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Psalm 42 im FokusLutherkantorei in Wahnheide präsentiert Werke von Mendelssohn und Lewandowski

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Die Lutherkantorei Wahnheide bei ihrem Jahreskonzert in der Martin-Luther-Kirche.

Die Lutherkantorei Wahnheide bei ihrem Jahreskonzert in der Martin-Luther-Kirche.

Die Lutherkantorei in Wahnheide stellte Psalm 42 in den Mittelpunkt ihres Jahreskonzerts in der Martin-Luther-Kirche. So gelang die Umsetzung.

Die bildreiche Sprache alttestamentarischer Psalmen wirkt durch die Jahrtausende hindurch machtvoll und hat Komponisten zu bewegenden Vertonungen inspiriert. Psalm 42 mit seinem flehentlichen Ruf nach Gottesnähe ist in Kompositionen von Felix Mendelssohn Bartholdy und vom ebenfalls in der Epoche der Romantik wirkenden Musiker Louis Lewandowski zu hören. Beide Werke stellte die Wahnheider Lutherkantorei in den Mittelpunkt ihres Jahreskonzertes. Unter der Leitung von Michael Bader führten der große Chor, Sopranistin Merle Marie Bader, Ludwig Krinner an der Orgel und ein Projektorchester die zu Herzen gehenden Kompositionen und weitere romantische Musik auf.

„Wie der Hirsch schreit nach frischem Wasser, so schreit meine Seele, Gott, zu Dir“- dieses aus tiefer Not erwachsene Verlangen brachten die Ausführenden in die Sprache der Musik zur Aufführung. Sie nahmen die Konzertgäste in der Martin-Luther-Kirche in Wahnheide mit auf den ergreifenden Weg von der Verlassenheit bis zum Erleben des göttlichen Beistands, wie ihn einst der hebräische Psalmist beschrieben hat.

Solistin Merle Marie Bader beim Jahreskonzert der Lutherkantorei Wahnheide in der Martin-Luther-Kirche.

Solistin Merle Marie Bader beim Jahreskonzert der Lutherkantorei Wahnheide in der Martin-Luther-Kirche.

Mit den ersten Takten der Komposition von Louis Lewandowski lud der Chor die Gäste dazu ein, Neuland zu betreten. Der jüdische Komponist hat im späten 19. Jahrhundert den traditionellen Synagogalgesang und zeitgenössische europäische Kompositionen verknüpft und – in Verehrung von Mendelssohn Bartholdys Werk – eigene Formen der Musik im jüdischen Gottesdienst geschaffen. Er führte als Neuerung das Singen in deutscher Sprache ein und brach durch seine Fassung für Solisten, Chor und Orgel mit dem Althergebrachten. Das von großer Würde getragene Werk interpretierte die Kantorei mit seinen eindrucksvollen modalen Wendungen. Die Verzweiflung des Rufers und schließlich seine tief gläubige Hoffnung transportierten die Sängerinnen und Sänger mit emotionaler Direktheit, die das Auditorium ergriff. Vom stillen, meditativen Rückzug in ein Tal der Tränen gestaltete der Chor den Weg des Psalmisten bis zu einem mächtigen Glanzakkord der Hoffnung. Silbrig klingende solistische Akzente setzte Tanja Nelius aus dem Sopran der Kantorei.

Improvisationen an der Orgel

Dem 42. Psalm und seinen Vertonungen widmete auch Ludwig Krille an der Orgel eine facettenreiche Improvisation. Einige Motive konnten die Konzert Gäste und dann beim orchestral eindrucksvoll begleiteten Werk von Felix Mendelssohn Bartholdy zum selben Thema wieder erkennen.

Solistin Merle Marie Bader ließ mit ihrem Sopran das geistliche Motiv erstrahlen. In den klaren, strahlenden Höhen wirkte ihre Stimme wie ein hoffnungsspendendes Licht, mit emotionaler Tiefe vermittelte sie Demut, Sehnsucht und Trost. Das entfaltete im Verschmelzen mit dem Chor und dem Orchester einen bewegenden Eindruck. Durch klare Artikulation, Sensibilität für den phrasierten Ausdruck und eine Dynamik, die den Psalm so lebendig machte, überzeugte der Chor auch hier. Das Orchester schuf mit ruhigem, sicheren Ton eine mal antreibende, mal in der Kraft zurückgenommene Begleitung. Ein Höhepunkt des Vortrags war die Gestaltung des Quintetts, das der Chorleiter in den Männerstimmen mit Tenören und Bässen aus den Reihen der Kantorei besetzt hatte. „Der Herr hat des Tages verheißen seine Güte“ – das klang wie Balsam für die gequälte Seele.

Auftrag zu eigener Friedfertigkeit

Das facettenreiche Zusammenwirken von Sopranistin, Orchester und Kantorei war ebenso in Mendelssohn Bartholdys Psalmvertonung „Hör mein Bitten“ zu erleben. Das Orchester zeichnete weiche, fließende Linien, während der Chor mit klaren Konturen den Psalmcharakter hervorhob. In Merle Marie Baders Solopassagen erblühte die musikalische Innigkeit, die Mendelssohns romantische Komposition auszeichnet.

Mit Mendelssohns Komposition „Verleih uns Frieden gnädiglich“, die er für eine von Martin Luther verfasste Liedstrophe geschaffen hat, entließen die Musizierenden ihr Auditorium in den Abend. Zwar ist das Gebet um irdischen Frieden zu unseren Zeiten direkt an Gott gerichtet. Doch wer zuhörte, konnte die Bitte auch als Auftrag zu eigener Friedfertigkeit verstehen. Anhaltender Beifall war der Lohn für die Solisten, die Kantorei, das Orchester und besonders für Chorleiter Michael Bader. In der Kantoren-Vakanz an der Gemeinde hat er dem Chor starke Impulse gegeben und ein Konzert von romantischer Strahlkraft ermöglicht.