Rewe in KölnAbenteuerspielplatz für kreative Köpfe

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Kölns Wirtschaftsdezernentin Ute Berg und Rewe-Digital-Chef Jean-Jacques van Oosten unter einer Riesen-Büro-Hängematte.

Kölns Wirtschaftsdezernentin Ute Berg und Rewe-Digital-Chef Jean-Jacques van Oosten unter einer Riesen-Büro-Hängematte.

Mülheim – Es ist eine Mischung aus nüchternem Großraum-Chic und Abenteuerspielplatz: Lange Reihen schlichter Computerarbeitsplätze – dazwischen eine große Pausenecke mit Sprossenleiter, über die man sich in ein riesiges Netz schwingen kann. Sich einfach mal fallen lassen, wenn der Kopf zu rauchen beginnt, und auch mal eine Weile liegenbleiben – das ärgert den Chef hier nicht, er ermutigt sogar dazu. Kreativität braucht Raum – und wenn’s eine überdimensionierte Hängematte ist. Die Bürowände sind zum Kritzeln da – alles abwaschbar.

Der Kölner Handelskonzern Rewe setzte 2013 rund 50,6 Milliarden Euro um und beschäftigt 330 000 Mitarbeiter. Die Gruppe will das Online-Geschäft forcieren und hat dazu Ende 2013 den früheren Tesco-Manager Jean-Jacques van Oosten nach Köln geholt, der im Carlswerk die Rewe-Tochter Rewe Digital führt. 50 Mitarbeiter managen dort das Online-Geschäft. (eve)

Außer dem Schriftzug am Eingang des Lofts erinnert an die „Mutter“ Rewe: nichts. Hier, am hintersten Ende des früheren Industrieareals Carlswerk schlägt mit „Rewe Digital“ seit drei Monaten das elektronische Herz des Kölner Handelskonzerns. Weit ab von der schmucken Konzernzentrale – vielleicht ist das auch ganz gut so – fachsimpeln keine Händler. Hier versuchen junge Kreative, die Online-Aktivitäten der Gruppe voranzutreiben. „Wir haben mehr Freiheit hier, unsere Leute lieben das“, sagt Rewe-Digital-Chef Jean-Jacques van Oosten, ein gebürtiger Belgier.

Nur wenige der 50 festangestellten Mitarbeiter sind über 30. Zwei Drittel kommen aus der Region. Probleme, gut ausgebildete Entwickler, Marketing-Experten, Suchmaschinenoptimierer und Strategen zu finden, hatte er nicht, sagt der 46-jährige frühere Tesco-Manager, der Ende 2013 von London an den Rhein zog: „Ich dachte anfangs, es könnte schwierig werden gegen starke IT-Regionen wie Hamburg, München oder Berlin zu konkurrieren. Aber Köln ist extrem interessant für junge Leute, die Menschen sind sehr offen hier – und da geben heute viele Köln den Vorzug vor Berlin.“

„Wir wollen Geschichte schreiben“

Im Mülheimer Carlswerk sorgen die 50 Rewe-Mitarbeiter nicht nur dafür, dass das bestehende Online-Geschäft funktioniert. Es sollen auch neue, online-basierte Geschäftsideen entwickelt werden. Im Moment hat der Online-Lebensmittelhandel in Deutschland zwar noch einen verschwindend geringen Marktanteil. Doch das kann sich schnell ändern, auch durch die breite Nutzung von Smartphones. Der Kölner Handelskonzern will den Markt erobern, bevor der US-Gigant Amazon in Deutschland mit seinem eigenen Lieferdienst „Amazon Fresh“ für frische Lebensmittel wie Obst, Fleisch und Fisch durchstartet. In 16 Regionen gibt es bereits Online-Lieferservices der Rewe, auch in Köln. „Wir wollen der größte Online-Lebensmittelhändler werden. Wir wollen Geschichte schreiben – und kein kleines Kapitel in einem Buch, das niemand lesen will“. Schon einmal hat die Gruppe das Internet-Geschäft unterschätzt – mit Promarkt im Elektronikbereich. Noch einmal soll das nicht passieren.

Das Digital-Team hat bereits die Rewe-Online-Shops zusammengeführt und erarbeitet in Mülheim nun auch Lösungen zu einer stärkeren Kundenbindung – etwa über das Smartphone: Eine persönliche Begrüßung beim Betreten des Ladens, der Hinweis auf Angebote, mobiles Bezahlen, mobile Gutscheine: vieles sei vorstellbar, einiges davon wird bereits gemacht. Das Ziel: Online- und stationäres Geschäft werden verzahnt.

Vorantreiben sollen van Oosten und sein Team nicht nur den Lebensmittel-Onlinehandel. Der Fokus liege auch auf den Reiseaktivitäten (ITS, Jahn, DER), sagt van Oosten. Und wo kann man schon besser über Urlaubsreisen nachdenken als in einer Hängematte?

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