Neuer Laden an der Venloer Straße„The Good Food“ bewahrt Lebensmittel vor der Tonne

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Das Gemüse wurde aussortiert, ist aber trotzdem frisch.

Das Gemüse wurde aussortiert, ist aber trotzdem frisch.

Ehrenfeld – An diesem Tag scheint die Venloer Straße noch ein bisschen belebter als sonst. Schon von weitem fällt der offene Holzbus mit den Sitzbänken auf. Kinder spielen auf dem Gehweg, Erwachsene tummeln sich vor dem Eingang eines kleinen Geschäfts. Über dieser Tür nämlich flattert seit heute ein neues Laden-Schildchen: Hier heißt es jetzt „The Good Food“, gutes Essen also.

„2014 haben wir ein Stipendium gewonnen, um an der Idee von The Good Food zu basteln“, erzählt Nicole Klaski, Gründerin des Start-Ups. „Die Idee entsprang ganz einfach der Verärgerung darüber, dass so viele Lebensmittel weggeschmissen werden – auch von Seiten der Erzeuger, Produzenten oder Landwirte.“

Kartoffeln landen sehr häufig im Müll

Gemeinsam mit ihrem Team aus ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern arbeitet Klaski regelmäßig auf Feldern und erntet Gemüse, das die Landwirte auf herkömmlichem Weg nicht loswerden. „Ganz schlimm ist es bei den Kartoffeln“, sagt Klaski, „jede zweite Kartoffel wird weggeworfen.“

Bei der Eröffnung des Geschäfts, tummeln sich hier bestimmt dreimal mehr Menschen, als in den kleinen Laden passen. Sie kommen von überall. Viele kennen das Projekt bereits länger. Denn für Klaski und ihr Team ist der Laden nicht erst der Anfang ihres Projekts. Schon seit einigen Jahren verkauft „The Good Food“ Lebensmittel, die Landwirte nicht losgeworden oder deren Mindesthaltbarkeitsdaten fällig sind. „Angefangen hat alles mit wöchentlichen Obst- und Gemüsemarktständen in Ehrenfeld“, erzählt Klaski.

Laden an der Venloer Straße

Im vergangenen Jahr führten sie dann ein kleines Geschäft in der Körnerstraße und eines in der Maybachstraße im Agnesviertel, allerdings nur zur Zwischenmiete. Mit dem Laden an der Venloer Straße 414 kehrt nun eine Konstante in das junge Unternehmen. Endlich ein fester Verkaufsplatz.

Und eben diesen hatte das Team von „Good-Food“ als Anlass zum Feiern genommen. Mit dabei waren: Popcorn – für Kinder kostenlos – ein Fahrradgrill, frische Suppe und natürlich – jede Menge gerettetes Essen. Etwa Kisten voll Kartoffeln, Salat und Sellerie findet man in dem kleinen, verwinkelten Geschäft.

Nicht nur Obst und Gemüse werden weggeworfen

„Wie viel mag das wohl wert sein?“, fragt man sich hier.

„Wie viel mag das wohl wert sein?“, fragt man sich hier.

Warum die weggeschmissen werden sollten, scheint schwer verständlich. Oft sind es optische Fehler, dann ist die Paprika einfach nur krumm. Auf Regalen stehen Müsli- und Haferflockenprodukte bereit. Aber auch Couscous und Kokos-Mus werden verkauft. Im Hinterraum des Geschäfts stehen zwei ganz alte Regale mit ungezählten kleinen Schubladen, die man am liebsten alle öffnen will, nur um zu gucken, was sich darin verbirgt. Und Backwaren gibt es auch. „Die holen wir häufig abends ab, und haben sie dann am nächsten Tag im Laden bereitstehen“, erklärt Klaski. Ein festes Sortiment habe der Laden aber nicht, das Konzept führe dazu, dass es immer etwas Anderes zu entdecken gibt.

Einkaufen gegen die Lebensmittel-Verschwendung

Aber nicht nur Essen gab es auf der Eröffnungsfeier von „The Good Food“, sondern auch Musik, Willkommensworte und Dankes reden. Gekommen war unter anderem Valentin Thurn, Regisseur und Produzent des Kino-Dokumentarfilms „Taste the Waste“ – ein Film, der sich mit der Verschwendung von Lebensmitteln auseinandersetzt. „Ein größeres Lob kann man als Filmemacher gar nicht bekommen“, sagt Thurn, nachdem Klaski offenbart hatte, unter anderem sein Film habe sie zu dem Projekt inspiriert. Er hoffe und wünsche sich sehr, dass sich der Laden halte.

Martina und Raimund Mettendorf zählten zu den ersten Kunden des Geschäfts, sie sind aus der Umgebung von Köln angereist. „Wir haben über einen Newsletter davon erfahren.“ Die beiden engagieren sich für diverse alternative Wirtschaftskonzepte. Karina, Dennis und Maren kennen das Projekt schon länger. Auch sie sind gekommen, um „The Good Food“ zu unterstützen und vor allem, „um was gegen die Lebensmittel-Verschwendung zu tun“. Karina und Dennis wollen häufiger kommen, sie wohnen in Ehrenfeld. Maren ist aus Wuppertal gekommen. „Ich habe früher aber auch mal in Ehrenfeld gewohnt und hier sehr lange beim Foodsharing mitgemacht.“

Waren werden nicht verschenkt

Den Foodsharing-Verein Köln kennt auch Nicole Klaski sehr gut – bis vor kurzem war sie Geschäftsführerin. Ihr jetziges Ladenkonzept unterscheidet sich aber vom Foodsharing und anderen Ideen der Lebensmittel-Rettung. Denn in „The Good Food“ wird bezahlt. „Um Profit geht es uns dabei aber nicht“, sagt Klaski. Das eingenommene Geld geht in die logistischen Leistungen und die Miete des Ladens. Und: Wie viel man bezahlen will, bleibt jedem selbst überlassen. Die Frage „Was ist es (dir) wert?“ steht nicht nur auf Holzschildern im Laden – sie ist auch eine Philosophie des Geschäfts. Denn wie viel Arbeit steckt eigentlich in einer Handvoll geernteter Karotten? Gar nicht so einfach, das zu schätzen, bemerken manche Kunden. Immer wieder fragt jemand nach, was denn eine angemessene Bezahlung sei. Sonja vom „Good-Food“-Team beruhigt dann: Mit jedem Einkauf bekomme man dafür ein besseres Gefühl.

www.the-good-food.de

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