Prozess in KölnObdachloses Paar raubt Freier aus

Lesezeit 3 Minuten
gericht3

Symbolbild

Köln – Eine obdachlose Kleinfamilie, die ihren Lebensunterhalt damit bestreitet, dass die junge Frau (21) anschaffen geht, während der Lebensgefährte (24) auf den kleinen Sohn aufpasst. Das 15 Monate alte Kleinkind schläft im Kinderwagen, wenn seine Mutter abends die Freier im angemieteten Hotelzimmer empfängt. Weil das Paar Anfang des Jahres gemeinschaftlich einen Kunden ausgeraubt haben soll, sitzen beide nun wegen schweren Raubes auf der Anklagebank des Landgerichts, ihnen drohen Gefängnisstrafen von fünf bis zu 15 Jahren.

Zumindest für den erheblich vorbestraften Mann, der – im Gegensatz zu der inzwischen von ihm getrennt lebenden Frau mit weißer Weste – schon hafterfahren ist, könnte das Urteil hoch ausfallen.

Sie weint und vermeidet jeden Blickkontakt, während er immer wieder hilfesuchend, jedoch vergeblich ihre Aufmerksamkeit sucht. So präsentiert sich das Paar auf der Anklagebank. Beide werden aus der Untersuchungshaft vorgeführt, da sie ohne Wohnsitz sind und Fluchtgefahr besteht.

Laut Anklage soll Rebecca B. über ein Internetportal im Januar dieses Jahres Kontakt zu einem Freier gehabt haben, der pünktlich zum verabredeten Termin nach Mitternacht im Hotelzimmer an der Deutz-Mülheimer Straße eintraf. Für den Beischlaf waren 150 Euro vereinbart – „ohne Kuscheln und Küssen“, doch dazu kam es erst gar nicht. Kevin F. hatte sich im Badezimmer mit einem Schlagstock versteckt, den Freier bedroht, ihm 550 Euro aus der Brieftasche entwendet und den Mann anschließend vor die Tür gesetzt.

Rätsel um Bluttest

„Es war nicht geplant, aber ich fühlte mich plötzlich so verloren“, sagt Kevin F., die Tat sei jedoch keinesfalls geplant und schon gar nicht mit der Freundin abgesprochen gewesen. „Sie war völlig perplex, wusste von nichts.“ Man habe nicht mehr aus noch ein gewusst, weil ständig Geld fehlte, als Ex-Mitglied der Hells Angels habe er 10.000 Euro Ablösesumme an den Klub zahlen müssen. Obwohl die junge Mutter 600 Euro Sozialleistungen erhielt, habe es vorne und hinten nicht gereicht. Immerhin: In den zwei Monaten als Prostituierte habe er vom Freierlohn 7000 Euro als „Rücklage“ gebildet: „Für die Zeit, wenn ich im Gefängnis sitze.“ Denn Kevin F. stand bereits zum Jahreswechsel vor dem Antritt einer neunmonatigen Gefängnisstrafe.

Während F. die Tat als völlig spontan und ungeplant herunterspielt, will er zum Tatzeitpunkt unter Drogen- und Alkoholeinfluss gestanden haben. Entspricht das der Wahrheit, kann er mit einer milderen Strafe rechnen. Nur: Ein entsprechender Bluttest, der von der Polizei noch in der Tatnacht durchgeführt worden sein soll, ergab null Promille. Auf den Widerspruch angesprochen, behauptet F: „Bei mir wurde doch gar kein Test durchgeführt.“ Dem will das Gericht jetzt nachgehen.

KStA abonnieren