Haftbefehl aufgehobenIst Mehmet Göker wieder in Deutschland aktiv?

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Mehmet Göker im Amtsgericht Kassel. (Archivfoto)

Mehmet Göker im Amtsgericht Kassel. (Archivfoto)

Hamburg/Köln – In den 2000er-Jahren war Mehmet Göker einer der prominentesten und umstrittensten Versicherungsvertreter Deutschlands. Um einer strafrechtlichen Verfolgung durch die deutsche Justiz zu entgehen, setzte sich der Deutsch-Türke damals in die Türkei ab. 2012 wurde sogar ein internationaler Haftbefehl gegen ihn erlassen. 

Nun sickerte durch, dass der Haftbefehl gegen den umstrittenen Unternehmer vom Landgericht Kassel aufgehoben wurde. Dies berichtet das youtube-Format STRG_F vom Norddeutschen Rundfunk. Die Staatsanwaltschaft hat Rechtsmittel eingelegt.

Neues Konzept von Mehmet Göker beruht auf falschen Angaben

Unterdessen gibt es neue Vorwürfe gegen den ehemaligen Chef des insolventen Kasseler Unternehmens MEG, einem Vertrieb für private Krankenversicherungen. Offenbar ist Göker über eine deutsche Firma - die „Finanz Check Rhein-Main GmbH“ - wieder im Versicherungsgeschäft aktiv. Er soll ein Netzwerk freiberuflicher Vermittler um sich versammelt haben. Diese würden zum Teil mit unlauteren, rechtswidrigen Methoden privat Krankenversicherte zu einer sogenannten Tarifoptimierung drängen, die den Vermittlern eine Provision einbringt.

Im Fall einer Münchner Rentnerin soll Gökers Vermittler einen Anruf der Allianz Versicherung fingiert haben, in dem der Frau zu einem Abschluss geraten wurde. Die Allianz versichert, dass es eine solche Empfehlung nicht gegeben habe. Der Tarifwechsel wäre in der vorgeschlagenen Form auch gar nicht möglich gewesen. Ein Vermittler des Göker-Konzepts bestätigt die Praxis fingierter Anrufe gegenüber STRG_F. Wenn Kunden einer Vermittlung nicht zustimmen, würden sie nach zwei bis drei Tagen angerufen. „Da wird gesagt: 'Hallo, wir sind von der Versicherung, bitte schicken Sie das Mandat zurück'“, so der Vermittler.

Offenbar sieht das neue Göker-Konzept zudem vor, Kunden mit falschen Angaben zu täuschen und mit falschen Titeln Seriosität vorzuspielen. So empfiehlt Göker seinen Teilnehmern, Kunden an frühere Gespräche zu erinnern, obwohl diese niemals stattgefunden haben. Göker selbst gibt sich nach eigenen Angaben zudem als Jurist aus.

Aussteiger: „Omas und Opas über den Tisch ziehen“

Ein ehemaliger Vermittler berichtet, Göker habe ihn dazu gedrängt, sich in Telefonaten als Doktor auszugeben, der an einer bestimmten Universität studiert habe. Wir mussten „Omas und Opas über den Tisch ziehen“, so der Aussteiger. „Und damit kann man nachts nicht schlafen.“ Nach seinen Angaben hätten die meisten Angerufenen kein Interesse an einer „Tarifoptimierung“ und fühlten sich belästigt. Die Bundesnetzagentur bestätigt gegenüber STRG_F, dass gegen die „Finanz Check Rhein-Main GmbH“ Beschwerden wegen unerlaubter Werbeanrufe vorliegen. Mehmet Göker schweigt zu den Vorwürfen.

Doch wie wickelt Göker seine Geschäfte in Deutschland ab? Er selbst taucht nirgends mit Namen auf. Stattdessen weist er alle Teilnehmer seines Konzepts an, Optimierungen über das Unternehmen Finanz Check Rhein-Main GmbH abzuwickeln. „Wir, die Finanz Check Rhein-Main GmbH, sind Europas größter Optimierer“, so Göker gegenüber Teilnehmern.

„Zentrale der Macht“

Man agiere aus der „Zentrale der Macht“. Vor Ort sieht es allerdings alles andere als nach Bankenviertel aus. Die Firma residiert in einem Containerhaus in einem Frankfurter Gewerbegebiet. Das Glas der Eingangstür ist gerissen, der Briefkasten rostig. Vor einigen Monaten hat die Polizei die Geschäftsräume durchsucht. Zudem führt die Frankfurter Staatsanwaltschaft nach Informationen von STRG_F ein Ermittlungsverfahren gegen fünf Beschuldigte wegen gemeinschaftlichen gewerbsmäßigen Betrugs.

Sie sollen über die Firma Geschädigten unter Vorspiegelung falscher Tatsachen den Abschluss günstiger Versicherungen versprochen haben, um hierdurch die vereinbarte Provision zu erhalten. Die Finanz Check Rhein-Main GmbH will sich zu den Vorwürfen nicht äußern.

STRG_F berichtet über die neuen Vorwürfe gegen Mehmet Göker. Zu sehen gibt es den Beitrag hier. (red) 

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