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Mülheimer Arche„Kleinste Praxis Kölns“ versorgt Menschen, die aus dem Raster fallen

Lesezeit 3 Minuten
Mark Oette, Brigitte Mettenbörger und Saskia Redenius sind Mitarbeiter der Praxis Caya. Sie stehen in ihrem kleinen Container am Mülheimer Stadtgarten, wo sie Wohnungslosen, Obdachlosen und Geflüchteten kostenlose medizinische Versorgung anbieten.

Mark Oette, Brigitte Mettenbörger und Saskia Redenius (v.l.n.r.) bieten in der Praxis Caya kostenlos medizinische Versorgung an.

Wohnungslose, Geflüchtete und andere sozial Benachteiligte: Eine Praxis versorgt die, die nicht in das Gesundheitssystem passen.

Mark Oette sucht in seiner Arztpraxis nach Platz für einen kleinen Koffer. Die Suche dauert etwas, denn sein Arbeitsplatz ist ein nur knapp 20 Quadratmeter großer Container. Oette präsentiert den Inhalt des Koffers stolz: „Jetzt können wir auch Ultraschalluntersuchungen durchführen.“ Maschinen, wie sein neues Sonografiegerät, gibt es in jeder gewöhnlichen Praxis, sind aber für ihn goldwert. Denn er und sein Team versorgen ehrenamtlich und kostenfrei Menschen, die keinen adäquaten Zugang zum Gesundheitswesen finden.

Kölner Praxis „Caya“ heißt alle Menschen willkommen

Die Patienten sind Wohnungslose, Obdachlose, Geflüchtete und andere sozial Benachteiligte. „Unseren Patienten steht eine ordentliche, medizinische Versorgung zu, wie sie jeder andere beim Hausarzt bekommt“, sagt Oette.

Viele träfen aber beim Hausarzt auf Abweisung, weshalb die Hemmschwelle zu hoch sei, dort ein zweites Mal hinzugehen, sagt Krankenpflegerin Saskia Redenius. „Das können Menschen im Krankenkassensystem sein. Aber weil sie stinken oder sich unangenehm verhalten, werden sie nicht angenommen. Deswegen ist unsere wichtigste Währung das Vertrauen“, so Redenius. Passend heißt die Praxis „Caya – Come as you are“, also „Komm, wie du bist“. Den weißen Container nennen sie liebevoll die „kleinste Praxis Kölns“.

Wohnungslose werden im Schnitt 47 Jahre alt

„Die Praxis hätte ich an Heiligabend gebrauchen können“, sagt „Bohne“. So wird der 54-jährige Klient schon seit seiner Geburt genannt. Er habe mit starken Schmerzen auf dem Boden gelegen, während Familien vor ihrem Weihnachtsbaum saßen. Er sei bewusstlos geworden, gefallen und habe sich an der Wirbelsäule verletzt. Statt einer Untersuchung im MRT, habe er sich Schmerzmittel von der Apotheke geholt. „Damit bin ich über die Weihnachtstage gekommen.“

Dadurch, dass Wohnungslose keine ordentliche Versorgung finden, sind sie im Vergleich zur Restbevölkerung gesundheitlich benachteiligt. Das hat fatale Folgen: „Wohnungslose werden im Durchschnitt 47 Jahre alt. Das ist ein Skandal“, sagt Oette.

„Wir wollten mit der Praxis einen Schritt weiter gehen als die bisherigen Angebote in Köln.“ Der Standort in der Nähe des Wiener Platzes war dabei kein Zufall. Denn gerade im Rechtsrheinischen gäbe es keine angemessenen Angebote für Hilfsbedürftige, so Oette.

Köln: SKM und Caya-Praxis bilden eingespieltes Team

Die Caya-Praxis ist in einem von zwölf Containern, die die Mülheimer Arche am Rande des Stadtgartens bilden. Die Arche behaust auch den Sozialdienst Katholischer Männer (SKM). „Unser Kerngeschäft ist es, die Leute in die Beratungen zu kriegen, sodass wir ihnen eine Perspektive für die Zukunft aufzeigen können“, sagt Leiter Fabian Daniels.

Der SKM und Caya sind bereits ein eingespieltes Team. Wenn die Ärzte mitbekommen, dass der Patient Probleme mit der Behörde hat, dann wird er einen Raum weiter an die Sozialarbeiter geleitet. Eine warme Mahlzeit und Waschmöglichkeiten für Körper und Klamotten gibt es obendrauf. So lösen sich gleich mehrere Probleme, die für Wohnungslose sonst mit enormen bürokratischen und finanziellen Hürden verbunden sind.

Angebot für Obdachlose in Köln-Mülheim von Spenden abhängig

Doch die Versorgung in der Mülheimer Arche ist abhängig von der Gutmütigkeit der Restbevölkerung: „Das Angebot und Engagement der vielen Ehrenamtler steht und fällt mit dem Spendenaufkommen“, sagt Jörg Frank. Er ist Geschäftsführer des Vereins, der die Mülheimer Arche bereitstellt.

Dabei ist die Nachfrage groß. Allein Caya hat seit seiner Eröffnung im Mai 2022 bereits 130 Menschen versorgt. Das funktioniert nur mit dem Ehrenamt der 18 Ärzte und Krankenpfleger. Die größte Belohnung für Krankenpflegerin Redenius ist die Dankbarkeit der Patienten: „Diese Herzlichkeit, mit der sie uns begegnen. Das sind so besondere Momente der Menschlichkeit.“

Das Team sucht pausenlos nach Möglichkeiten, ihr medizinisches Angebot auszuweiten. Ihr Ziel ist es, den Patienten die Qualität einer gängigen Hausarztpraxis zu bieten. Auch wenn dadurch der Platz im Container immer kleiner wird.

Die Mülheimer Arche befindet sich auf dem Bergischer Ring 40, 51063 Köln und hat montags bis freitags von 11 bis 16.30 Uhr geöffnet. Mehr Informationen zu Caya und dem SKM finden Sie auf den Websites der jeweiligen Vereine.