Interview mit Antonio Dos Santos„Das ist das Wohnzimmer von Raderberg“

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Antonio Dos Santos hinter der Theke des Brauhaus am Kloster

Raderberg – Als Toni, wie Antonio Dos Santos von allen genannt wird, vor seiner Gaststätte die Markise hochkurbelt, grüßt ihn ein Nachbar quer über die Straße aus seinem Fenster heraus. „Das ist ein Stammkunde von mir“, erklärt Dos Santos. „Eigentlich kommt er drei Mal die Woche zu mir, aber im Moment ist es ihm zu heiß, da schafft er die Treppen nicht. Ab und zu gehe ich dann rüber, klingle und trinke ein Kölsch mit ihm.“ Der Besitzer des Lokals Brauhaus am Kloster und seine Frau Pina sind bei den Raderbergern so beliebt, dass sie sich vor drei Jahren dafür einsetzten, dass sie die traditionsreiche Gaststätte übernehmen.

Wie haben Sie nach Raderberg gefunden?

Ich bin im Juni 1985 von Portugal nach Deutschland gezogen. Ich wollte nicht mehr studieren und in Nazaré gab es nichts zu tun, nur im Sommer hatte ich immer für drei Monate Arbeit. Heute wächst der Ort und ist vor allem bei Surfern sehr bekannt. Ich bin damals zuerst in die Südstadt gezogen, dann auf die Zülpicher Straße. 2011 habe ich als Teilhaber im Haus Bernards in Raderberg angefangen, aber das Konzept hat damals nicht funktioniert.

Dennoch sind Sie dem Veedel treu geblieben. Wie kam es?

Letztlich bin ich nur wegen der Gäste im Bernards an meine heutige Gaststätte gekommen. Als ich denen erzählt habe, dass ich dort aufhören wolle, meinten sie, ich solle unbedingt bleiben. Die Leute sagten, ich würde dem Veedel guttun. Schließlich hat mich einer der Gäste angesprochen, dass der alte Besitzer der Gaststätte Brauhaus am Kloster den Laden abgeben wollte und ob ich das nicht machen wolle.

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Und dann ging alles sehr schnell?

Ja, der Besitzer war einverstanden, die Brauerei, der das Haus gehört auch, und dann war es klar. Ich bin dann im März 2015 in Urlaub gefahren und habe von dort aus alles per Mail und Telefon geregelt. Und drei Nachbarn haben sich vor Ort um alles gekümmert, Werbeflyer gedruckt und vieles mehr. Das war wirklich unglaublich. Am 14. April kam ich zurück, am 15. habe ich den Vertrag unterschrieben und am 17. haben wir Eröffnung gefeiert. Seitdem werden es immer mehr Gäste.

Welche Bedeutung hat die Gaststätte für den Stadtteil heute?

Ich würde sagen, das ist das Wohnzimmer des Veedels. Die Leute kommen nicht nur zu mir, um zu essen und zu trinken. Es ist wichtig, dass man sich um die Menschen kümmert. Die brauchen ein bisschen Fürsorge. Ich unterhalte mich mit ihnen, frage sie, wie es ihnen geht. Meine Frau steht hinter der Theke und kümmert sich liebevoll um die Kinder der Gäste. Bei einem Großteil meiner Gäste weiß ich ziemlich genau, wann sie kommen. Viele von ihnen sind einst von der Südstadt nach Raderberg gezogen, weil es hier beschaulicher und ruhiger zugeht. Es ist einfach schön und hat Flair.

In Raderberg ist eine Neubausiedlung entstanden. Wie klappt das Miteinander?

Die Menschen werden gut angenommen von den Ur-Raderbergern. Wir profitieren alle davon. Das Veedel wird lebendiger, es gibt mehr Familien und Kinder. Viele von den neuen Einwohnern kommen auch zu mir und fühlen sich wohl.

Sie haben den Verein „Raderberg Be-Leben“ gegründet. Wie kam es dazu?

Vor zwei Jahren habe ich ein Sommerfest veranstaltet. Das kam super an, aber ich wollte es nicht nochmal alleine organisieren. Deswegen bin ich vor ungefähr einem Jahr zu dem Besitzer der Pizzeria nebenan gegangen und wir haben den Verein gegründet. Mittlerweile haben wir mehr als 100 Mitglieder – fast alles Leute aus der Nachbarschaft, die sich einsetzen und organisieren. Wir haben ein Grillfest auf die Beine gestellt und kooperieren mit den Nonnen gegenüber. Am 3. Oktober gibt es zum Beispiel einen Tag der offenen Tür im Kloster.

Zur Person

Antonio Dos Santos ist 55 Jahre alt und kam im Juni 1985 von Portugal nach Köln. Der gelernte Koch ist verheiratet und hat zwei Kinder. Seit 2015 führt er das Restaurant Brauhaus am Kloster, das 1905 unter dem Namen Klosterschänke von der Familie Kohlgraf eröffnet wurde. Mindestens einmal im Jahr fliegt er in seine Heimatstadt Nazaré, wo seine Eltern und viele Familienmitglieder wohnen. 

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