im Moment brach liegen. Dabei hat jeder Gebäudeteil so gute Anlagen, dass hier Bildungslandschaften, Zukunftslabore, Künstlerateliers und vieles mehr entstehen könnten“, erklärte sie den Plan, das Gelände zukunftsorientiert zu nutzen.

Gäste stehen und sitzen an Tischen in einem hohen Raum, an dessen Decke ein Kristallleuchter hängt.

Im Café Rheinspaziert war schon am frühen Abend allerhand los.

Auf Nachfrage, wie die Mülheimer helfen könnten, meinte Kolacek: „Schreibt an die Stadt, schreibt an eure Vertreter. Wir müssen diesem historischen Bauwerk ein neues Leben geben.“ Wie so etwas am Ende aussehen könnte, demonstrierte ein paar Hausnummern weiter die Künstlergemeinschaft der „Lindgens Kantine“. In dem denkmalgeschützten Gebäude an der Deutz-Mülheimer Straße 165 stellten Nadine Kulis, Yvonne Haag und Stella Barisch aus. „Für uns bietet sich die Teilnahme an der Mülheimer Nacht einfach an, um neue Leute anzusprechen. Alle sind sehr aufgeschlossen und neugierig, mal in ein Atelier zu schauen. Das ist ja nichts, woran die meisten in ihrem Alltag denken“, berichtete Nadine Kulis.

Café und Naturwein im alten Lindgens-Areal

Die Künstlerin und Autorin beschäftigt sich vor allem mit der Weiblichkeit. Ganz exklusiv las sie zum ersten Mal aus ihrem neuen Buch „Die Göttin trägt Vulva“. Festivalfans kamen bei Radix & Anima auf ihre Kosten. Vor einem halben Jahr eröffnet, nahm das Café im alten Pförtnerhaus am Lindgens-Areal zum ersten Mal an der Mülheimer Nacht teil. DJ Houzeverliebt legte auf und lud die Liebhaber von „Speciality Coffee“ und Naturwein zum Tanzen ein. „Wir sind sehr überrascht, wie viel so früh am Abend bereits los ist“, berichtete Nadine Jäpel, Cousine von Inhaberin Jennifer Wirtz. Gemeinsam führen sie die Raumvermietung „Sosein“, in deren Räumlichkeiten bereits kurz nach Beginn ordentlich getanzt wurde.

Vor der Theke standen lange Schlangen und ein paar Gäste verrieten, dass es hier den besten Kaffee gäbe. „Die Mülheimer Nacht ist echt eine super Idee. Hier wird alles miteinander verbunden: Kunst, Kultur, Essen und Feiern. Man kann einfach die Hauptstraßen abklappern und so viel sehen“, lautete ihr allgemeines Fazit. Alleine würde man vielleicht nicht auf die Idee kommen, einfach mal in ein Atelier zu gehen, aber wenn alle Tore offen stünden, wäre es eine willkommene Gelegenheit. Dann zeige Mülheim, welche Vielfalt das Veedel zu bieten hat.

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