Eine neue Untersuchung bestätigt den Mord an der jungen Deutschen – doch der Täter bleibt ebenso ungreifbar wie die Wahrheit hinter dem Verbrechen.
„Cold Case“ Simone StrobelNeue Ermittlung zu Mord an deutscher Australien-Backpackerin?

Eine Gedenktafel für die deutsche Rucksacktouristin Simone Strobel vor dem Lismore Centra Tourist Park in Lismore im australischen Bundesstaat New South Wales. JASON O'BRIEN
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In einem Park nahe des Campingplatzes, auf dem die Rucksacktouristin Simone Strobel im Februar 2005 mit ihren Reisegefährten übernachtete, erinnert eine Granitbank mit ihrem Lieblingsgedicht an sie. Nur wenige Schritte entfernt wurde der nackte Leichnam der 25-jährigen Deutschen unter Palmwedeln entdeckt – ein Fund, der die Kleinstadt Lismore im Norden des australischen Bundesstaates New South Wales bis heute erschüttert. „Lismore wird Simone niemals vergessen“, schrieb eine Anwohnerin einst auf Facebook.
Am Donnerstag präsentierte die Untersuchungsrichterin Teresa O’Sullivan ihre Ergebnisse zu einem Fall, der seit über zwei Jahrzehnten Rätsel aufgibt. Strobel sei „infolge eines Tötungsdelikts durch eine oder mehrere unbekannte Personen“ gestorben, sagte sie. Eine eindeutige Todesursache ließe sich jedoch nicht feststellen – weder australische noch deutsche Pathologen konnten sie bestimmen.
Bemerkenswert ist, dass O’Sullivan zentrale Annahmen der ersten Untersuchung von 2007 verwarf. Damals hatte es einen „sehr starken Verdacht“ gegen Mitglieder von Strobels Reisegruppe gegeben. Auch die damalige Hypothese, Strobel sei erstickt worden, hält sie für nicht haltbar. Gesetzesänderungen im Coroners Act von 2009 verbieten es ihr zudem, „eine Straftat einer bestimmten Person zuzuschreiben“.
Die letzten Stunden
Strobel war als Rucksacktouristin mit ihrem deutschen Freund unterwegs. Am Abend des 11. Februar 2005 trank die Gruppe – der Freund, seine Schwester, ein weiterer Bekannter und Strobel – in einem Hotel Alkohol und rauchte Cannabis. Nach ihrer Rückkehr zum Campingplatz kam es zum Streit. Strobel verließ die Gruppe „allein und verärgert“. Gegen 23:55 Uhr wurde sie zuletzt lebend gesehen, als sie einen Kreisverkehr überquerte. „Dies war das letzte Mal, dass Simone von jemandem lebend gesehen wurde, der nicht an ihrem Tod beteiligt war“, sagte O’Sullivan. Mehrere Zeugen berichteten, in jener Nacht Schreie einer Frau gehört zu haben.
Am nächsten Morgen meldete ihr Freund sie als vermisst. Tagelang durchkämmte die Polizei die Stadt, bis die Leiche der jungen Frau sechs Tage nach ihrem Verschwinden schließlich – nur etwa 90 Meter vom Campingplatz entfernt – entdeckt wurde. Eine eindeutige Todesursache konnte da schon nicht mehr festgestellt werden.
Jahre unter Verdacht
Über Jahre galt Strobels damaliger Freund, der heute in Westaustralien lebt, als Hauptverdächtiger. 2022 wurde er wegen Mordes angeklagt – doch die Anklage wurde später fallengelassen. Er erhielt eine hohe Entschädigung für seine Anwaltskosten und beteuerte stets seine Unschuld. Ermittler Dave Mackie, der seit 2012 an dem Fall arbeitet, sagte bei einer Anhörung 2024, er halte es für „wahrscheinlich“, dass der Deutsche seine damalige Freundin getötet habe. Doch es gebe weder DNA-Spuren noch ein Geständnis oder Fingerabdrücke, die ihn belasten.
Die Polizei versuchte, mit einer verdeckten Operation ein Geständnis zu erlangen. Eine Undercover-Beamtin namens „Sophie“ kontaktierte den Mann und erzählte, ihr Bruder wolle einen Mord gestehen, um die ausgesetzte Million-Dollar-Belohnung zu erhalten. Strobels Ex-Freund antwortete, das würde Strobels Familie „keinen Frieden bringen“. „Es würde den Fall nicht lösen“, sagte er. Mackie berichtete, dass mehrere solche verdeckte Operationen durchgeführt worden seien. Aus einigen dieser Aufzeichnungen sei jedoch ziemlich deutlich hervorgegangen, dass sich der Mann sehr bewusst darüber sei, dass diese Gespräche „wahrscheinlich aufgezeichnet werden würden“.
Neue DNA-Analysen empfohlen
O’Sullivan hält es für wahrscheinlich, dass ein sexuelles Motiv hinter der Tat stand und Strobel vor ihrem Tod sexuell missbraucht wurde. Sie wurde vermutlich außerhalb des Campingplatzes getötet. Die Untersuchungsrichterin empfahl der Polizei, weitere DNA-Tests an zwei nicht zugeordneten Proben vorzunehmen – einem Haar am Zaun des Boccia-Platzes und männlicher DNA auf Strobels schwarzem Oberteil –, um mögliche Übereinstimmungen in Zukunft zu finden.
In einer früheren Anhörung war zur Sprache gekommen, dass die Gegend „ein gefährlicher Ort für eine Frau zu dieser Nachtzeit“ gewesen sei. Einige Personen von polizeilichem Interesse sollen sogar Geständnisse abgelegt haben, darunter ein Mann, der der Polizei bereits bekannt war.
Familie ohne Antworten
Simones Schwester Christina nahm per Videoschaltung aus Deutschland an der Verkündung teil. Bei einer früheren Anhörung hatte sie unter Tränen erklärt, der Tod ihrer Schwester habe das Leben der Familie „auf radikalste Weise“ verändert. „Meine Eltern wurden zu bloßen Schatten ihrer selbst und versanken in Verzweiflung“, sagte sie.
O’Sullivan betonte, es sei für die Familie „ein extrem schwieriger Prozess“ gewesen, zwei Untersuchungen zu durchlaufen. „Das Trauma, einen geliebten Menschen zu verlieren – und das unter solchen Umständen in einem fremden Land – ist unvorstellbar“, sagte sie. „Ich wünsche, dass die Familie Strobel eines Tages die Wahrheit erfährt, was mit Simone geschehen ist.“
Strobels damaliger Freund zeigte sich nach der Verkündung erleichtert. Die Ergebnisse hätten ihn „rehabilitiert“, sagte er gegenüber dem Sender ABC. Sie bestätigten, „was ich die ganze Zeit gesagt habe – ich habe Simone nicht getötet“.

