Cinepänz-FilmfestNeun Tage lang fantasievolles Kino

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Szene aus dem französischen Film „Princess Dragon“ (2021). Ein blondes Mädchen klammert sich an ein Wesen mit birnenkopf und grünen Haaren, die seinen gesamten Körper bedecken

Szene aus dem französischen Film „Princess Dragon“ (2021)

Es ist wieder so weit, endlich! Am Samstag eröffnet Cinepänz, das Kölner Filmfestival für junges Publikum, seine Pforten und bringt spannende Kinder- und Jugendfilme in Kölner Kinos und Bildungseinrichtungen.

Wobei Cinepänz notwendiger denn je ist: Zwar fasst das reguläre Kinoprogramm nach den schweren Corona-Jahren inzwischen wieder Fuß, doch gerade Filme für junges Publikum laufen bis heute eher unter Radar und schaffen es nur selten über einen längeren Zeitraum auf den Spielplan. Entsprechend oft entsteht der Eindruck, dass sich der Kinderfilm in Stoffen wie „Die Schule der magischen Tiere“ und „Mein Lotta-Leben“ erschöpft, dabei ist er doch sehr viel reicher, vielfältiger, debattierfreudiger.

Im Grunde bräuchte eine Großstadt wie Köln ein eigenes Kinderkino, in dem tagein tagaus Filme für ein junges Publikum aller Altersstufen gezeigt werden. Geschichten, in denen es sich wiederfindet, die Welt mit deren Sorgen und Nöten, Freuden und Hoffnungen erfährt, die einfach nur gut erzählen und spielerisch Augen und Herzen öffnen. Dies aber dürfte ein frommer Wunsch bleiben, und deshalb ist Cinepänz so wichtig.

Im Programm des Cinepänz-Festivals unter anderem „Belle“ und „Die drei Räuber“

Das engagiert kuratierte Festival stößt es in ein Vakuum und füllt es neun Tage lang mit ganz außerordentlichen Filmen. Ob Real-, Animations- oder Dokumentarfilm, ob Lang- oder Kurzfilm, ob lustig oder traurig, spannend oder behutsam: 50 sorgfältig ausgesuchte Filme lassen Jung und Alt „gemeinsam tief in die Kinosessel sinken“, wie es im Editorial des Programmhefts heißt.

Szene aus dem Film Belle (2021). Ein rötlicher Drache hält ein Mädchen und fliegt mit ihr über eine virtuelle Stadt.

Der japanische Film „Belle“ (2021) ist inspiriert von „Die Schönheit und das Biest“

Das Angebot präsentiert sich in neuer, frischer Gestaltung, setzt vertraute, aber auch einige neue Akzente. So gibt es attraktive Bilderbuchverfilmungen wie „Die drei Räuber“ und „Molly Monster“, die schöne Reihe „Kurzes für Kurze“, die mit dem KFFK Kurzfilmfestival Köln kuratiert wurde, das Programm „Panorama“ mit vorzüglichen Filmen, die man leicht im Kino übersehen konnte. Dabei reicht der Reigen von den herrlichen „Geschichten vom Franz“ nach Christine Nöstlinger über das visuell überbordende Anime-Epos „Belle“ um einen Drachen und eine sommersprossige Prinzessin bis zum intensiven Drama „Petit Maman“ um ein kleines Mädchen, das um den Verlust seiner Oma trauert.

Klimabewegung der Jugend als Dokumentation

Nicht weniger eindrucksvoll das entwicklungspolitische Programm „Us, together“ für ältere Kids, u.a. mit Dokumentarfilmen wie „Die Götter von Molenbeek“ und „Youth Unstoppable“, der den Einsatz junger Menschen für Klima- und Umweltschutz aufarbeitet. Die kanadische Regisseurin Slater Jewell-Kemker, geboren 1992, filmte bereits als Zwölfjährige die Jugendklimabewegung und illustriert mit ihrem sehr persönlichen Bildmaterial deren Entwicklung. Zum weiterführenden Gespräch hat Cinepänz eine engagierte Kölner Schülerin eingeladen, die an ihrer Schule einen eigenen Klima-Rat gegründet hat.

Ein junges Mädchen, die Protagonistin von „Comedy Queen“, lässt sich von ihrer Freundin den Kopf rasieren

In „Comedy Queen“ lässt sich die Protagonistin den Kopf rasieren

Herzstück ist wieder der Wettbewerb mit acht Filmen, über die Preisträger entscheidet am Ende eine Kinderjury. Lange haben Festivalleiterin Christine Bernau und ihr Team dafür recherchiert: „Letztlich hatten wir etwa 120 Filme in der Sichtung, wobei uns wichtig war, dass wir in der Ausrichtung einen stark partizipierenden Anteil besetzen und die Filme glaubwürdig auf Augenhöhe erzählen.

Wettbewerbsfilme mit vielen weiblichen Hauptrollen

Eher unbeabsichtigt war, dass in den meisten Wettbewerbsfilmen Mädchen im Mittelpunkt stehen, was uns überrascht hat. Aber es waren eindeutig die besten Filme!“ Über „ihre“ Filme gerät Christine Bernau ins Schwärmen, freut sich über einfühlsame, zärtliche ebenso wie über ausgelassene Erzählformen. Das Spektrum reicht vom spritzig-anarchischen Stopp-Trickfilm „Oink“ aus den Niederlanden über den brillant animierten französischen Film „Dragon Princess“ bis zum schwedischen Beitrag „Comedy Queen“, in dem eine impulsive 13-Jährige mit viel Temperament und ebenso viel Mut ihre seelischen Wunden heilt.

Mit Christine Bernau hat Cinepänz eine nicht weniger engagierte Leiterin gefunden als es viele Jahre lang ihr Vorgänger Joachim Steinigeweg war. Zuvor leitete sie für vier Jahre das Kölner Kurzfilmfestivals KFFK und kam mitten in der Pandemie zum jfc Medienzentrum, das Cinepänz veranstaltet. Voller Pläne für die Weiterentwicklung des Festivals, vertraut sie auf die langfristige Förderung durch Stadt und Land und appelliert zugleich an mehr Aufgeschlossenheit gegenüber unterschiedlichen filmischen Formen. „Das diesjährige Festival steht in mehrfacher Hinsicht für Veränderung, auch für Zeit für Veränderung, was sich leitmotivisch durchs gesamte Programm zieht. Darüber bin ich sehr glücklich.“

Cinepänz, Filmfestival für junges Publikum. 19. bis 27.11.2022. Eine Übersicht der Filme und Spielorte gibt es hier.

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