Streaming-TippJournalistinnen in einer Welt aus Gewalt und Sexismus

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Keira Knightley als Loretta McLaughlin (links) und Carrie Coon als Jean Cole sitzen vor einem Tonbandgerät.

Keira Knightley als Loretta McLaughlin (links) und Carrie Coon als Jean Cole jagen den Boston Strangler.

Disney+ präsentiert mit „Boston Strangler“ einen mit Keira Knightley und Carrie Coon hochkarätig besetzen Film, der mehr erzählen will, als nur die Suche nach einem Serienmörder.

Das Problem an einem Streaming-Dienst wie Disney+ ist, dass Inhalte, die nicht selbst produziert, sondern eingekauft wurden, kaum beworben werden. Während sich Zuschauerinnen und Zuschauer vor Werbung zur Star-Wars-Serie „The Mandalorian“ kaum retten können, wird ein richtig guter Beitrag wie „Alaska Daily“ mit Hilary Swank eher stiefmütterlich behandelt. Ein ähnliches Schicksal erfährt gerade auch der Film „Boston Strangler“, der vom USA-Streaming-Dienst „Hulu“ produziert wurde und von Disney in Europa ausgestrahlt wird. Ähnlich wie „Alaska Daily“ hätte der Film mehr Aufmerksamkeit verdient. Immerhin spielen mit Keira Knightley und Carrie Coon zwei der besten Schauspielerinnen Hollywoods mit.

Verbindung zwischen mehreren Morden

Der Film folgt Loretta McLaughlin (Keira Knightley), einer Reporterin der Zeitung Record-American, die 1962 als erste Journalistin eine Verbindung zwischen mehreren Morden in der Umgebung von Boston herstellt. Die Opfer leben alleine, sind Frauen mittleren Alters und wurden mit einem Kleidungsstück erwürgt, welches der Täter anschließend wie eine Schleife um den Hals des Opfers drapiert. Seltsamerweise gibt es keine Einbruchsspuren, sodass die Polizei zunächst davon ausgeht, dass der Täter seine Opfer gekannt haben muss. McLaughlin kann schnell fünf Morde mit dem gleichen Muster entdecken, insgesamt sind es sogar 13 Gewalttaten, die der Boston Strangler verübt haben soll. Oder sind es sogar mehrere Täter? Zwischenzeitlich kommt sogar der Verdacht auf, dass Männer den Boston Strangler als Alibi nutzen, um unliebsame Frauen aus ihrer Welt zu schaffen.

Keira Knightley und Chris Cooper trinken Kaffee in einem Büro.

Chefredakteur Jack MacLaine (Chris Cooper) ist von seiner emanzipierten Mitarbeiterin nicht völlig überzeugt.

Über den gesamten Ermittlungen der jungen Journalistin McLaughlin, schwebt jedoch der grassierende Sexismus der damaligen Zeit wie eine immer bedrohlicher werdende Gewitterwolke. Nachdem die Mutter zweier kleiner Kinder in einem Artikel die lokalen Behörden kritisch hinterfragt, wird es dem Redaktionsleiter Jack MacLaine (Chris Cooper) zu heiß. Er stellt McLaughlin die erfahrene Jean Cole (Carrie Coon) zur Seite. Während offiziell beide Journalistinnen an dem Fall arbeiten, bleibt McLaughlin immer im Fokus. Dies geht sogar so weit, dass der Filmtitel den Zusehenden in die Irre führt. Zwar wird der durchaus komplexe und reale Fall des Boston Stranglers geschildert, der Film will aber offensichtlich mehr erzählen, als nur die Suche nach dem Mörder. Es geht vielmehr um den Kampf einer jungen Frau gegen die Widerstände der sexistischen Welt, in der sie lebt. McLaughlin versucht mit allen Mitteln, die Wahrheit herauszufinden, um den Familien der getöteten Frauen so etwas wie einen Abschluss zu ermöglichen. Dabei setzt sie sogar ihre eigene Familie aufs Spiel.

Carrie Coon und Keira Knightley lesen in einem Brief.

Auch in den Leserzuschriften, den die beiden Frauen erhalten, wimmelt es nur so von Sexismus.

Während Carrie Coon als erfahrene Kollegin nur Stichwortgeberin ist, überzeugt Keira Knightley in der Rolle als starke, für die Wahrheit kämpfende Journalistin. „Boston Strangler“ wählt also einen anderen Ansatz als viele Kriminalfilme, die auf wahren Begebenheiten beruhen. Die Suche nach dem Mörder wird zwar geschildert, der Suche nach Emanzipation und Selbstverwirklichung aber ein noch größerer Raum gegeben. Das sollte jeder Zuschauerin und jedem Zuschauer bewusst sein. Sofern er diesen spannenden Film bei Disney+ überhaupt findet.

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